Dieser Asylsuchende aus Gambia kann nach dem Brand im zweiten Obergeschoss des Hechinger Asylbewerberheims nicht mehr in seine Unterkunft. Da das Gebäude derzeit nicht voll belegt ist, konnte er auf ein anderes Zimmer ausweichen. Foto: Midinet

Dramatische Szenen in Hechingen: Menschen schreien an Fenstern um Hilfe. Heim brennt innerhalb von 24 Stunden zweimal.

Hechingen - Menschen rufen nach Hilfe, drohen aus dem Fenster zu springen – dramatische Szenen spielten sich in der Nacht von Sonntag auf Montag im Asylbewerberheim in Hechingen ab. Innerhalb von nur 24 Stunden brannte es dort zweimal. Die Polizei schließt Brandstiftung nicht aus.

Mitten in der Nacht sei er aus dem Schlaf gerissen worden und sei nur mit Shorts bekleidet und mit Badeschlappen an den Füßen nach draußen geflüchtet, erzählt ein Bewohner gestern Morgen nach dem zweiten Brand im Hechinger Asylbewerberheim in der Runkelenstraße. Innerhalb von nur 24 Stunden hat es zuerst am Sonntagnachmittag (wir berichteten) und dann nochmal gegen 1.40 Uhr in der Nacht von Sonntag auf Montag gebrannt. Warum es ein zweites Mal brannte, ist derzeit noch unklar. Die Kriminalpolizei ermittle noch, heißt es in einer Pressemitteilung.

Der Bewohner, der aus Gambia stammt, wurde noch in der Nacht wegen Verdacht auf Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus nach Balingen gebracht, erzählt er. Er konnte aber gestern Morgen schon wieder entlassen werden. Seine Unterkunft im zweiten Obergeschoss sei jetzt nicht mehr bewohnbar. Hier – in einem Sanitärraum – brach das Feuer wohl aus, die Feuerwehr hat dieses Stockwerk komplett abgesperrt. Da das Asylbewerberheim derzeit nicht voll belegt ist, konnten der Mann aus Gambia sowie die anderen betroffenen Bewohner vorerst auf ein anderes Zimmer ausweichen.

Helga Jetter vom Arbeitskreis Asyl war gestern Morgen auch schon vor Ort, um eine syrische Familie zu besuchen. "Die Syrer hatten gerade erst wieder ein Lächeln im Gesicht, jetzt sind diese traumatisierten Menschen wieder völlig verängstigt", erzählt sie von dem emotionalen Zustand der Bewohner. Diese hätten Angst, dass jetzt jeder Zeit wieder ein Feuer ausbrechen könnte.

Dramatische Szenen spielten sich in der Nacht von Sonntag auf Montag im Hechinger Asylbewerberheim ab: Ein Bewohner, dies teilt die Polizei mit, hatte Rauch in den Toiletten- und Duschräumen bemerkt und sofort die Rettungskräfte alarmiert. Zu diesem Zeitpunkt waren 59 der insgesamt 73 Bewohner im Gebäude.

Bewohner bemerkt Rauch in den Sanitärräumen

Bis die Feuerwehr eintraf, hatte zwar der überwiegende Teil der Bewohner bereits das Haus verlassen, doch es standen noch Personen im zweiten Obergeschoss an den Fenstern und schrien um Hilfe. Einige von ihnen drohten sogar aus dem Fenster zu springen. Sie wurden von den Feuerwehrleuten mit der Drehleiter gerettet. Nach derzeitigen Informationen wurden sieben Personen leicht verletzt ins Krankenhaus gebracht. Aus diesem konnten sie aber bereits wieder entlassen werden.

Die Feuerwehr Hechingen, die mit den Abteilungen Stadt, Boll und Sickingen ausrückte, konnte den Brand schnell löschen. Aufgrund der Rauchgase mussten Hochdrucklüfter eingesetzt werden. Die Bewohner wurden solange in einer angrenzenden Turnhalle untergebracht und konnten anschließend wieder ihre Räume beziehen. Das DRK Hechingen, Geislingen, Haigerloch und Burladingen war mit 40 Einsatzkräften bis etwa 4.30 Uhr vor Ort. "Die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr und Polizei klappte hervorragend", resümierte DRK-Pressesprecher Dietmar Dieter.

Das Kriminalkommissariat Balingen hat noch in der Nacht mit den Ermittlungen zur Brandursache und den genauen Umständen vor dem Brandausbruch begonnen. "Brandstiftung kann man derzeit noch nicht ausschließen", sagte Bärbel Schatz, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Tuttlingen, gestern auf Anfrage unserer Zeitung. Die Ermittlungen seien sehr schwierig, da es bei der Vernehmung der Asylsuchenden Sprachprobleme gebe und man deshalb Dolmetscher brauche.

Landrat Günther-Martin Pauli (MdL) sagt dazu: "Natürlich ist Vorsicht geboten bevor schnelle Verdächtigungen ausgesprochen werden. Wir können jedoch nicht ausschließen, dass die Brandursache aus dem Kreis der Bewohner herbeigeführt wurde. Dies ist eine beunruhigende Situation und wir hoffen, dass die Polizei die Brandumstände und die Täterschaft ermittelt. Wir nehmen diesen Vorfall sehr ernst und werden überprüfen, ob wir mit weiteren Sicherheitsmaßnahmen die Sicherheit erhöhen können."

Schäden am Gebäude seien nicht entstanden, teilte das Landratsamt mit. Der Sachschaden beschränke sich auf Einrichtungsgegenstände.