Thomas Ertl präsentiert den "Meilenstein" für die Dialysebehandlung. Das neue Gerät könnte enorme Verbesserungen für die Patienten bringen. Foto: Stopper

Neuentwicklung verbessert Leben von Dialyse-Kranken. Jahrelange Entwicklungsarbeit.

Hechingen - Tolle Nachrichten für Hechingen: Baxter, größter und wichtigster Arbeitgeber der Stadt, hat einen neuen Dialysator entwickelt, der Maßstäbe in der Branche setzt. Und das neue Gerät wird auch in Hechingen produziert.

Was gestern zum Pressetermin auf dem Schreibtisch des Hechinger Baxter-Geschäftsführer Thomas Ertl lag, sah unauffällig aus, ist aber das Ergebnis jahrelanger Arbeit von etwa 100 Forschern, die im Baxter-Entwicklungszentrum in der Ermelesstraße zusammenarbeiten. Mediziner, Chemiker, Biologen, Verfahrenstechniker, Ingenieure, Fachanwälte für Patentrecht – was sie leisten, sichert das langfristige Überleben der Firma im harten Wettbewerb der Medizintechnikfirmen.

Was sie entwickelt haben, nennt Thomas Ertl einen "Meilenstein in der Dialysebehandlung, wie es ihn in den vergangenen 20 Jahren nicht mehr gab." Und so ein Fortschritt werde von Dialysepatienten sehnsüchtig erwartet. Die heutig verfügbare Medizintechnik sichert einem 25-jährigen Mensch mit Nierenversagen nur die Lebenserwartung eines 70-Jährigen. Die Hechinger Neuentwicklung könnte enorme Verbesserungen bringen.

"Theranova" heißt das Gerät, das aus einem durchsichtigen Kunststoffrohr mit einer weißen Füllung besteht, das an beiden Enden mit Schlauchanschlüssen versehen ist. Durch einen Schlauch wird das Blut von Erkrankten durch zigtausende hauchfeine Hohlfäden geleitet, durch benachbarte Schläuche läuft eine Reinigungsflüssigkeit, die Giftstoffe aus dem Blut übernimmt.

Entscheidend ist die Beschaffenheit der Wände der Mikro-Röhrchen. Wie ein Sieb halten sie die relativ großen Roten Blutkörperchen und die Eiweißmoleküle im Blut zurück, die für den Patienten überlebenswichtig sind. Durchlässig sind sie aber für kleine Moleküle, etwa Harnstoff. Bisherige Dialysatoren konnten aber mittelgroße Moleküle nicht richtig aussortieren. So blieben Schadstoffe im Blut, die die Gefäßwände beschädigten. Die Folge sind Entzündungen und ein hohes Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen.

Experten aus der ganzen Welt waren an Entwicklung beteiligt

Der neue Dialysator lässt etwas mehr Eiweißstoffe durch, filtert aber die mittelgroßen Moleküle zuverlässig aus dem Blut. Mitgearbeitet an diesem Ergebnis haben Experten auf der ganzen Welt. Mediziner in Australien, Forschungsteams in vielen großen Universitäten, natürlich spielt auch die Uni Tübingen hier eine große Rolle. "Tübingen ist einer unserer Standortvorteile", erklärt Thomas Ertl.

Der andere Standortvorteil sei, dass Hechingen über eine Produktionsanlage und über einen Forschungsstandort verfügt. Es gehe nicht nur darum, neue Grundlagen-Erfindungen zu machen, erklärt er, "wir müssen auch sicherstellen, dass diese mikroskopisch kleinen Strukturen auch zuverlässig herstellen können."

Wenn der neue Filter hält, was die bisherigen Daten versprechen, wird Baxter und damit der Standort Hechingen ein Produkt anbieten, das auf dem Medizintechnikmarkt Furore machen dürfte. Das sichert Hechinger Arbeitsplätze. Es kann vor allem aber auch das Leben zahlloser Nierenkranker grundlegend verbessern. Thomas Ertl schränkt zwar ein, dass belastbar-zuverlässige Ergebnisse klinischer Untersuchungen noch fehlen, was er aber sicher sagen kann: "Im Praxistest an Patienten hat sich nun über Jahre hinweg gezeigt, dass unsere Technik sicher ist und dass die Filterleistung deutlich verbessert wird."

Ebenfalls wichtig: Die modernen Filterkartuschen passen an alle gängigen Dialysemaschinen. Seit einem halben Jahr macht Baxter auf Kongressen und in Fachzeitschriften auf die Neuentwicklung aufmerksam. Seit Oktober ist der neue Filter in Deutschland, Italien, Frankreich und den Niederlanden im Markt. Wie es läuft, "das ist Betriebsgeheimnis", erklärt Ertl.

Noch sei man in der Anfangsphase, bis die bisherige Filtertechnik komplett abgelöst sei, dauere es ohnehin mehrere Jahre. So steht in Hechingen derzeit die einzige Produktionsstraße für den hochmodernen Filter. "Aber bei entsprechender Nachfrage wird sicher auch an anderen Standorten nachgezogen", erklärt der Hechinger Baxter-Chef. Wahrscheinlich wird in den Hechinger Laboren bereits jetzt schon wieder an einem noch besseren Nachfolgemodell geforscht.