Illegale Geschäfte: Weil ein 19-Jähriger Marihuana an Minderjährige verkaufte, wurde er zu einer Geldstrafe von 800 Euro verurteilt. Foto: sb

Verkauf von Rauschmitteln an Minderjährige: 19-Jähriger Gambianer zu einer Geldbuße von 800 Euro verurteilt.

Hechingen - Weil er Minderjährigen wiederholt Marihuana verkauft haben soll, stand gestern ein 19-jähriger Asylbewerber vor dem Hechinger Amtsgericht. Die Richterin verhängte eine Geldstrafe in Höhe von 800 Euro. Und doch blieben viele Fragen offen.

Der Angeklagte aus Gambia machte es dem Amtsgericht schwer. Mit gesenktem Kopf und in einer schwarze Daunenjacke vergraben, ließ er die Verhandlung vorbeistreichen, ohne sich groß zu Wort zu melden. Auch als die Dolmetscherin ihm die Anklage übersetzte, nämlich in fünf nachgewiesenen Fällen mehreren Jugendlichen im Sommer dieses Jahres gemeinsam mit seinem Mitbewohner 0,5 Gramm Marihuana verkauft zu haben, blieb er stumm. Richterin Irene Schilling hakte nach: "Möchten Sie uns zu dem Vorwurf etwas sagen"? "No", flüsterte er.

Ob dem 19-Jährigen, der vor rund einem Jahr nach Hechingen-Stetten in eine Asylunterkunft gezogen ist, der Tragweite seines Schweigens vor Gericht wirklich bewusst war, bleibt offen. Auch, ob er alles, was im Gericht besprochen wurde, in seiner Wahlsprache Spanisch vollständig verstehen konnte. Oft bedurfte es mehrerer Anläufe, bis eine Frage bei ihm angekommen schien.

Erst bei Verkündigung des Urteils, nämlich einer Geldstrafe in Höhe von 800 Euro, bezog er – fast ein wenig geschockt – Stellung. "Ich habe doch nie Rauschmittel verkauft", übersetzt ihn die Dolmetscherin. Die Jugendlichen seien doch Freunde gewesen, mit denen er sein eigenes Marihuana geteilt habe.

Die Jugendlichen, von denen vier als Zeugen vor dem Gericht erschienen waren, schilderten das anders. "Fifty", wie sie den Angeklagten nannten, habe ihnen in seinem Zimmer, das er mit zwei weiteren Afrikanern bewohnt, mehrfach Marihuana-Päckchen im Wert von zehn Euro verkauft oder vor Ort Joints gedreht. Einem 13-Jährigen tauschte er den Stoff gegen Zigaretten. Ein Handel, der die Staatsanwältin überraschte: "Ich wundere mich, wie ein 13-Jähriger überhaupt an Zigaretten kommt?", fragte sie. "Die hat er zuvor im Lidl geklaut", gab ein Zeuge zu. Kopfschütteln im Gericht. "Was macht ihr da? Ihr seid so jung und raucht und kifft schon", sagte die Richterin schon fast ein wenig verzweifelt.

Den Gutachter des Jugendgerichtes interessierte deshalb vor allem eines: Wie bekannt ist es bei den Jugendlichen, dass man im Asylbewerberheim an Marihuana kommen konnte? Woher kam der Kontakt und gibt es noch mehr Verkäufer? Antworten gab es an diesem Tag nicht. Auch, weil zwei Jugendliche selbst unter Verdacht stehen, in kleinere Drogengeschäfte verwickelt zu sein.

Den Forderungen der Staatsanwaltschaft, eine Geldbuße nach Erwachsenenstrafrecht in Höhe von 80 Tagessätzen zu je zehn Euro zu verhängen, kam die Richterin nach einer halbstündigen Beratung mit den Schöffen nach. "Strafmildernd ist vor allem, dass es sich um eine so geringe Menge einer leichten Drogen handelt", erklärte sie das Urteil.