David Sieveking las bewegende aber auch Ausschnitte voller Humor und Heiterkeit aus seinem Buch "Vergiss mein nicht" vor. Foto: Wölfle

Autor von Demenz-Buch in Seniorenzentrum. Bewegende Ausschnitte voller Humor und Heiterkeitaus dem Buch "Vergiss mein nicht".

Hausach - Mit dem auch persönlichen Vortragsthema "Vergiss mein nicht" über Demenz hat der Autor und Regisseur David Sieveking am Freitagabend im Hausacher Feuerwehrgerätehaus die zahlreich erschienenen Besucher berührt. Das Seniorenzentrum "Am Schlossberg" und die SPD Ortsgruppe Hausach hatten eingeladen.

David Sievekings preisgekröntes und bewegendes Buch "Vergiss mein nicht", über das er auch einen Dokumentarfilm drehte, ist eine herzzerreißend realistische Darstellung der Krankheit Demenz. Die Hauptrolle darin spielt seine körperlich und geistig immer mehr abbauende Mutter Gretel. Es ist eine Geschichte über Mut und Kraft, aber auch eine heitere Chronik über Liebe und Zärtlichkeit.

Der mittlerweile 36-jährige Sieveking musste sich mit dem Thema Alzheimer-Demenz jahrelang intensiv auseinandersetzen. Denn bei seinen Versuchen, seiner Mutter Gretel das Leben so angenehm und leicht wie möglich zu gestalten, entdeckte er seine Familie ganz neu.

"Die Demenz hat eine ganz neue Romantik in der Familie angestoßen, auch der Humor ging nie verloren", stellte Sieveking eine positive Seite der Krankheit in den Raum. Man vergesse ja nicht nur das Positive im Leben, auch das Negative sei plötzlich aus dem Gedächtnis der Erkrankten verschwunden. "Wir haben früher oft zusammen gelacht, aber nie so intensiv wie während der Erkrankung", unterstrich der Autor.

Mit kleinen Schritten habe sich seine Mutter Gretel, die stets eine starke und faszinierende Persönlichkeit war, immer mehr aus der Welt zurückgezogen. Plötzlich klebten Merkzettel am Kühlschrank, an Heiligabend gab es Suppe anstatt Geschenke oder der geliebte Milchreis wurde nicht mehr gekocht. "Es umwehte sie ein Geheimnis, das zu Beginn der Krankheit keiner so richtig zu deuten wusste", räumte Sieveking ein.

Der Schock, dann zu sehen wie schnell und dramatisch die Demenz fortschreitet und die Mutter immer gebrechlicher wird, sei hart gewesen. Auch das Ringen um ärztlich notwendige Entscheidungen und der wahnsinnige Druck überforderte oftmals alle Angehörigen. Auch Schuldgefühle seien bis zu ihrem Tod immer mal wieder im Spiel gewesen. Dies wird auch in Sievekings rührenden filmgewordenen Liebesbrief an seine Mutter deutlich.

Beim anschließenden Erfahrungsaustausch mit dem Autor wurden unter anderem Fragen wie "Zogen sich Bekannte und Freunde zurück?", "Gab es Situationen, in denen man ausgegrenzt wurde oder man sich allein gelassen fühlte?" oder "Wie geht es ihrem Vater jetzt?" beantwortet.

Stadträtin Brigitte Salzmann (SPD) und der Leiter des Hausacher Seniorenzentrums "Am Schlossberg" Dietmar Haas waren sich einig: Es ist auch die Aufgabe der Kommunalpolitik, Bedingungen zu schaffen, die die soziale und kulturelle Ausgrenzung der Demenzerkrankten und ihrer Familien verhinder und die eine Wertschätzung der Betroffenen hervorruft. Dazu gehörten unter anderem ein passgenaues kommunales Hilfsnetzwerk, mehr öffentliche Aufklärung und Akzeptanz der Krankheit Alzheimer-Demenz. Ebenso wichtig sei eine Stärkung ehrenamtlicher und nachbarschaftlicher Hilfen und die Einrichtung eines Seniorenbüros am Ort. Auch die Pflegeberufe sollten attraktiver gestaltet werden, deshalb hoffe man auf eine baldige Pflegereform.

Zahlreich wechselte das handsignierte Buch von David Sieveking "Vergiss mein nicht", aber auch dessen Verfilmung anschließend den Besitzer.