Silke Scheuermann braucht einen vollen Arbeitstisch. An einem solchen ist die Leselenz-Stipendiatin im Hausacher Molerhiisli beim Schreiben des aktuellen Romans gut vorangekommen. Foto: Möller

Schreibtischbesuch bei Silke Scheuermann. Leselenz-Stipendiatin kommt beim Schreiben des aktuellen Romans gut voran.

Hausach - Die aktuelle Hausacher Stadtschreiberin Silke Scheuermann wird am Sonntag, 14. September, um 11 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses ihre Antrittslesung halten und einen literarischen Überraschungsgast vorstellen. Der SchwaBo hat der Schriftstellerin im Molerhiisli einen Schreibtischbesuch abgestattet.

Wie so oft beschworen bellt auch diesmal ein Hund. Nicht in der Ferne, sondern unmittelbar hinter dem Gartentörchen vor dem Hausacher Molerhiisli. In der Stipendiatswohnung lebt und arbeitet derzeit Silke Scheuermann mit Hund Tao. Zeitweise ist auch ihr Mann und Schriftstellerkollege Matthias Göritz zu Besuch. Der Arbeitstisch vor den Terrassentüren zum Garten ist übersäht mit Ausdrucken. Doch neben dem Tisch mit den Texten steht ein weiterer mit Zeichnungen und Aquarellen.

"Ich arbeite immer an zwei Tischen", berichtet Silke Scheuermann über ihre Arbeitsweise. Die 41-jährige Leselenz-Stipendiatin, die sonst mit Mann und Hund in Frankfurt wohnt, wird ihre Notizen noch bis Ende September in ihr "Hausacher Heft" oder auf sonstige Zettel machen. Diese dienen ihr dann zum Ausformulieren am Schreibtisch. Direkt nach dem Aufstehen setzt sie sich dafür um 5.30 Uhr an ihren Laptop: "Da liegt der Tag noch ganz lange vor einem."

Die erste kreative Pause macht die Autorin, wenn sie gegen 7 Uhr mit dem Hund raus und Brötchen holen geht. Danach dauert ihre nächste Schreibphasen bis 12 Uhr. Nach einer längeren Pause geht es gegen 16 Uhr noch einmal für ein paar Stunden ans Schreiben.

Wenn Scheuermann eine Blockade hat, wechselt sie an den Tisch mit den Farben, Pinseln und Zeichenstiften. "Wenn der Hund und das Malzeug da sind, bin ich entspannt", lacht sie. Sobald das grobe Konzept dank der Notizen steht, verlängert sie die Stichworte zu Szenen und tippt sie in ihren Laptop. Scheuermann betont: "Die ersten zehn bis 15 Seite habe ich immer picobello, weil die den Ton festlegen."

Auf der Basis schriebt sie dann die gesamte Rohfassung in den Rechner, manchmal gefolgt von Nachrecherchieren oder Namensänderungen der Protagonisten. Dann legt sie den Gesamtausdruck ein paar Wochen auf die Seite, damit der Text ihr fremd wird. Nachdem sie ihn dann noch einmal durchgelesen hat, entscheidet sie, ob sie umarbeitet oder ob der "Moment der Wahrheit" gekommen ist: Ihr Mann bekommt ihn zu lesen. Die beiden sind sich seit Jahren gegenseitig die ersten Leser ihrer Texte und dann "ganz ehrlich zueinander". Wenn dann noch etwaige Korrekturen gemacht sind, geht das Skript ins Lektorat des Schöffling Verlags.

Beispielsweise ist jüngst in diesem ihr Lyrikband "Skizze vom Gras" erschienen, aus dem die mehrfach durch Preise und Stipendien ausgezeichnete Autorin auch bei der Veranstaltung im Hausacher Rathaus lesen wird. Sieben Jahre hat die Arbeit an dem Werk gedauert. Zwei Romane von ihr wurden zwischenzeitlich veröffentlicht, 2009 lebte Scheuermann mit Stipendium in der Villa Massimo in Rom.

Als dann das Werk fertig war, ging es im letzten Schritt zum Lektorat durch Verleger Schöffling. Der war begeistert und der Lyrikband wurde nach der Korrektur von nur einzelnen Anmerkungen gedruckt. Und prompt mit dem Hölty-Preis für Lyrik der Landeshauptstadt und der Sparkasse Hannover ausgezeichnet.

"Nun brauche ich eine Lyrikpause", meint die Autorin, die aktuell an ihrem neuen Roman arbeitet, den sie in Hausach ein gutes Stück fortschreiben konnte und in den auch ein kleines Stück Hausach eingeflossen ist. In diesem erzählt sie die Entwicklungsgeschichte eines Jungen auf einem Dorf. Da passt Hausach ganz gut, auch wegen Ruhe und Wald.

Wald erinnert Silke Scheuermann an ihre Kindheit und Jugend in Weingarten bei Karlsruhe: "Ich habe immer schon geschrieben." Nach dem Abitur begann sie, Literatur- und Theaterwissenschaften zu studieren. Sie schrieb weiter und veröffentlichte 2001 ihren ersten Gedichtband bei Suhrkamp. "Wenn das klappt, bleibe ich dabei", erzählt Scheuermann von ihren Gedanken damals. Es klappte, sie bekam für diesen den Leonce-und-Lena-Preis, blieb seither dabei und bekam weitere Bestätigungen.

"Ich möchte nicht sagen, dass ich schreibsüchtig bin", meint Scheuermann, "doch Schreiben ist für mich schon sinnstiftend." Und malen wohl auch, denn das ist ihr "physischer Zugang" zum Schreiben. Durch Farben und Formen kommt sie den Gegenständen nichtsprachlich näher.