Gerhard Koppelstätter wollte nie mit einem Star tauschen, der als Held verehrt wird. Foto: Reutter Foto: Schwarzwälder-Bote

Katholischer Pfarrer spricht im Interview über Heroen im Großen und Kleinen / Für Gesellschaft sehr wichtig

Mittleres Kinzigtal. Der Schwarzwälder Bote stellt in diesem Sommer "Helden des Alltags" vor. Zum Auftakt der Serie erklärt der katholische Pfarrer Gerhard Koppelstätter, wer für ihn ein echter Held war und ist und was einen solchen ausmacht.

Herr Koppelstätter, hatten Sie als Kind einen Helden den Sie ganz toll fanden?

Held, eher in Richtung Vorbild, und das waren für mich als Kind unser Vikare, die mit uns Ministranten Ausflüge gemacht haben. Das waren für mich Leute, zu denen ich hochgeschaut habe.

Und Sportler oder Sänger hatten Sie nie als Held?

Als Kind nicht, eher später als Jugendlicher die Fußballer. Die Weltmeisterschaftsmannschaft besteht für mich in Anführungszeichen jetzt auch aus Helden. Weil sie lange trainiert haben und sich dann auch noch die Beine haben voll hauen lassen. Wenn sie dann noch sportlich fair sind, sind das sicher ein Stück weit Vorbilder für junge Leute.

Ist Ihnen der Heldenkult, der heute beispielsweise um Fußballspieler oder Rockstars getrieben wird, suspekt?

Ja, wenn es in Richtung pseudoreligiös geht und die Helden als kleine Herrgötter verehrt werden. Das ist sicher teilweise bei Fußballern oder Rockstars der Fall, aber ich erlebe das auch manchmal bei Medizinern. Das sind dann die Herrgötter, die durch ihr Tun über Leben und Tod entscheiden. Da wird’s für mich dann etwas zweideutig, aber das ist auch berufsbedingt.

Wie meinen Sie das?

Ich glaube an den Herrgott, und Menschen können Heldenhaftes vollbringen, aber sie sind für mich eben immer noch keine Herrgötter.

Finden Sie, dass teilweise die falschen Leute als Helden verehrt werden, während die richtigen vergessen werden?

Zum Teil ja, wenn ich zum Beispiel sehe, welche Leute sich in der Politik als Held gebärden und vom Volk als solche angesehen werden. Wie beispielsweise Netanjahu oder Putin. Das sind für mich eher Tyrannen als Helden.

Glauben Sie, dass gerade Kinder oder auch junge Leute Helden beziehungsweise Vorbilder brauchen?

Ja, ich finde, das darf dann auch durchaus ein Fußballer wie der Lahm oder der Müller sein. Oder auch früher in der Formel 1 Schumi oder jetzt Vettel und Rosberg. Das sind dann so Helden, wo man sagt, so will ich auch sein. Wenn man dann älter wird, muss man dann genau hingucken, wer tatsächlich ein Held ist.

An wen denken Sie, denn wenn Sie das Motto der SchwaBo-Serie "Helden des Alltags" hören?

Im christlichen Bereich sind das Menschen, die treu zu einer Sache oder Person stehen. Wenn ein Mann oder eine Frau jahrelang seinen Lebenspartner pflegt und nicht abhaut, um sich einen neuen gesunden Partner zu suchen. Schließlich verspricht man sich bei der Trauung Treue in guten und in schlechten Tagen. Leute, die das durchhalten, sind für mich die wahren Helden.

Helden sind also für Sie treue Menschen. Welche Stichworte fallen ihnen noch zur Beschreibung ein?

Verantwortungsbewusstsein, fester Charakter und zur seiner Meinung stehen und nicht sein Fähnlein in den Wind hängen. So wie EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, der trotz der Geschichte als Deutscher den Mut hatte, im israelischen Parlament für mich berechtigte Kritik zu üben. Allgemein gesagt also Leute, die Zivilcourage aufbringen und zur richtigen Zeit ihren Mund aufmachen. Damit mein ich aber nicht die Stänkerer, denen man gar nichts recht machen kann.

Helden beziehungsweise Leute, die sich oftmals mit scheinbar kleinen Taten vorbildlich verhalten, gibt es auch im Alltag. Fallen Ihnen da konkrete Beispiele ein?

