Rüstig bis ins hohe Alter: Mehr als 100 Oldtimer bei den "Kinzigtal Classics" / Auch 18 PS reichen für die Rallye

Von Alexander Gehringer Mittleres Kinzigtal. 80 Jahre Autogeschichte rollten gestern wieder quer durchs Kinzigtal. Zum vierten Mal zeigten sich Autobianchi, Gangster-Citroën und Buckel-Taunus bei den "Kinzigtal Classics" von ihrer frischesten Seite.

"Die ›Classics‹ sind einfach einmalig – man lernt Gegenden kennen, wo man sonst nie durchfährt, und Strecken, die man noch genießen kann", schwärmt Eberhard Winterer aus Haslach, bevor er mit seinem Fiat 500 von 1971 am Start bei der Hansgrohe-Aquademie in Schiltach vorfährt. Selbst mit nur 18 PS – sein schnuckliger Topolino packt jede Steigung. "Mit ihm fahre ich immer noch an den Gardasee und nach Südtirol", strahlt der Oldtimer-Fan.

Dagegen sind die gefühlten 700 Kurven der "Classics"-Rallye für sein fast 40 Jahre altes Gefährt ein Leichtes: Über Alpirsbach, Reinerzau und Schenkenzell geht’s hoch nach Sulgen und auf die Sommerau; über Triberg, Schonach und Hornberg erreichen die Oldies schließlich Hausach. Wie immer ist die Strecke garniert mit anspruchsvollen Aufgaben – die natürlich erst an den Stationen verraten werden: So müssen die Teilnehmer etwa blind auf einen Strohballen zufahren oder wissen, dass der Vierpunktgurt 1903 als Patent angemeldet wurde. Auf die Besten wartet der Neumayer-Tekfor-Nockenwellenpokal. Mehr als 100 Auto- und Motorradfahrer – die am weitesten Gereisten kommen aus Kaarst und dem schweizerischen Münchenstein – hat Organisator Jakob Wolber in diesem Jahr nach Hausach gelockt. Jahrzehnte von Auto-Träumen rollen mit den Escorts, Prinzen und Rekorden am Publikum vorbei, mal auf leisen Sohlen, mal mit vollem Rohr – und immer kompetent anmoderiert von Gotthard Haas.

Dass der Citroën 11 CV wegen seiner guten Straßenlage auch "Gangster-Citroën" hieß, der Ford Granada sich dank seiner Größe bestens für den Heimaturlaub der "Gastarbeiter" eignete und daher den Beinamen "Türken-Benz" trug oder der VW Karmann Ghia mit seiner einteiligen Karosserie den Bastler verzweifeln ließ: Gotthard Haas hat jedes Detail parat und macht seinem Ruf als "wandelnde Oldtimer-Wikipedia" wieder alle Ehre. Das i-Tüpfelchen aus der guten alten Zeit setzt am Ziel die Band "Prime of Life" aus Haigerloch mit Jazz-Klängen. Das Oldie-Gefühl hautnah erfahren darf auch Hausachs Bürgermeistergattin Ulrika Wöhrle: als Beifahrerin im Jaguar SS 100. "Super war’s, ich bin sogar selbst ein Stück gefahren", erzählt sie hinterher begeistert. "Ein richtig toller Sound, so wie ich mir einen alten Rennwagen vorstelle."