Bei sizilianischem Rotwein, Oliven, Salami, Parmesan, Ciabatta und Caffe alla Nonna Nina haben die zahlreichen Gäste mal schmunzelnd, mal sentimental gestimmt, den Einlagen "Pippos" gelauscht. Foto: Wölfle

Schauspielerin Anne von Linstow präsentiert "Pippo" Boscias Buch "Erzähl mir von dir, Papa – Geschichten einer Kindheit"

Der Hausacher Giuseppe "Pippo" Boscia hat seine Kindheits- und Jugenderlebnisse in einem Buch festgehalten. Es handelt vom Alltag im Sizilien der Nachkriegsjahre und den Schwierigkeiten als Gastarbeiterfamilie in Hausach erzählt. Am Donnerstag hat es eine Lesung gegeben.

Hausach. Die Schauspielerin Anne von Linstow las im proppenvollen Historischen Keller des Herrenhauses voller Gefühl zahlreiche Episoden aus dieser interessanten deutsch-italienischen Autobiografie vor. Zur Lesung hatte die Gruppe "KulTour" eingeladen. "Papa, erzähl mir eine richtige Geschichte. Als du noch ein Kind warst, in Sizilien", hatte damals Pippos sechsjähriger Sohn Dario gebettelt, als ihm die abendlichen Gute-Nacht-Geschichten des Vaters zu langweilig geworden waren. Von diesem Tag an hatte ihm Giuseppe Boscia jeden Abend eine Geschichte von "Peppino" erzählt, auf den Boscia seine verschütteten Erinnerungen hineinprojizierte. Das hatte Boscia inspiriert, eine Autobiografie zu schreiben.

Als zwölfjähriges Gastarbeiterkind hatte es Giuseppe zu Beginn der 60er-Jahre nämlich nicht einfach gehabt, sich im kleinen Schwarzwaldstädtchen Hausach wohl zu fühlen. Voller Hoffnungen und Neugier sei er mit der Mutter und drei Geschwistern seinem Vater, der neun Monate zuvor mit einem zweijährigen Arbeitsvertrag als Schmied eingewandert war, Anfang der 60er-Jahre nachgereist, wo die Familie – teils misstrauisch beäugt – als erste Gastarbeiterfamilie Hausachs dann glücklich die zweite Heimat fand.

Bei sizilianischem Rotwein, Oliven, Salami, Parmesan, Ciabatta und Caffe alla Nonna Nina haben die zahlreichen Gäste, darunter viele Freunde, Wegbegleiter und damalige Spielkameraden aus der "Suppegass", am Donnerstagabend mal schmunzelnd, mal sentimental gestimmt den Geschichten "Pippos" gelauscht, die Anne von Linstow perfekt betont und äußerst gefühlvoll zu Gehör brachte. Zwischendurch berührte der Autor immer wieder mit seinen sizilianischen Liedern gesanglich die Herzen.

"Ich war im Bett, als ich angefangen habe, dieses Buch zu lesen, und ich musste weinen, weil mir viele Dinge so bekannt vorkamen", sagte die aus der Serie "Die Fallers" bekannte Schauspielerin Anne von Linstow zu Beginn. Diese hatte Boscia vor circa 25 Jahren auf der Straße in Baden-Baden kennengelernt. Sie wohne dort in dem Haus, in dem "Pippo" damals angefangen habe, das Buch zu schreiben, erzählte sie.

Lecker dampfende Makkaroni, saftig frische Kaktusfeigen, die Liebe zur Großmutter Donna Nina, die Rituale trauernder Angehöriger – der erste Teil der Lesung beinhaltete ganz unterschiedliche Geschichten, die einem das südländische Flair Siziliens regelrecht spüren ließ. Beim bewegenden Abschied von der Schule kämpfte Linstow mit den Tränen, die ihr das Weiterlesen erschwerten. "Anne liest das Buch so schön, dass ich es fast nicht erkenne. Niemand hat es bisher so schön vorgelesen wie du", befand Boscia, der sich zusammen mit ihr über den tosenden Applaus des begeisterten Publikums freute.

Danach war das lang ersehnte Wiedersehen mit dem Papa in Hausach, der ganz glücklich darüber war, in der Hammerschmiede von Richard Neumaier zu arbeiten, erstmal Thema. Ein Schlüsselereignis sei für ihn gewesen, als dieser die ganze Familie zum sonntäglichen Essen mit Ochsenzunge, Madeirasoße und Rosenkohl einlud. Als "Kultursuppe" hatte Boscia, der lernen musste, mit Schimpfnamen wie Spaghettifresser und Itaker umzugehen, die vielen anfänglichen Schwierigkeiten bezeichnet. "Ich hatte keine Probleme, ich war das Problem", betonte Boscia, der als Kegelbub im Gasthaus Schlossberg arbeitete, bis ihn Lehrlingsmeister Kurt Straub zur Firma Erich Neumaier holte. "Mit der Lehre begannen die schönsten Monate meines Lebens", sagte "Pippo", der anschließend äußerst lustig das Volkslied über einen Bauer und seinen Esel zum Besten gab.

Wie tief verwurzelt er in Hausach ist, bewies der Autor mit dem Lied "I han e mol ä Schätzle ko" bei dem alle beim Refrain mit "Hei di hei do" einstimmten. "Schönes Städtchen im Schwarzwald. Hausach, Heimat, du meine Zweite" – mit einem Gedicht, das seine Mutter einst schrieb beendete "Pippo" diesen ganz besonderen deutsch-italienischen Abend.

Die äußerst sympathische Anne von Linstow hatte sich mit dessen deutscher Übersetzung von dem restlos begeisterten Publikum verabschiedet. Zusammen mit seinen Geschwistern Santo und Pino krönte "Pippo" die Lesung singend mit einer Tarantella, die Gregor Huber an der Gitarre begleitet wurde.

INFO

Zur Person

Anne von Linstow, geboren 1968 in München, ist eine deutsche Schauspielerin. Sie ist die Tochter einer Französin und eines Deutschen und wuchs zweisprachig in Toulouse auf. Fernsehzuschauer kennen von Linstow unter anderem aus der Krankenhausserie "Hallo, Onkel Doc" und der Serie "Die Fallers".