Jose F. A. Oliver (links) und Thomas Rosenlöcher diskutieren nach der Lesung in Hausach über Inhalte. Foto: Jehle Foto: Schwarzwälder-Bote

Lesung mit dem Hausacher Stadtschreiber Thomas Rosenlöcher / Lyrik mit Zwischentönen und voller Heiterkeit

Von Evelyn Jehle Hausach. "Sei nicht so ostlastig, das will kein Mensch mehr hören", hatte Thomas Rosenlöchers Frau ihm geraten und "etwas bang auf die Lesung" sei ihm gewesen. Beides hat sich bei der Antrittslesung des aktuellen Hausacher Stadtschreibers am Sonntag erübrigt.Die Zuhörer im bis auf den letzten Platz besetzten Hausacher Sitzungssaal wollten sehr wohl Lyrik aus dem Osten Deutschlands hören und der Dresdner Dichter hatte die Zuhörerschaft bereits nach wenigen Sätzen für sich gewonnen. Mit heutzutage selten gewordener, ungekünstelter Ehrlichkeit erzählte Rosenlöcher davon, wo er herkommt und – möglicherweise – hingeht: "Die Gedichte wissen ja manchmal mehr als man selbst".

In seinen Versen beschreibt Rosenlöcher konkrete Erfahrungen und das in zumeist traditioneller Dichtermanier. Gut ist er sich vorzustellen, wie er des Nachts biertrinkend an der Elbe steht in dem Gedicht "Schneebier". "Eisschollen knirschten lautlos aneinander/Gurgelnde Schwärze löschte alles Weiß/und doch ganz draußen noch unwirklich wahr/ein Winterschwan einwärtsgebogenen Halses."

Er habe das Gedicht auch in Amsterdam vorgetragen, und ein Professor interpretierte es als Metapher der DDR hinsichtlich "frostig und kalt". "Mir war die Interpretation nicht unrecht", sagte Rosenlöcher und entließ eine gewisse Ambivalenz in den Raum, die sich durch die ganze Lesung zog.

Zwischentöne, die manchmal in der Heiterkeit über die humorvollen Schilderungen der "Ostzonenzeit" wie im "Leuchtbild der Banane" vielleicht untergingen. In dem Text wird beschrieben, wie dem "Westbesuch" der Pakete und Präsente willen etwas vor gejammert wird. "Wir brauchten uns als Kontrastmittel", die Westverwandtschaft brauchte die Ostverwandten, um zu merken, wie gut es ihnen und anders herum, um zu merken, wie schlecht es ihnen ging.

Die Banane wurde zum Symbol für "Jemand zu sein". Nicht nur der Verzehr, sondern der Besitz der Banane vermittelte das Gefühl des Auserwähltseins. Fast war sie zu greifen, die Gönnerhaftigkeit der einen und das Gefühl der Dürftigkeit vom anderen. Und auch von der Enttäuschung im Wortsinn berichtet Rosenlöcher, als er aus seinem Tagebuch vorliest und bei einem Kaufhausbesuch das "Konsumverlies" beschreibt. Im Gespräch mit Kurator José F. A. Oliver wurde deutlich, dass Rosenlöcher es mag, wenn es "woanders anders ist". Die "ewig geglättete Welt" und die damit verbundene Nivellierung ist seine Sache nicht. Die Kinzig mit ihren beidseitigen Wiesen mag er, antwortete der Autor auf die Frage aus der Zuhörerschaft, wie es ihm gefalle im Kinzigtal. Und dass er es bedaure, die Fasent teilweise verpasst zu haben. "Das sind Widerstandsleistungen gegen Nivellierungen" und "es ist wichtig, das Zusammenkommen zu definieren".