Wo erst mit einem Windmessmast getestet wurde, gehen auf der Prechtaler Schanze bald drei Anlagen ans Netz. Foto: am Foto: Schwarzwälder-Bote

Blick hinter die Kulissen der Energieversorgung im "Kinzigtal, das Tal in dem wir leben"

Von Arwen Möller

Mittleres Kinzigtal. Woher kommt eigenlicht der Strom, dank dessen alle elektrischen Geräte funktionieren, die Schiebetüren des Supermarkts sich öffnen, getankt, im Internet gesurft oder mit dem Smartphone telefoniert werden kann und nachts niemand stolpert? Der Schwarzwälder Bote ist für die Sommerserie "Kinzigtal, das Tal in dem wir leben" dieser Frage nachgegangen.

Ihr Netz durchzieht gleich den Adern im menschlichen Organismus das Tal, in dem wir leben: Stromleitung. Und in der Tat weiß man erst, wie abhängig man vom elektrischen Strom ist, wenn er nicht mehr fließt. Wer ein Mal einen großflächigen, stundenlangen Blackout erlebt hat, zum Bespiel vor gut zehn Jahren in New York oder in Italien, dem ist klar: Ohne Strom geht heute gar nichts mehr oder kaum noch was. Und im Vorteil ist, wer auf dem Land für den Notfall einen Generator mit vollem Tank hat.

Im Kinzigtal ist "Netze Mittelbaden" der Netzbetreiber. Es ist für die Netze in der Ortenau verantwortlich und gehört zum E-Werk Mittelbaden. Andere Stromanbieter müssen, um ihre Kunden im Versorgungsgebiet mit Strom zu beliefern, die Netze dieses Betreiberunternehmens als Transportweg nutzen.

Doch nicht nur fernab produzierter Strom wird durch diese Netze transportiert. Anthea Götz, Leiterin Unternehmenskommunikation verweist darauf, dass das E-Werk Mittelbaden seit 2005 in die regenerative Energieversorgung vor Ort investiert. Der Anteil der regenerativ erzeugten Energien sei in den zurückliegenden zehn Jahren stetig gestiegen. Heute sei das Kinzigtal mit seinem hohen Anteil an Photovoltaik-Anlagen und den Wasserkraftwerken bereits in der Vorreiterrolle für erneuerbare Energien, die direkt in das Netz des E-Werks Mittelbaden einspeisen.

"Wir zählen in der Tat mehr als 7500 Photovoltaik-Anlagen, die Energie innerhalb unseres Versorgungsgebiet ins Netz einspeisen", betont Götz. Auch betreibe das E-Werk Mittelbaden mittlerweile vier Wasserkraftanlagen. Die Anlagen sind naturgemäß abhängig vom Wasserfluss in der Kinzig. Darüber hinaus gibt es laut Götz noch einige private Investoren, die Wasserkraftwerke betreiben und auch ins Netz einspeisen.

Mit der offiziellen Inbetriebnahme der Windenergieanlagen auf der Prechtaler Schanze, die für die ersten drei Windenergieanlagen im Oktober 2015 sein wird, erhöht sich dieser Anteil noch einmal signifikant. "Die ersten drei Anlagen sind errichtet und müssen nun noch untereinander vernetzt werden", gibt Götz Einblick in den Stand der Arbeiten. Ab Oktober sollen dann die ersten drei von insgesamt sechs Anlagen Strom liefern. Nach der Winterpause sollen die nächsten drei Anlagen errichtet werden.

Die Industriekunden sind bei dieser Rechnung jedoch nicht dabei, da sie insgesamt einen wesentlich höheren Strombedarf haben als beispielsweise eine vierköpfige Familie. Deshalb ist der Gesamtenergiebedarf in der Region auch wesentlich höher. Insgesamt betrachtet liegt der Anteil an regenerativer Energieeinspeisung bei rund 15 Prozent des Gesamtstrombedarfs in der Region. Doch für die Haushaltkunden betont Götz, dass es das Ziel des E-Werks Mittelbaden sei, "alle Haushaltkunden mit Strom aus erneuerbaren Energien zu versorgen." Allerdings wird schon heute in der Region so viel Strom aus regenerativen Quellen erzeugt, dass damit 80 Prozent der Haushaltskunden versorgt werden können.

Die regenerative Energieerzeugung bleibt jedoch immer abhängig von Sonne, Wind und Wasser. Aktuell reichen die im Versorgungsgebiet erzeugten Mengen der dezentralen und regenerativen Erzeugungsanlagen noch nicht aus, um alle Verbraucher zu beliefern.

Fehlende Strommengen kommen automatisch aus dem vorgelagerten Netz aus unterschiedlichen Quellen, dem sogenannten "Graustrom". Das vorgelagerte Netz sind die Hochspannungsleitungen der ENBW. Aus diesem kommt "Graustrom" mit einem gewissen Anteil aus Atomstrom und Strom aus regenerativen Energiequellen. An sonnigen und windigen Tagen wird jedoch auch der Graustrom überwiegend regenerativ erzeugt.