Interessiert hören die Senioren den Ausführungendes Pfarrers zu. Foto: Reinhard Foto: Schwarzwälder-Bote

Pfarrer Uhl referiert über Facetten des Reformators

Ein gelehrter Mann, der "dem Volk aufs Maul" schaute, ein Freund klarer Worte, in vielen Dingen fortschrittlich denkend, in anderen wieder ein Kind seiner Zeit – so charakterisierte Hans-Michael Uhl Luther in einem Vortrag am Mittwochnachmittag.

Hausach. Auf Einladung des Ökumenischen Altenwerks waren Uhl und seine Kinder Cara und Julius, die den Vortrag musikalisch begleiteten, ins katholische Pfarrheim gekommen. Mit Luthers wohl bekanntester Tat stieg Pfarrer Uhl ein. "Als er 1517 seine 95 Thesen anschlug, hatte er keine Vorstellung davon, welche Auswirkungen das haben würde. Sonst hätte er das wohl nicht getan", meinte Uhl und begründete das mit dem Wesen des jungen Luthers: "Er war ein zurückhaltender Mensch."

Uhl gab einen kurzen geschichtlichen Abriss über die Folgen der Reformation, beginnend beim 30-jährigen Krieg über die Aufklärung, die Napoleonischen Kriege bis zum ersten Weltkrieg. Von der Vergangenheit schlug er einen Bogen zur Gegenwart und erklärte: "Was der heutige Papst sagt, riecht verdächtig nach Luther". Damit bezog er sich auf ein Zitat des katholischen Kirchenoberhaupts, in dem er alle Menschen, sich selbst eingeschlossen, als gelegentliche Sünder bezeichnete.

Mönchsleben

Luther sei in jungen Jahren eher ängstlich gewesen, was wohl auch an seiner strengen Erziehung gelegen habe. "Er hatte Angst vorm Vater zu Hause und vorm Vater im Himmel", sagte Uhl. Gott sei für ihn hauptsächlich ein strafender Gott gewesen. So sei es kein Wunder, dass Luther es als eine Strafe ansah, als er als junger Mann auf dem Nachhauseweg in ein schweres Gewitter geriet. Luther sah seine Rettung darin, Gott zu schwören, ins Kloster zu gehen, wenn er ihn ungeschoren ließe. Und er hielt sich an dieses Versprechen, akzeptierte im harten Mönchsalltag seine "Strafe" – bis zu dem, was er später als "Turmerlebnis" bezeichnete.

"Turmerlebnis"

"Er erkannte in seinem Arbeitszimmer in einem Turm dass Gott nicht will, dass wir uns quälen", erzählte Uhl. Oder anders ausgedrückt: "›Die Traurigkeit ist des Teufels Bad‹", zitierte der Pfarrer den Reformator aus einem Brief. Er entsagte dem asketischen Mönchsleben, heiratete und begann, Familie, Freunde, Wein, Kunst und gutes Essen zu genießen. Das bedeutet aber nicht, dass er dem Müßiggang anheim fiel. Luther konnte auch hart arbeiten. "›Der Mensch ist zur Arbeit geboren wie der Vogel zum Fliegen‹", zitierte Uhl Luther ein weiteres Mal. "Die Arbeit war für Luther keine Strafe, sondern eine Gabe Gottes, die im rechen Maß zur Muße stehen sollte", erklärte Uhl.

Verhältnis zu Frauen

So genoss er das Familienleben mit seiner Frau Katharina "Käthe" und seinen sechs Kindern. Dabei zeigte er sich für seine Zeit ungewöhnlich fortschrittlich. Laut Uhl fand Luther, dass es einem Mann im Glauben gut anstand, ab und an die Windeln zu wechseln oder zu waschen. Auch wenn die Idee der Gleichberechtigung im heutigen Verständnis damals nicht existierte, waren Luther und Katharina "ein gutes Team". Luther schätzte seine Frau und Frauen im Allgemeinen. Das zeigt auch ein Satz aus einem seiner Briefe, den Uhl vorlas: "Die Welt kann ohne Frauen nicht bestehen, selbst wenn die Männer Kinder in die Welt bringen könnten" – "und das zu einer Zeit, in der einige Geistliche noch darüber diskutierten, ob Frauen überhaupt eine eigene Seele besitzen", führte Uhl aus. In dieser Hinsicht dachte Luther also recht fortschrittlich, "aber er war auch ein Mensch des finsteren Mittelalters", so Uhl.

"Biest kann schwimmen"

So hatte er beispielsweise panische Angst vorm Teufel und war überzeugt davon, dass der Mensch nie ganz frei von Sünde sei. Man müsse die Gläubigen eigentlich jeden Tag taufen, schildert der Reformator in einem Brief seine Überlegungen, verbunden mit der Warnung: "Aber Vorsicht: Das Biest kann schwimmen!" "Sünder und Gerechte gleichzeitig" seien die Menschen laut Luther, "Bettler, arm und selig, wenn wir Gott um Gnade bitten." Damit sei der Mensch "armselig".

Klare Worte

Im Gegensatz dazu steht der fröhliche Luther, der gerne mit Freunden in geselliger Runde zusammen saß und den Missmut eines Bekannten trocken mit "Aus einem traurigen Arsch fährt nie ein fröhlicher Furz" kommentierte. "Luther war in seiner Sprache nicht zimperlich", erklärte Uhl, schließlich sei er zwar ein gelehrter Mann gewesen, stamme aber aus einfachen Verhältnissen. Luther habe dem normalen Volk "aufs Maul geschaut", was für seine Arbeit an der Bibelübersetzung wichtig war, und sich selbst der Sprache bedient.

Zum Schluss schlug Uhl erneut einen Bogen zur Gegenwart und meinte in Hinblick darauf dass er den Vortrag im katholischen Pfarrheim halten konnte: "Wenn Luther Papst Franziskus begegnet wäre, hätte er seine Thesen wahrscheinlich nicht anschlagen müssen."