Nicht direkt, aber Helden des Alltags sind für mich einfach Leute, die neben ihrem Beruf auch noch ihren Mann oder ihre Frau stehen. Vor diesen Leuten habe ich großen Respekt und frage mich manchmal, ob ich das auch so schaffen würde.

Könnte die Gesellschaft ohne rührige Menschen Ihrer Meinung nach überhaupt funktionieren?

Gerade wenn man sich das Beispiel Freiwillige Feuerwehr anschaut, sicher nicht. Die machen neben ihrem Beruf noch Kurse und retten Leben oder Wohnraum. Das ist für mich schon ein Stück weit Heldentum. Aber es gibt daneben auch sicher viele verborgene Helden.

Finden Sie, dass die Arbeit dieser Alltagshelden genug gewürdigt wird?

Ja und nein. Es gibt ja Ehrungen seitens der Verein für ihre Mitglieder. Aber manchmal wird einiges auch als zu selbstverständlich genommen und auch noch daran rumkritisiert.

Es wird oft beklagt, dass es keine echten Vorbilder mehr gibt. Würden Sie diesen Klagen zustimmen?

Nein, ich würde nicht sagen, dass es weniger geworden sind. Es gibt sie schon noch, wenn man genau hinschaut. Früher waren die Vorbilder vielleicht andere. Zum Beispiel die Eltern, wo es heute vielleicht mehr Brüche gibt, so dass sich die Kinder andere Vorbilder suchen. Aber Vorbilder gab und gibt es zu jeder Zeit.

Was könnte man tun, dass es mehr solcher Menschen gibt, die sich in ihrer Freizeit für die Allgemeinheit einsetzen?

Anerkennung ist da schon sehr wichtig. Ich sage auch meinen ehrenamtlichen Mitarbeitern, dass ich es toll finden, dass sie da sind und sich einsetzen. Insgesamt geht es im Ehrenamt aber merklich zurück, und Leute schauen eher auf das Eigene. Im kirchlichen und weltlichen Bereich muss man da versuchen, wieder mehr zu motivieren, indem man ihnen klar macht, dass man sie braucht.

Finden Sie es schlimm, wenn Vorbilder ihrer Rolle nicht gerecht werden, weil Sie schwere Fehler begehen?

Ich mach’ auch meine Fehler. Aber wenn man eine gewisse Position hat und daher als Vorbild angesehen wird, lege ich schon gewisse Maßstäbe an. Aber Fehler darf jeder machen und macht auch jeder. Man sollte zu den Fehlern dann aber auch stehen. Als Vorbild oder Held ist man eben auch nicht ganz ideal, aber wer ist das schon.

Hätten Sie persönlich gerne mal mit einem Star getauscht, um einem größeren Publikum etwas mitzuteilen?

Nee, überhaupt nicht. Ich freue mich über meine Leute, die in die Kirche kommen und denen ich eine Botschaft mit auf den Weg geben kann. Wobei wenn ich im Fußballstadion bin, denk ich schon mal, nur die Hälfte dieser Begeisterung, wäre schon schön.

Und als Kind hatten sie da mal den Traum in WM-Finale das entschiedenen Tor zu schießen?

Diese Träume gab’s sicher mal oder auch der erste Mann auf dem Mond zu sein. Aber das war so weit weg und mir war das nächstliegende immer näher. Ich bin einfach froh, dass ich ich bin.

u  Die Fragen stellte Lars Reutter.

u "Helden des Alltags" stehen in diesem Sommer im Mittelpunkt der Serie des "Schwarzwälder Bote Kinzigtal". Damit möchte die Redaktion Menschen in den Mittelpunkt rücken, die eher im Hintergrund wirken oder selbst ihr ehrenamtliches Engagement gar nicht für besonders erwähnenswert finden, es aber gleichwohl Tag für Tag für die Allgemeinheit erbringen. Dabei setzt die Redaktion auf die Mithilfe der Leser und bittet um schriftliche Vorschläge.Ihr Schreiben sollte neben dem Namen des "Helden des Alltags" eine kurze Begründung enthalten, warum gerade er oder sie vorgestellt werden sollte. Außerdem sollte eine Telefonnummer für etwaige Rückfragen angegeben werden. Unter allen Einsendungen trifft die Redaktion dann eine Auswahl.

u Ihre Vorschläge senden Sie bitte an:

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