Nach dem Krieg führte Mannesmann bis 1970 das ehemalige Werk von Wolf Netter und Jacobi – Vorläufer von Ucon. Das heutige Sportgelände war Mitte der 60er-Jahre noch Grünland. Repros: Selter Foto: Schwarzwälder-Bote

Im Krieg dient Mannesmann-Werk als Rüstungsbetrieb. Zangen hält Verkaufsverhandlungen geheim.

Hausach - Die geplante Umbenennung der Wilhelm-Zangen-Straße ist dem SchwaBo einen Blick in die Vergangenheit des Hausacher Ucon-Werks wert.

Heute: die Zeit um den Zweiten Weltkrieg.Aus der aufkommenden Rüstungsindustrie schlug die Firma Wolf Netter und Jacobi Profit, litt allerdings zugleich unter der Judenverfolgung. Bisher geduldet, wurde die Lage für die jüdischen Firmeninhaber immer schwieriger. Um einer Enteignung zu entgehen, knüpften sie 1937 in aller Stille Kontakte zu Generaldirektor Wilhelm Zangen von den Mannesmann-Röhrenwerken bezüglich eines Verkaufs des Unternehmens. Ausgehandelt wurden der Preis, einmalige Sonderzahlungen und monatliche Zahlungen an Ludwig Netter und Julius Seligsohn-Netter, die zwei Jahre in England beschäftigt wurden.

Wilhelm Zangen konnte verhindern, dass die geheim geführten Verhandlungen vorzeitig bekannt wurden. Der "Völkische Beobachter" hatte von diesen Verhandlungen Wind bekommen und wollte sie veröffentlichen, der Mannesmann-Generaldirektor unterband dies. Zangen, das kann man unterstellen, teilte nicht die Linie der Partei, setzte aber auch keinen Widerstand dagegen.

1938 war der Vertrag unterschriftsreif, am 29. März stimmten die Kommandit-Aktionäre der Übernahme zu. Bühl und Hausach gehörten nun zur Mannesmann-Stahlblechbau. Das Werk Bühl wurde 1938 stillgelegt. Dort waren damals 93 Arbeiter und 22 Angestellte, in Hausach 136 Arbeiter und 13 Angestellte beschäftigt.

Abgabe von Kohle nur noch gegen Berechtigungsschein

Die Mannesmann-Führung beabsichtigte, das Hausacher Werk zu verkaufen; davon wurde jedoch wegen der hohen Rüstungsaufträge und der damit verbundenen Auslastung letztlich abgesehen. Das Walzwerk wurde stillgelegt, die Arbeitskräfte übernommen und umgeschult, sodass nur noch Fertigung stattfand.

Personell war das Werk überbesetzt. Bei einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass zu viel Bier getrunken worden sei, bei der Hitze an den Walzen nicht verwunderlich. Sondervergünstigungen wurden gestrichen, so durfte die Abgabe von Kohle an die Belegschaft nur noch gegen Berechtigungsschein erfolgen. Die Mieteinnahmen für die fünf Wohnungen im Herrenhaus und die 30 Werkswohnungen in der Netter- und der Jacobistraße wurden ebenfalls neu festgelegt und strenger eingetrieben. 1940 waren in Hausach 20 Angestellte und 206 Arbeiter beschäftigt. Im Lauf des Kriegs war eine große Zahl an Zwangsarbeitern hier tätig.

Bei Kriegsende war das Werk stark beschädigt, Aufträge gab es nicht, Material war kaum erhältlich – trotz guter Kontakte zur Eisenhandlung Schmid, die zuvor stets Rohstoffe beschafft hatte. Diese Kontakte nutzte Diplom-Ingenieur Werner Ricklefs, der in Hausach während des Kriegs in führender Stellung beschäftigt war, auch aus: Er bezog für das Mannesmann-Werk in Berlin die Firma Eisen-Schmid als Lieferanten.

Direktor Gustav Rivinius erhielt die Stelle als Werksleiter in Hausach durch Zuspruch des französischen Aufsichtsratsmitglieds Paul Pingon. Er kannte Rivinius von den Röhrenwerken in Bous (Saar) und machte sich bei Wilhelm Zangen für Rivinius’ Berufung stark. Persönlich standen sich Rivinius und Pingon sehr nahe und pflegten enge Kontakte. So nützten die beiden Enkel von Pingon, die in Paris lebten, die Ferienzeit, um am Gymnasium Hausach, damals unter Dr. Reck, den Deutschunterricht zu besuchen.

Unter Rivinius, späterer Ehrenbürger der Stadt, kam das Werk zu neuer Blüte, wurde wieder größter Arbeitgeber Hausachs. Rivinius’ Kontakte zur Konzernspitze waren sehr intensiv und führten zur Namensgebung der Wilhelm-Zangen-Straße.