Zäh gestaltete sich die Wahrheitsfindung bei der Verhandlung um die Veruntreuung von Arbeitsentgelten in einer Hechinger Kneipe vor dem Amtsgericht. Der Angeklagte will von nichts gewusst haben. Foto: Archiv

Vorwurf: Mehrere Mitarbeiter waren geringfügig beschäftigt obwohl sie viel mehr gearbeitet hatten. Zähe Verhandlung vor Amtsgericht.

Hechingen - Zäh gestaltete sich die Wahrheitsfindung bei der Verhandlung um die Veruntreuung von Arbeitsentgelten in einer Hechinger Kneipe vor dem Amtsgericht. Der Angeklagte will von nichts gewusst haben.

Er habe, so erklärte er vor Gericht, die Kneipe 1998 gepachtet, wegen Alkoholproblemen im Jahr 2000 aber seine Konzession verloren. Dennoch blieb er Pächter und betrieb die Kneipe bis 2014 mit verschiedenen Konzessionsnehmern weiter. In dieser Zeit wurden dort laut Anklage mehrere Mitarbeiter offiziell geringfügig beschäftigt, obwohl sie viel mehr gearbeitet hatten. Sozialversicherungsbeiträge wurden nicht abgeführt. Dadurch sei ein Beitragsschaden von rund 64.000 Euro entstanden.

Der Angeklagte bestritt, seit Verlust der Konzession überhaupt noch etwas mit der Führung der Gaststätte zu tun gehabt, geschweige denn irgendeinen Profit daraus gezogen zu haben. Er habe lediglich den Pachtvertrag beibehalten und aus Bequemlichkeit das Geschäftskonto weiterhin auf seinen Namen laufen lassen, da sein erster Kompagnon ihn darum gebeten habe. Gelegentlich habe er dem Kompagnon auch eine Gefälligkeit erwiesen, wie etwa das Barauszahlen von Löhnen. Ansonsten sei er nur noch als Aushilfsbedienung zwei Mal pro Woche in der Gaststätte. Es gebe keine Verträge mit seinen Kompagnons. Er habe den Pachtvertrag längst kündigen wollen, die Eigentümer hätten aber angeblich darauf bestanden, dass zuerst die ausstehenden Pachtschulden getilgt werden müssten, behauptete er.

Ob die Angestellten zu der Zeit, als er die Kneipe übernommen hat, angemeldet waren, wisse er nicht mehr, er gehe aber davon aus, dass sein Steuerberater das alles erledigt habe. Ob seine Kompagnons die Angestellten ordentlich angemeldet hatten, gehe ihn nichts an.

Richter Koch konnte angesichts dieser Mischung aus dreisten Behauptungen, geschäftlicher Inkompetenz und angeblicher Naivität nur den Kopf schütteln. Er nahm dem Angeklagten nicht ab, an der Führung der Gaststätte nicht beteiligt gewesen zu sein.

Die erste Zeugin, eine langjährige Angestellte der Gaststätte, stellte die Geduld des Richters auf eine noch wesentlich härtere Probe. Mehr als drei Stunden versuchte die Frau beinahe verzweifelt, den Namen des Angeklagten aus dem Spiel zu halten, was ihr letztendlich doch nicht gelang. Sie verschanzte sich hinter Erinnerungslücken, angeblichem Nichtwissen und minutenlangem Schweigen. Auf die Frage des Richters, wieso sie bei einer Wochenarbeitszeit von 42 Stunden und einem zugesagten Stundenlohn von 5,50 Euro mit 450 Euro Verdienst im Monat zufrieden gewesen sei, erklärte sie – wohl unfreiwillig vieldeutig– : "Wir haben halt das Beste draus gemacht".

Im Gegensatz dazu belastete eine andere ehemalige Bedienung den Angeklagten: Er sei der Chef in der Kneipe gewesen, ohne ihn sei nichts gelaufen. Die Verhandlung wird am 3. Juni fortgesetzt.