Luchsexperte Micha Herdtfelder und Forstwissenschaft-Studentin untersuchen die Bissspuren am gerissenen Reh. Foto: Huger

Bisswunden eindeutig: Nach Wilderer ist nun Luchs der "Täter". Rehkitze werden wohl nicht überleben.

Hechingen-Beuren - Zuerst hieß es, dass ein Hund bei Beuren ein Reh gerissen habe. Doch als die Jäger genauer hinsahen, kamen markante Bisswunden zum Vorschein – und die konnten nur von einem Luchs stammen.

Es ist das dritte tote Reh binnen zweier Tage im Wald bei Beuren: Diesmal hat jedoch nicht etwa ein Wilderer sein Unwesen getrieben. Der "Täter" ist diesmal ein Luchs. Genauer gesagt handelt es sich um Luchs Tello, der sich vor einigen Wochen noch zwischen Burladingen und Jungingen herumgetrieben hat, wo er sich ein Reh gerissen hat. Das ist anhand des Peilsenders nachweisbar, den die Großkatze am Körper trägt.

Doch auch die Spuren am toten Reh sind eindeutig. "Das passt total auf einen Luchs", sagt Micha Herdtfelder, Wildtier-Ökologe und Luchsexperte von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg. Ein entscheidender Hinweis auf die Wildkatze sei laut Herdtfelder, dass die Fliegen keine Eier in die Bisswunde legen. Denn der Speichel des Luchses halte sie davon ab.

Ein zweiter wichtiger Hinweis ist die Bisswunde am Hals. Wegen der haben Peter Bohlmann und seine Beurener Jagdpächterkollegen auch die Experten aus Freiburg alarmiert. "Der Kehlbiss hat uns irritiert", sagt Bohlmann. Zuerst hatten sie einen Hund als Täter vermutet.

Doch Micha Herdtfelder bestätigt den Luchs-Verdacht. "Bei Hunden sind es häufig mehrere Bisse", so der Experte. Der Luchs aber gehe gezielt und "ganz sauber an die Kehle". Ein hundertprozentiger Nachweis sei das nicht. Da für müsste man das Wild "komplett aus der Decke schlagen", so Herdtfelder.

Mehrere Indizien lassen auf den Luchs als Täter schließen

Anhang der Rückstände am Gebiss lässt sich in jedem Fall sagen, dass das Reh gerade am Äsen war, als Tello zuschlug. Auch das ist ein klares Indiz, das zum Jagdverhalten des Pirschjägers passt. "Der Luchs rennt nicht hinterher", sagt Linda Kopaniak, Studentin der Forstwissenschaft und Praktikantin bei der Forstlichen Forschungsanstalt.

Zudem fallen auch kranke Tiere in das Beuteschema des Luchses. Ob das gerissene Tier gesund war, wird anhand des Knochenmarks untersucht. "Ist es weiß und fest, dann war es gesund", erläutert Kopaniak. Rot und flüssig weise auf eine Erkrankung hin. Sie und Herdtfelder haben nun eine Fotofalle bei Beuren aufgestellt. Vermutlich wird der Luchs noch einmal an seinen "Tatort" zurückkehren. "Er frisst ungefähr vier, fünf Tage daran", so Herdtfelder. Dass Menschen an seiner Beute waren sei "nicht optimal", aber es mache der Wildkatze normalerweise nichts aus.

Für die Meldung des vom Luchs erbeuteten Rehs bekommen die Jagdpächter vom Landesjagdverband eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 50 Euro. Der Riss des Luchses bereitet den Jägern aber keine Sorgen. "Unser Rehwildbestand ist gut", sagt Franz Saile, einer der Jagdpächter. Ohnehin wird sich Tello nicht lange bei Beuren aufhalten."Er wird wieder weiterziehen", sagt Micha Herdtfelder. Er befürwortet das große Interesse der Jäger aus Hechingen und Umgebung an der Luchs-Thematik.

Doch trotz der guten Zusammenarbeit und dem Verständnis der Jäger für den Luchs, hinterlässt der Riss des Rehes doch einen traurigen Beigeschmack: Das ungefähr vier Jahre alte Tier hatte wahrscheinlich Rehkitze, die nun auf sich allein gestellt sind und wohl nicht überleben werden.