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Viele Trauerfeiern im Ruheforst haben besondere Note

Gespräche über den Tod werden vielerorts eher ernst geführt. Ruheförster Martin Neumaier erzählt, warum es auf der letzten Ruhestätte doch öfter etwas zum Schmunzeln gibt.

Hechingen. Eine Urne und ein Vesparoller: manchmal sind das die zwei wichtigsten Dinge für eine Trauerfeier. Auch eine Flasche Most oder ein Whisky werden gebracht. Ruheförster Martin findet es gut, wenn die Trauernden eine persönliche Note zu den Feiern miteinbringen. "Das sind Symbole und Rituale, die helfen", sagt er.

Offiziell eröffnet hat der Hechinger Ruheforst am 31. Mai. Seitdem gab es 27 Bestattungen. Auf vier Hektar gibt es bis jetzt 500 Ruhebiotope. Das können Plätze unter Bäumen, an Sträuchern, Steinen oder Baumstümpfen sein. Und die Nachfrage ist groß.

"Es wird erstaunlich gut angenommen", sagt Neumaier. Der Ruheförster übernimmt auch die Vorsorge-Gespräche. Er führt also die Menschen durch den Forst und lässt sie sich ihre Wunschplätze aussuchen. Das ist aber gar nicht so ernst, wie man vielleicht meinen könnte. "Es kommt öfter vor, dass sich humorvolle Gespräche ergeben", so Neumaier.

Neulich habe es zum Beispiel eine Gruppenreservierung gegeben. Bei der schäkerten die allesamt befreundeten und in einer Straße lebenden Besucher: "Dann können wir morgens zusammen die Sonne begrüßen."

Ein anderes Mal habe er eine ältere Dame bei der Wahl des Grabes für ihren Gatten schnellen Schrittes durch den Forst gehen sehen. Auf ihre Fitness angesprochen, meinte die Dame nur: "Vorne Lyzeum, hinten Museum."

Begegnungen machen die Arbeit interessant

Für Neumaier war der Einstieg im Ruheforst völliges Neuland. Über das Thema Tod hat er sonst eher selten gesprochen. Nun ist das Alltag. Das Amt des Ruheförsters übernommen zu haben, bereut Neumaier dabei keineswegs. Begegnungen machen die Arbeit interessant. "Man kann hier alles erleben", sagt er.

Zu seinem Alltag gehört außerdem die Pflege der Waldwege und der Biotope. Letztere sind durchnummeriert und liegen an sechs Pfaden. Die sind auf einer Schautafel am Eingang verzeichnet. Zudem erhalten die Angehörigen eine extra Karte, auf dem das jeweilige Grab markiert ist. Verirren könnten sich theoretisch aber die vielen Spaziergänger. "Es werden zunehmend mehr", sagt Martin Neumaier.

Aufwändigen Grabschmuck bekommen die Gäste aber nicht zu sehen. Die Grabstellen werden nur mit dem geschmückt, was sich im Wald so findet. Das ist mal etwas Moosbewuchs, mal ein paar kleine geflochtene Ästchen, mal eine Scheibe aus einem Baumstamm.

Die Namen der Verstorbenen werden auf einem kleinen schwarzen Täfelchen angebracht. Eine weiße Scheibe ist das Zeichen für einen Familienbaum. Dort werden – wie der Name schon sagt – nur Mitglieder einer Familie beerdigt. Daneben gibt es aber auch Gemeinschaftsgräber, bei denen sich unbekannte Menschen nebeneinander verwahrt werden. Ebenso gibt es die Möglichkeit, einen Baum für eine Einzelperson zu reservieren.

Religionszugehörigkeiten spielen keine Rolle. Der Forst sei "hyperkonfessionell". Doch gibt es nicht doch manchmal Sonderwünsche bezüglich der Religion der "Nachbarn"? "Bis dato gibt es eine derartige Abgrenzung nicht", so Neumaier.

Die Kosten für ein Grab betragen je nach Erreichbarkeit des Platzes sowie der Baum- und Wuchsart zwischen 3 400 und 10 700 Euro. Vom Zeitpunkt der Eröffnung an sind die Plätze für 99 Jahre zu vergeben. So sieht es das Ruheforstkonzept vor. Nach 99 Jahren folgen 15 Jahre Totenruhe. Was danach geschieht, ist noch nicht geklärt.

Zweiter Andachtsplatz könnte bald kommen

Der Wald bleibt größtenteils sich selbst überlassen. "Wir betreiben keine Forstwirtschaft", sagt der Ruheförster. Es werde nur gewährleistet, dass die Biotope zugänglich sind, dass die Wege in Ordnung sind und auf die Verkehrssicherung geachtet. "Das wird ein interessantes Waldbild geben in den nächsten Jahren", so Neumaier.

Da wird wohl auch entscheidend sein, wieviele der noch verfügbaren 38 Hektar für den Ruheforst erschlossen werden. Wenn die Nachfrage bleibt wie bisher, dann "wird man einen zweiten Andachtsplatz einrichten müssen", sagt Neumaier.