Rudolf Guckelsberger liest heute in der Synagoge aus "Die vierzig Tage des Musa Dagh"

Hechingen. Es ist die erste Veranstaltung im Halbjahresprogramm der Alten Synagoge: Rundfunksprecher Rudolf Guckelsberger liest am heutigen Dienstag aus Franz Werfels Buch "Die vierzig Tage des Musa Dagh". Pianist Alexander Reitenbach umrahmt musikalisch die Lesung. In den 1920er- und 1930er-Jahren gehörte der 1890 in Prag geborene Franz Werfel mit seinen Gedichten, Bühnenwerken, Essays und Novellen zu dem meistgelesenen deutschsprachigen Schriftstellern.

Werfel beschreibt den Widerstand

Als Franz Werfel sich Anfang des Jahres 1930 auf einer Reise in Damaskus aufhielt, begegnete er verstümmelten armenischen Waisenkindern. Diese Begegnungen erschütterten ihn so sehr, dass er den Entschluss fasste, über den Völkermord an den Armeniern und den armenischen Widerstand zu schreiben, der sich 1915 bis 1917 erstreckte und 1,5 Millionen Menschen das Leben kostete.

Werfel begann genauestens zu recherchieren, ließ sich unter anderem Protokolle aus dem Kriegsministerium in Paris schicken und schrieb in den Jahren 1932 und 1933 sein Buch "Die vierzig Tage des Musa Dagh". Von den Nazis wurde es 1934 verboten und Werfel wurde aus der Preußischen Akademie der Künste ausgeschlossen. Von den im Exil lebenden Armeniern wurde der Roman begeistert gefeiert, so auch 1936 als Werfel die USA besuchte. Das Buch beschreibt den Widerstandskampf von etwa 5000 Armeniern aus sechs Dörfern der Osttürkei, die der drohenden Deportation und Verschickung durch das türkische Militär dadurch entgehen wollten, dass sie auf den am Mittelmeer gelegenen Berg Musa Dagh flohen, um den Kampf mit den Türken aufzunehmen. Die Überlebenden wurden nach 40 Tagen von französischen Schiffen gerettet.

Rudolf Guckelsberger, Stuttgarter Rundfunksprecher, der sich besonders durch seine vielfältigen literarischen Programme einen Namen gemacht hat, ist seit Jahren gern gesehener Gast in der Alten Synagoge. Im Jubiläumsjahr 2013, als Verdi und Wagners Geburt vor 200 Jahren gefeiert wurden, las er bereits aus den Roman "Verdi" von Werfel. Passend zum Thema spielt der Pianist Alexander Reitenbach, Dozent an der Musikhochschule Stuttgart, Klavierwerke armenischer Komponisten, von denen Aram Katschaturian der bekannteste sein dürfte. Reitenbachs Großvater war Armenier, der in Georgien lebte.

Der Abend ist ein Beitrag zum diesjährigen Holocaust-Tag, an dem es 70 Jahre her ist, dass die Rote Armee das KZ Auschwitz befreite. Diese erste Veranstaltung im Halbjahresprogramm 2015 findet heute, Dienstag, um 19 Uhr in der Alten Synagoge in Hechingen statt.