Foto: Störr

Stadtschreiber Nils Mohl verabschiedet sich mit vielschichtiger Lesung.

Hausach - Mit einer vielschichtigen Lesung hat sich Stadtschreiber Nils Mohl verabschiedet. Sein Stipendiat endet mit einer Lesung an der pädagogischen Hochschule Karlsruhe, wo er eine Poetik-Dozentur für Kinder- und Jugendliteratur inne hatte.

Üblicherweise finden die Abschiedslesungen der Hausacher Stadtschreiber im Rathaussaal statt. Nachdem aber ein Flügel für die mitwirkenden Musiker benötigt wurde, war die Aula des Robert-Gerwig-Gymnasiums gewählt worden.

José F.A. Oliver erinnerte an die großen und legendären Eröffnungsabende in den Anfangsjahren des Hausacher Leselenz’, die ebenfalls in der RGG-Aula stattgefunden hatten. Nils Mohl habe zur Begrüßung der neuen Stadtschreiber im vergangenen Juli seine Schwester Wiebke Schuler gesandt, weil er selbst damals verhindert gewesen sei. Nun gestalte sie die Abschiedslesung ihres Bruders zusammen mit den befreundeten Musikern Ulrike Fabian und Hasn-Peter Bestehorn, womit sich der Kreis um den Jugendbuchautor schließe.

Einen gebührenden Abstand zwischen den winterlichen Alltag der Zuhörer und die Lesung des Autors spielten die Musiker mit ihrem äußerst anspruchsvollen "Trio für Flöte, Cello und Klavier" von Bohuslav Martinu. Anschließend gewährte der Schriftsteller einen kurzen Einblick in seine Stadtschreiberzeit und erklärte, warum er ausgerechnet eine elektrische Heizung im Molerhiisle hinterlasse. Zu seiner Stadtschreiber-Ankunft im Oktober habe er sich einiges an Arbeit mitgebracht und während der vergangenen drei Monate unter anderem die Reisereportage "Land der Helden – Litauens ganz eigene Flüchtlingskrise" fertig geschrieben.

Sein persönlicher Weg nach Litauen habe 2011 mit dem 70. Geburtstag seiner Mutter und dem Besuch ihres Geburtsorts begonnen, über ein Stipendium des Goetheinstituts habe er dort drei Jahre später einen Arbeitsaufenthalt verbracht. Im vergangenen Jahr sei schließlich das Berliner Literaturinstitut auf ihn zugekommen und habe wegen einer Flüchtlingsreportage angefragt.

"Die Idee war, verschiedene Schriftsteller loszuschicken und Reportagen schreiben zu lassen", erklärte Mohl. Eigentlich hätte er nach Marokko reisen sollen, doch das Land habe ihm nicht zugesagt – er wollte lieber nach Litauen. Und so trägt sein neues Werk "Land der Helden" im Titel ein Stück weit die Litauische Nationalhymne und mit der Erklärung waren die Zuhörer bereits mitten drin, in der Flüchtlingsgeschichte um Redwan Eid. Aus Damaskus geflohen, wollte er – in Athen gestrandet – eigentlich nach Irland, um schließlich nach Litauen zugeteilt zu werden. In der Vielschichtigkeit des Erzählens förderte Nils Mohl geschichtliche Hintergründe und Eigenheiten über das Land sowie seiner Bewohner zutage und zeichnete ein wenig hoffnungsvolles Bild für Geflüchtete in Litauen. Nebenher erzählt Nils Mohl die Geschichte von Basier, der im italienischen Flüchtlingscamp Idomeni alles daran setzt, um Asyl in Litauen zu bekommen – was ihm schließlich auch gelang und zu großer Bekanntheit im Land verhalf. Zwei unterschiedliche Lebenslinien, die sich ein Stück weit in Litauen begegnen und dazwischen die Frage, ob es nicht vielleicht auch ein Segen sein kann zu merken, dass Europa etwas ist, das alle angeht.

Die Lesung endete unverhofft mit einer Nachricht von Redwan Eid vom 25. Dezember 2016: "I am in a camp in Deggendorf near Munich – I won´t come back to Litauen (ich bin in einem Camp in Deggendorf in der Nähe vn München Ich werde nicht nach Litauennzurückkommen)", womit er sich vermutlich viel Ärger eingehandelt haben wird.

Wenn auch nicht geplant, spielten die Musiker passend dazu den Tagno "Oblivion" von Astor Piazolla, der übersetzt "Vergessen" oder "Nichtbeachten" bedeutet.