Laut dem BUND Mittleres Kinzigtal könnte die Region mit der Rückkehr des Wolfs etwa 40 Arten verlieren. Foto: Nabu/Noack

BUND schickt Ergebnisse aus Gesprächen mit Landwirten an Landesverband. Heft soll Schwierigkeiten begegnen.

Hausach - Über ein "heißes Thema" hat der BUND Mittleres Kinzigtal laut Vorstandsmitglied Angelika Kalmbach-Ruf in den vergangenen Monaten mit den Landwirten der Region Gespräche geführt: Die Rückkehr des Wolfs. Nun haben die Verantwortlichen der Orstgruppe er deren Ergebnisse an den BUND-Landesverband geschickt.

Das Papier fasst die Probleme zusammen, die die Ansiedlung des Wolfs im Kinzigtal, mit sich bringen könnte, beschreibt die Konsequenzen und gibt Lösungsansätze. In dreifacher Ausfertigung ging all das am Donnerstag an den Landesverband, verbunden mit der Bitte, es an die zuständige Ministerien weiterzuleiten. Schlussendlich sollen es die in den Händen halten, die für den zweiten Handlungsleitfaden zur Rückkehr des Wolfs verantwortlich sind. Einen ersten Leitfaden hat das Land bereits herausgebracht. "Es wäre toll, wenn unsere Anträge und Ideen dort Gehör finden", sagt Angelika Kalmbach-Ruf.

Sie und weitere Mitglieder des BUND haben sich in den vergangenen Monaten mehrere Male mit Landwirten aus der Region getroffen und sich angehört, welche Probleme sie mit dem Wolf auf sich zukommen sehen, und Ideen gesammelt, wie man diesen Schwierigkeiten begegnen kann.

"Es geht dabei nicht so sehr um den Wolf, sondern vielmehr um die Offenhaltung der Landschaft", fasst Kalmbach-Ruf zusammen. "Die Landwirte haben Recht, wenn sie sagen, dass die Offenhaltung mit mehreren Wolfsrudeln hier nicht mehr möglich ist."

Da die Zahl der Haupterwerbsbetriebe in der Landwirtschaft von 1049 im Jahr 1999 auf 665 in 2010 gesunken ist, müssten die Landwirte sich gegenseitig Tiere ausleihen, die die Weiden um die aufgegebenen Höfe kurz und die Landschaft offen halten. Diese Tiere stünden dann meistens fernab von menschlicher Obhut. "Wenn die dann durch den Wolf gefährdet sind und die Bauern sie nicht mehr zur Offenhaltung einsetzen, wächst das alles mit Wald zu. Das würde ganz schnell gehen", sagt Kalmbach-Ruf. Die "Verwaldung" hätte wiederum Folgen für die Artenvielfalt im Kinzigtal. "Wir würden etwa 40 Arten verlieren", so die Naturschützerin.

Die Politik müsse sich Gedanken machen, was sie will, meint sie. "Will sie die Region so erhalten wie sie ist, mit Tourismus und Landwirtschaft, oder will sie Urwald."

Sie sei keineswegs gegen den Wolf per se, "von mir aus können gerne im Nationalpark oder in großen Waldflächen wie beim Titisee viele Wölfe leben", sagt Kalmbach-Ruf. "Aber dieses Gebiet hier lässt sich einfach nicht mit der Lausitz oder der Lüneburger Heide vergleichen. Es ist dichter besiedelt und die landschaftlichen Gegebenheiten sind anders." In den Schwarzwaldtälern gebe es Steigungen von mehr als 50 Prozent, die nur durch Beweidung offen gehalten werden könnten. Davon profitiert nicht nur die Landschaft, sondern auch die Landwirte, die für ihren Einsatz für die Offenhaltung Geld von den Landschaftserhaltungsverbänden (LEV) bekommen. Mit dem Wolf, der das Vieh gefährdet, würde diese Einnahmequelle wegfallen, so Kalmbach-Ruf. "Die Landwirtschaft hat Probleme wie beispielsweise den niedrigen Milchpreis, die sie nicht verursacht hat. Der Wolf wäre da ein zusätzliches", sagt sie.

Um die Landschaft zu erhalten und gleichzeitig den Wolf zu schützen, hat der BUND in Zusammenarbeit mit den Landwirten Lösungsansätze zur Rückkehr des Raubtiers erarbeitet. Einer davon ist die Ausweisung von Schutzgebieten für Wölfe, genau wie die Umkehr der Beweispflicht bei Rissen. Der BUND plädiert dafür, dass bei getöteten Vieh bewiesen werden muss, dass es kein Wolf war, damit der betroffene Halter kein Geld bekommt, nicht anders herum, wie es momentan die Praxis ist. Außerdem sollen Schutzzäune entwickelt werden, die auf die Gegebenheiten im Schwarzwald angepasst sind.

Die Zusammenarbeit mit den Landwirten sei sehr gut gewesen, resümiert Angelika Kalmbach-Ruf. Die Wolfsproblematik habe sich auf das Verhältnis zwischen ihnen und den Naturschützern positiv ausgewirkt. "Ohne die Landwirte läuft im Naturschutz nichts. Wir vom BUND waren aber nie ganz sicher, wie wir an die Bauern heran kommen können. Mit dem Wolf fiel uns das dann quasi in den Schoß. Jetzt hoffen wir, dass unsere gemeinsamen Ideen berücksichtigt werden."