Weil er eine junge Frau angegriffen hat, stand ein 18-Jähriger vor Gericht. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock/Couperfield

Junger Hechinger gesteht Angriff auf Ex-Freundin seines Bruders. Richterin: "Berühmte letzte Chance."

Hechingen - Rückfall in Rekordzeit: Nur wenige Stunden, nachdem er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war, ist ein 18-Jähriger erneut straffällig geworden. Am Dienstag musste er sich wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung vor dem Jugendschöffengericht Hechingen verantworten.

Der Vorfall ereignete sich im Januar dieses Jahres im Tübinger Hauptbahnhof. Laut Anklageschrift soll der junge Mann aus Hechingen dort ohne erkennbaren Grund die frühere Freundin seines Bruders beleidigt, sie gegen die Wand gestoßen und ihr einen heftigen Schlag in den Magen versetzt haben. Die 18-Jährige, die in der Verhandlung als Nebenklägerin auftrat, zog sich dabei Rippenprellungen sowie eine Thoraxprellung zu.

Besonders prekär: Erst wenige Stunden zuvor war der Angeklagte wegen eines anderen Deliktes ebenfalls vom Jugendschöffengericht Hechingen verurteilt worden, stand zum Zeitpunkt der Tat auf dem Tübinger Bahnhof unter Bewährung.

Vor Gericht zeigte sich der 18-Jährige am Dienstag umfassend geständig. "Ja, so war es", lautete seine schlichte Antwort, als er von Richterin Irene Schilling auf den Tathergang angesprochen wurde.

Drohungen über Facebook?

In Bezug auf die Frage, warum er die junge Frau unvermittelt angegriffen habe, wich seine Aussage allerdings von der Version ab, die die Geschädigte später als Zeugin schilderte.

"Sie war mit meinem älteren Bruder zusammen und nachdem es zwischen den beiden aus war, rief sie mich abends ständig an und beschimpfte mich", erklärte der Angeklagte. Ferner habe er von ihrem Freund Drohungen über Facebook erhalten.

"Als ich sie an jenem Tag dann zufällig in Tübingen gesehen habe, ist meine ganze Wut hochgekommen", beschrieb er die Gemütsverfassung, in der er sich an besagtem Januartag befand.

Etwas anders stellte die Nebenklägerin die Situation dar. Sie habe den Angeklagten weder mit Anrufen traktiert noch beleidigt. Und bedroht gefühlt habe sie sich, nachdem die Beziehung zerbrach, lediglich von ihrem Ex-Freund. "Ich bekam nachts immer wieder anonym Anrufe, hatte Angst, Panik und musste deshalb irgendwann auch meine Ausbildung abbrechen", erklärte sie.

"Die junge Frau hatte Angst"

Letztendlich war es allerdings der Bruder des Ex-Freundes, der in Tübingen zuschlug und die 18-Jährige, die an jenem Nachmittag Kopfhörer trug, mit seinem Angriff völlig überrumpelte.

Wie sie diese Situation erlebte, erzählte am Dienstag auch eine zweite Zeugin, eine Krankenschwester aus Tübingen, die sich zu diesem Zeitpunkt zufällig im Hauptbahnhof befand und als einzige Passantin mutig dazwischen ging, als ihr der Ernst der Lage bewusst wurde.

"Die junge Frau hatte Angst, zitterte heftig und bat mich, bei ihr zu bleiben", schilderte sie vor Gericht. Dieser Bitte sei sie nachgekommen und nach dem Eintreffen der Polizei später auch mit ihr in die Klinik gegangen.

Durch die Verletzungen – unter anderem eine Rippenprellung – war die Geschädigte, die zum damaligen Zeitpunkt noch eine Ausbildung absolvierte, drei Wochen krankgeschrieben. In der Verhandlung einigten sich die Parteien am Dienstag auf ein Schmerzensgeld von insgesamt 750 Euro.

Dass er zugeschlagen habe, bedauere er, ließ der Angeklagte am Ende wissen. Trotzdem konnte im die Staatsanwältin keine günstige Prognose ausstellen, im Gegenteil: "Das ist kaum zu toppen", betonte sie im Hinblick darauf, dass der 18-Jährige, nur wenige Stunden nachdem er eine Bewährungsstrafe erhalten hatte, erneut straffällig wurde.

Diese Ansicht teilte auch Richterin Schilling, die den jungen Mann am Ende zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilte. Die Entscheidung, ob diese zur Bewährung ausgesetzt wird, wird für sechs Monate zurückgestellt.

"Das ist die berühmte letzte Chance", betonte die Richterin und machte es dem Angeklagten zur Auflage, regelmäßig die Berufsfachschule zur Vorbereitung auf eine KfZ-Mechatroniker-Lehre zu besuchen, 60 Stunden gemeinnützige Arbeit abzuleisten und sich von der Geschädigten fernzuhalten. "Auf die nächsten Tat folgt sofort eine Haftstrafe", so Schilling.