Jahresausstellung: Wünnenberg: "Richtungswechsel für Künstler heikel und notwendig zugleich"

Links oder rechts, vorwärts oder zurück? Eine bisweilen fundamentale, lebensbeeinflussende Frage. Der Kunstverein Hechingen widmet sich ihr bei seiner Jahresausstellung in der Rathausgalerie.

Hechingen. "Richtungswechsel" – ein Titel, der mehr ausdrückt, als eine bloße Standortbestimmung. Sind doch mit ihm Stillstand und Fortschritt, Neues und Altes, Mut, aber auch Risiko verbunden. Richtungswechsel beeinflussen unser Leben, verändern unsere Umgebung und sind der Schlüssel für Veränderungen. Im Alltag werden sie durch zahlreiche Symbole und akustische Zeichen angezeigt, die uns auf den richtigen Weg bringen und uns sicher durch kurvenreiche Straßen oder enge Gassen leiten. Doch wie schlagen sie sich in der Kunst nieder?

Wer die Exponate in der Rathausgalerie betrachtet, wird schnell feststellen: Der Richtungswechsel in der Kunst ist so vielfältig und heterogen wie das Leben selbst. Obwohl dieses Thema, wie der Kunstvereinsvorsitzende Eberhard Wünnenberg bei der Vernissage am Sonntag erklärte, keine Bedingung, sondern nur "eine freundliche Anregung war", haben es viele Mitglieder aufgenommen. Ihr Zugang? Höchst unterschiedlich. Der Prozess? Von Künstler zu Künstler verschieden.

Eines jedoch eint alle, die sich kreativ betätigen: Kunst, so Wünnenberg, ist Arbeit; eine Betätigung, die einerseits die Entwicklung des eigenen Stils vorantreibt, andererseits aber auch die Gefahr von Stillstand birgt. Von daher sei der Richtungswechsel für Künstler heikel und notwendig zugleich. Manchen falle er leicht, manchen schwerer. Denn nicht jeder sei ein Picasso, der Stilwechsel einst so mühelos vollzog, bemühte der Vorsitzende ein berühmtes Beispiel.

Wie ihn dann trotzdem wagen? "Indem man einfach mal den Zufall zulässt und das Geschehen aus einer anderen Perspektive betrachtet." Oder, anders gesagt, den Mut aufbringt, zwischendurch gewohnte Bahnen zu verlassen. Auch wenn dies, wie schon Kafka feststellte, stets mit dem Risiko verbunden ist, "zwischen die Reihen" zu geraten. Denn "irgendeine der Zufälligkeiten des Lebens, die nie geschehen dürften", geschieht eben immer wieder. Auf tragische Weise wurde dies in diesem Jahr auch im Weißen Häusle deutlich. Der Brandanschlag sei mit Schock, Hilflosigkeit und vielen Fragen einhergegangen. Gleichzeitig aber auch mit dem Gefühl der Erleichterung und Dankbarkeit angesichts der großen Hilfe, die der Kunstverein erfahren habe, so Wünnenberg.

Insofern sei die Jahresausstellung dieses Mal auch "ein zweites Lebenszeichen." Diese Aufbruchstimmung spiegelte sich auch in den Melodien der "Schwingenden Zungen" (Uli Kieckbusch und Fernando Lepe Arias), die die Veranstaltung nach der Begrüßung von Bürgermeister-Stellvertreter Jürgen Fischer musikalisch eröffneten und am Ende auch den klangvollen Schlusspunkt der Vernissage setzten.

 Die Kunstwerke in der Hechinger Rathausgalerie sind noch bis zum 12. November, jeweils samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr, montags bis freitags von 8.30 bis 12.30 Uhr und donnerstags von 14 bis 18 Uhr zu sehen.