Martina Braun (Grüne) (von links), Trutz-Ulrich Stephanie (FDP), Karin Binder (Linke), Kordula Kovac (CDU) und Jens Löw (SPD) stellten sich der Diskussion. Foto: Störr

Bundesverband Deutscher Milchviehhalter und Politiker diskutieren über aktuelle Situation der Bauern

Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) hat Politiker auf den Prüfstand gestellt, um die Frage nach der künftigen Interessenvertretung der Milchbauern zu klären. Dazu hatten sie im Rahmen der 925-Jahr-Feier des Einbach eingeladen.

Hausach. Bundesvorsitzender Romuald Schaber sah seitens des BDM in der Landwirtschaftspolitik ein zentrales gesellschaftliches Thema. In seinem einführenden Referat zeichnete er zu Beginn ein Bild der aktuellen Lage, die sich äußerst schwierig gestaltet. "Die Krisensituation ist in aller Munde, und das nicht erst in den letzten Jahren", begann Schaber. Vielen Betrieben sei ein kostendeckendes Arbeiten nicht möglich, die Berechnung der Produktionskosten habe unter Berücksichtigung aller Beihilfen den Auszahlungspreis 58 Cent an die Landwirte ergeben. Demgegenüber seien Milchpreise von 15 bis 28 Cent pro Liter ausbezahlt worden. Derzeit liege der Preis bei 35 Cent in der konventionellen Landwirtschaft und 48 Cent pro Liter Biomilch. Bei letzterem seien die Produktionskosten allerdings höher.

"Warum geht es trotzdem?", stellte er die rhetorische Frage und erklärte: "Weil Bauern nicht heute aufhören können – und morgen wieder anfangen. Wenn die Stalltüren zu sind, werden sie nicht mehr aufgemacht." In den vergangenen zehn Jahren hätte sich die Zahl der Betriebe halbiert. Die Auswirkungen seien Mittel- und langfristig katastrophal. Für ihn sei es "fragwürdig, wie die Entscheidungen der Politik getroffen werden. Durch die Abschaffung der Milchquote leiden wir bis heute unter den Fehlleistungen der Politik. Die Entwicklungen der vergangenen zwei bis drei Jahre sind ein Beispiel verfehlter Politik", betonte Schaber. Es gelte, so schnell wie möglich Kriseninstrumente auf EU-Ebene zu beschließen, ein Mengenreduktionsprogramm sei sofort anwendbar und dessen Wirksamkeit bewiesen.

Anschließend wurde mit den Bundestagskandidaten Jens Löw (SPD), Kordula Kovac (CDU), Karin Binder (Linke), Trutz-Ulrich Stephanie (FDP) und der Landtagsabgeordneten Martina Braun (Grüne) in Vertretung von Markus Rasp diskutiert.

BDM-Landesvorsitzender Eugen Kühnle moderierte die Podiumsdiskussion, deren Antworten die Landwirte mitunter lautstark kommentierten. So war für Kovac klar: "Manche Sachen kann man politisch regulieren, aber nicht alles. Ich erwarte, dass sich die Milchbauern zusammentun und der Politik Vorschläge unterbreiten." Binder betonte: "Dass wir immer alles über die EU regeln wollen, ist der falsche Weg. Es muss mehr über Erzeugerpreise und Vermarktungskonzepte gehen, die Rechte der Bauern müssen gestärkt werden." Stephanie setzte die Milchbauern mit Unternehmern gleich und meinte: "Subventionen führen zum Aussterben eines Wirtschaftszweigs. Möglichkeiten wie Hoftourismus, Hofläden oder Biogasvermarktung sollte jeder für sich ins Auge fassen und "schauen, wie er zurechtkommt."

Die Reaktion der Bauern war entsprechend empört. Martina Braun ist selbst Landwirtin und machte klar: "Landwirte arbeiten mit der Natur und Tieren, das sind keine Schrauben, die man produziert". Jeder Betrieb sei eine individuelle Einheit, der Verbraucher müsse unabdingbar mit ins Boot. Es sei wichtig, dass die Überproduktion gesteuert werde, der einzelne Betrieb könne den Markt nicht im Blick behalten. "Das Wachstumsmantra geht mit einer falschen Beratung einher", betonte Braun und bekam großen Beifall. Löw sah im niedrigen Milchpreis "ein Synonym für alle Lebensmittel." Seiner Meinung nach brauche es "einen vernünftigen Preis für landwirtschaftliche Produkte, eine Regionalisierung, aber auch eine gesellschaftliche Anerkennung dessen, was geleistet wird."

INFO

Butterpreis

BDM-Bundesvorsitzender Romuald Schaber erklärte: "Butter hat bis vor drei Wochen nicht mehr gekostet als in den 70er-Jahren. Es ist jenseits von Gut und Böse, wo sich das Preisniveau befindet." Der Strukturwandel dauere im Schwarzwald länger als in anderen Landesteilen, aber irgendwann mache das Drauflegen keinen Spaß mehr. "Wir verlangen, dass Sie die Probleme erkennen und ihre Möglichkeiten in der Politik nutzen", wandte er sich an die Bundestagskandidaten.