Ab dem Schuljahr 2015/2106 besuchen 77 Schüler die Gemeinschaftsschule. Fotos: Reinhard Foto: Schwarzwälder-Bote

Rektorin spricht im Interview über Konzept der Gemeinschaftsschule Hausach-Wolfach / 77 statt 40 Anmeldungen

Hausach. Nach den Sommerferien ist es soweit: Die Gemeinschaftsschule in Hausach startet. Was genau sich ändert, wie das pädagogische Konzept aussieht und welche Vorbereitungen getroffen werden mussten, und noch am Laufen sind, berichtet Schulleiterin Simone Giesler im Interview mit dem SchwaBo.

Frau Giesler, aas war ihr erster Gedanke, nachdem im Februar dieses Jahres feststand, dass die Gemeinschaftsschule Hausach-Wolfach im Schuljahr 2015/2016 starten kann?

Ich habe mich riesig gefreut, denn die Gemeinschaftsschule bietet für die Region eine weitere Alternative auf dem Weg zum Haupt- und Realschulabschluss. Wir begleiten die Schüler auch auf dem gymnasialen Zweig bis zur zehnten Klasse. Damit sind alle Schularten im Kinzigtal vorhanden und alle Bildungsgänge abgebildet. Die neue Schule ist sozusagen das Tüpfelchen auf dem i. Und 77 Anmeldungen zeigen, dass das Konzept angenommen wird. Gerechnet hatten wir eigentlich mit 40.

Bringt die beinahe doppelt so hohe Schülerzahl denn Probleme mit sich?

Für das nächste Jahr jedenfalls nicht. Da wir mit einer Zweizügigkeit geplant hatten und nun wohl dreizügig werden, könnte es längerfristig ein Raumproblem geben. Aber wir führen diesbezüglich Gespräche. Außerdem müssen wir die Menge an Lernmaterial und die Zahl der Tische und Stühle anpassen. Ich würde das aber nicht als Probleme bezeichnen. Wir müssen eben ein bisschen umplanen.

Ein Grund für die Beliebtheit der Gemeinschaftsschule ist wohl das pädagogische Konzept. Können Sie es kurz beschreiben?

Die Gemeinschaftsschule bietet eine neue Lernkultur, in der auf verschiedenen Niveau-Stufen unterrichtet wird und die sich auf selbstorientiertes Lernen konzentriert. Das schafft insgesamt gesehen die große Chance, die Kinder da abzuholen, wo sie stehen und sie zum bestmöglichen Bildungserfolg zu führen. Allerdings müssen dann auch Verbindlichkeiten geschaffen werden. So gibt es beispielsweise ein Lerntagebuch, verbindliche Lernziel-formulierungen und regelmäßig Gespräche mit den Lerncoaches.

Was sind denn Lerncoaches?

"Lerncoach" ist im Grunde eine erweiterte Definition des Lehrers. Er vermittelt nicht nur Wissen, sondern begleitet die Schüler beim Lernen und persönlich. Er ist so unter anderem auch ein Coach für das soziale Lernen.

Was gehört noch zum Konzept der Gemeinschaftsschule?

Ganz wichtig ist die Beruf- und Studienorientierung. Die Kinder werden vermehrt auf das Berufsleben vorbereitet, zum Beispiel in Praxiswerkstätten, Betriebserkundungen und einer Ausbildungsplatzbörse. Das sind verbindliche Elemente im Schulurrikulum. Auch Inklusion spielt eine wichtige Rolle. Des Weiteren bedeutet die Ganztagskonzeption, dass wir die Schüler komplett im Lernen und ihrer Talentförderung begleiten.

Wie wurden die Lehrkräfte auf dieses Konzept vorbereitet?

Die Vorbereitung war ein langer Prozess. Das Team besuchte Fortbildungen, Seminare und hospitierte in Gemeinschaftsschulen im ganzen Land. Die gewonnenen Eindrücke haben wir dann zusammengetragen und daraus unsere eigenen Ideen entwickelt. Wir sind aber immer noch in diesem Prozess. Man kann sich ja schließlich immer verbessern.

Gab es im Kollegium auch Stimmen, die der Gemeinschaftsschule kritisch gegenüber standen?

Natürlich gab es die und wir führten anfangs ein paar Diskussionen. Diese kritischen Stimmen haben dann aber dazu beigetragen, Wert auf Qualität zu legen und sich am Bedarf zu orientieren. Kritik bedeutet ja nicht, dass das Konzept an sich in Frage gestellt wird. Auch die kritischen Stimmen stehen hinter der Gemeinschaftsschule. Wir sind alle der Überzeugung, dass das der richtige Weg ist und dass er sich lohnt.

Gab es Vorbehalte von Eltern?

Ich habe einige Unsicherheiten erlebt. Es sind ein paar Unwahrheiten im Umlauf, beispielsweise, dass es an der Gemeinschaftsschule keine Noten gibt. Das stimmt so nicht. Die Leistungsnachweise sind nur viel konkreter und die Leistungsrückmeldungen differenzierter. Sie erfolgen in verbaler Form. Auf Wunsch der Eltern geben wir weiterhin Ziffernoten.

Welche Vorbereitungen müssen für das kommende Schuljahr noch getroffen werden?

Momentan bin ich an den gängigen Vorbereitungen: Deputatseinstellungen, Stundenpläne aufstellen, Raumzuweisungen, Möbelbestelllungen. In den Sommerferien müssen ein paar bauliche Veränderungen und ein paar Renovierungen vorgenommen werden.

Wie wird die Koordinierung zwischen den beiden Schulen in Hausach und Wolfach ablaufen?

Organisatorisch ändert sich an beiden Schulen nicht so viel. Schulträger ist die Stadt Hausach. Wir starten mit der Gemeinschaftsschule in Hausach, da dort die Klassen fünf bis acht unterrichtet werden. Die Klassen neun und zehn werden in Wolfach betreut. Personelle Entscheidungen trifft das Schulamt und das Regierungspräsidium. Anschaffungen kläre ich mit den Verantwortlichen vor Ort ab.

Wie steht es mit der personellen Versorgung der Gemeinschaftsschule?

Es sieht gut aus, auch für das Ganztagskonzept. Acht neue Lehrer starten mit uns ins Schuljahr 2015/2016. Mehrere Jugendbegleiter stellen das Angebot in den Bereichen Sport und Musik sicher. Dabei ist die Kooperation mit der Musikschule von Vorteil.

u  Die Fragen stellte Charlotte Reinhard.

Eine Gemeinschaftsschule bietet alle Bildungsgänge an – Hauptschule, Realschule und Gymnasium. Nach der vierten Klasse werden die Schüler nicht auf die einzelnen Schularten aufgeteilt. Die Schüler lernen auf unterschiedlichen Niveaus (grundlegendes, mittleres, erweitertes), ein Wechsel zu einem höheren Niveau ist jederzeit möglich.