Die Mezzosopranistin Irina Gulde und Stiftskantor Mario Peters haben mit ihrem Konzert in der Stiftskirche den Charakter der anbrechenden Karwoche verdeutlicht. Foto: Beyer Foto: Schwarzwälder-Bote

Ruf nach Erbarmen dient als Leitmotiv / Sopranistin Irina Gulde bezaubert mit ihrer facettenreiche Stimme

Von Willy Beyer

Hechingen. In einer Mischung aus Musik- und Wortbeitrag stimmten am Sonntag die Sängerin Irina Gulde, Stiftskantor Mario Peters und Stadtpfarrer Gabriel Maiwald auf die Karwoche ein.

Eine sichtbares und außerordentliches Merkmal fiel den Konzertgästen schon beim Eintritt in die Stiftskirche auf. Ein großes, rund zehn Meter lang herunterhängendes schwarzes Tuch bedeckte im Altarbereich das große Kreuz mit dem sterbenden Jesus. Denn ab Palmsonntag, dem Beginn der Karwoche, werden alle Kreuze wie üblich im katholischen Jahreszyklus bis Ostern verdeckt.

Und "damit beginnt die Leidensgeschichte unseres Herrn", begann Pfarrer Maiwald seine meditative Betrachtung zum Passionskonzert. Unzählige Leidensgeschichten gebe es auch heute, sie alle erzeugten eine Sehnsucht nach Erbarmen, führte der Pfarrer weiter an und ging auf die Bergpredigt und die Apokalypse ein, aber auch auf Gedanken von Pabst Johannes Paul II., der ebenfalls die Bedeutung von Barmherzigkeit und Liebe herausstelle.

Zu Maiwalds Worten fügten sich Orgelsolo- und Arienvorträge mit Orgelbegleitung zu einem geschlossenen, der Endphase in der Passionszeit bestens angeeigneten geschlossenen Ganzen zusammen. Irina Gulde intonierte in ihrer mal zart und weich, mal modulierend und kraftvoll-sonor erscheinenden Mezzosopranstimme Arien von unterschiedlichsten Urhebern, die in Italienisch, aber auch in Latein verfasst waren.

Auch darin ging es fast durchweg um den Ruf nach Erbarmen, wie im "Agnus Dei", einem Teil der Liturgie. Dieser Abschnitt des Werks von Gioacchino Rossini – hier als Teil einer kleinen Messe – erklang in komplex-anspruchsvoller dramaturgischer Formgebung, während eine andere Arie Rossinis mit ihren aufsteigenden Tonleiterelementen dem im krassen Kontrast gegenüberstand. Es war eine zur "Opferung" zu singende Arie namens "O salutaris hostia", die Leichtigkeit vermittelnd in lieblich-heiterer Melodik in Art der "Opera Buffa" erklang.

Den Ausführungen Guldes standen die mustergültigen Interpretationen berühmter Orgelwerke durch Mario Peters gegenüber. Dabei waren die stilistisch kontrastierenden "Fantasie und Fuge g-moll" von Bach und César Francks drittem Choral in a-moll an Komplexität und Anspruch an den Ausführenden kaum noch zu überbieten.