Lukas Bärfuss (links) und Leselenz-Kurator José F. A. Oliver bei der Matinee im Korb-Wenzel in Hausach Foto: Störr Foto: Schwarzwälder-Bote

Matinee mit Nellja Veremej und Lukas Bärfuss beeindruckt im Korb-Wenzel in Hausach

Hausach (stö). Es ist immer wieder spannend, wie die unterschiedlichen Lokalitäten auf die Lesungen des Leselenzes wirken. So fand die Matinee am Sonntagvormittag im lichtdurchfluteten Obergeschoss des Korb-Welzel statt.

Und während der Ort mit seinem hellen Holz und dem wohnlichen Ambiente sehr gut zu Nellja Veremej und ihrem Erstlingsroman "Berlin liegt im Osten" passte, stand er doch im krassen Gegensatz zu Lukas Bärfuss düsterem Drama um den Selbstmord seines Bruders "Koala".

Moderator Wolfgang Nies stellte den Inhalt von Veremejs Roman kurz vor, las dann eine kurze Textpassage, bevor er sich mit Veremej unterhielt. "Es ist im positiven Sinn ein Buch der Ent-Täuschung, der man über viele Jahre hinweg aufgesessen war", meinte Nies. Und: "Wir haben alle dieses Stück ungelebtes Leben, wir alle tragen ein Stück Lena in uns."

Die Autorin will "den Westen" und "den Osten" indes nicht nur als politische Dimension sehen, für sie verkörpere der Westen vielmehr den Ort der Wärme und des Wohlstands. Die Ent-Täuschung liege bei einem selbst, denn "solange man in einem geschlossenen System lebt, träumt man von der Freiheit." Da sie selbst in Russland geboren wurde und seit 20 Jahren in Berlin lebe, habe sie ihre Erfahrungen ein Stück weit verarbeitet. In der zweiten Hauptfigur des Buches widmete sich die Autorin der zentralen Frage nach der Liebe, die "viel komplexer ist, als oft suggeriert wird".

In den zweiten Teil der Matinee führte Robert Renk ein: "Lukas Bärfuss hat sich zum gesellschaftlichen Gewissen der Schweiz geschrieben und bricht ein Tabu nach dem anderen." Dass jeder vierte Schweizer Hinterbliebener eines Selbstmörders wäre, zeige die Brisanz des Themas und erkläre die Aussage des Autors: "Selbstmord ist nichts Außergewöhnliches, es ist sogar etwas Ordiniäres."

Lukas Bärfuss beschwor gleich zu Beginn seiner Lesung die düstere Stimmung in der Kneipe seiner Heimatstadt herauf: "Wir führten verschiedene Leben, außer der Mutter und einigen nicht ausschließlich angenehmen Kindheits- und Jugenderinnerungen teilten wir wenig." Ihr letztes Zusammentreffen sei "ein Reden in Andeutungen, das niemals auf den Grund der Dinge stieß" gewesen, denn "das Wesentliche lag im Ungesagten."