Steinerne Zeugen einer Welt, die im Nazi-Terror unterging, stehen auf dem jüdischen Friedhof in Hechingen. Die Mauer um die Anlage wird nun von Grund auf saniert. Foto: Stopper

Friedhof neben Alter Synagoge eine der letzten Erinnerungsstätten an etwa 800 Juden, die in Hechingen lebten.

Hechingen - Ein Friedhof bei Sickingen ist neben der Alten Synagoge eine der letzten Erinnerungsstätten an die etwa 800 Juden, die einst in Hechingen lebten. Nun wird die Friedhofsmauer für eine halbe Million Euro saniert.

Die Zeit scheint still zu stehen an dieser letzten Ruhestätte. Grabsteine, verwittert und bemoost, versehen mit lateinischen und jüdischen Schriftzeichen. Kleine Steinchen, die traditionell an jüdischen Gräbern von Besuchern abgelegt werden, fehlen hier völlig. Wer sollte hier vorbeikommen. Angehörige der Verstorbenen gibt es kaum. Die Nazis ermordeten alle, die nicht rechtzeitig fliehen konnten.

An dem steilen Gelände sackten im Lauf der Jahrzehnte nun Teile der Umfassungsmauern weg. Die Lücken wurden teilweise mit Holzzäunen geschlossen. Keine Lösung, die diesem Platz angemessen ist, davon sind das Land, Vertreter von Juden, Denkmalschützer und auch Stadt Hechingen überzeugt. So wird nun gemeinsam ein Sanierungs-Projekt für die Mauer gestemmt, das im Lauf der nächsten drei Jahre eine halbe Million Euro kosten wird.

Bei strömendem Regen versammelten sich am Donnerstag Vertreter all jener Institutionen, die das Vorhaben mitfinanzieren. Aus Tübingen Regierungsvizepräsident Utz Remlinger. Land und Bund bezahlen 200. 000 Euro. Hermann Vogler von der Denkmalstiftung, die 100 .000 Euro übernimmt, Michael Goes vom Denkmalamt, das ebenfalls 100 .000 Euro bezahlt und Bürgermeisterin Dorothea Bachmann als Gastgeberin. Die Stadt Hechingen trägt ebenfalls 100. 000 Euro für die Mauersanierung.

Aus Judenvernichtung erwächst Verantwortung

Warum wird so viel Geld in eine Anlage investiert, die gar nicht mehr genutzt wird? Diese Frage fand in den Ansprachen mehrere Antworten. Ein Staat, der das Judentum beinahe vernichtet hätte, trägt besondere Verantwortung, das wenige, was überdauerte, zu erhalten, wurde gesagt. Michael Kashi, der gemeinsam mit Landesrabbiner Netanel Wurmser zu der Feier gekommen war, ergänzte das um einen wesentlichen Aspekt: Für Juden ist die ewige Totenruhe ein Teil ihrer Religion, eine Neubelegung von Gräbern gibt es nicht. Der Verstorbene besitzt das Land, in dem er liegt. Für Juden ist der Hechinger Friedhof also noch genau das, was er von Anfang an war.

Landesrabbiner schaut sich die Schäden an

Es waren beeindruckende Momente, als der Landesrabbiner nach der offiziellen Veranstaltung noch über den Friedhof ging, sich auch die Schäden an der Mauer genau ansah. Sein Blick schweifte über den Friedhof, Überrest einer einst blühenden jüdischen Gemeinde, von der nun nur noch verwitterte und teilweise nicht mehr lesbare Grabsteine künden.