Die Kafka-Band beeindruckte im Konzert mit düsterer Bodenständigkeit und zarter Zerbrechlichkeit. Foto: Störr Foto: Schwarzwälder-Bote

Offizielle Leselenzeröffnung mit Festansprachen, "Kafka. Das Schloss live" und tschechischem Band-Projekt

Von Christine Störr

Hausach. Der Hausacher Leselenz ist offiziell eröffnet, das Literaturfestival präsentiert 2014 mit etwa 80 Autoren, Regisseure, Produzenten, Musiker, Künstler, Dozenten, Verleger, Werkstattleiter und Moderatoren. Am Freitagabend war die Hausacher Stadthalle sehr gut besucht.

"Die Kultur auf dem Land muss den teuren Shows der Metropolen in nichts nachstehen", betonte Hausachs Bürgermeister Manfred Wöhrle in seiner Eröffnungsrede. Parallel zum großen Spektakel der Fußball-Weltmeisterschaft finde der Leselenz statt und verspreche ebensoviel Spannendes, wie das WM-Finale am Sonntag: "Hausach ist die Literaturhauptstadt des ländlichen Raums und bietet beste Voraussetzungen für das große Literaturfestival, dessen Programm fast nicht zu toppen ist."

Initiator José F. A. Oliver habe bei der Zusammenstellung des Leselenzes wieder viel Gespür und ein gutes Gefühl bewiesen. "Es ist dein 17-jähriges Kind und ich hoffe, du kannst es noch in ein langes Leben begleiten", wünschte Wöhrle und mit ihm das applaudierende Publikum.

Der Kuratoriumsvorsitzende der Neumayer-Stiftung, Martin Gutsche, überbrachte seine Grüße, großen Dank und Ermutigung. Er komme jedes Jahr gerne aus Oldenburg nach Hausach und lobte die Nachhaltigkeit, die Vernetzung und die Ausbreitung des Leselenzes. Die Neumayer-Stiftung verstehe sich als kritischer Freund, was in der Zusammenarbeit bisher immer gut funktioniert habe.

FAZ-Korrespondent Dirk Schümer führte dann in das Herzstück des Abends ein und schlug den Bogen vom bekannt bedrückenden Schriftsteller über den Komiker bis hin zum Landmann Franz Kafka. Er habe sein Geld mit Unfallverhütungsvorschriften verdient, denn seine Literatur hätte keinen Pfennig abgeworfen und außerdem seien zu seiner einzigen Lesung in München lediglich fünf Zuhörer erschienen.

"Heute wäre das ganz anders, da könnte eine halbe Industrie von ihm leben", sagte Schümer. Als Stadtmensch auf dem Land habe Kafka die fiktive Angst vor Unfällen in seiner eigenen, absurd vertrackten bis lakonisch düsteren Art in Texten verarbeitet. Und wenn man seine Liebe zu Slapstick-Filmen bedenke, lese man viele seiner Texte ganz anders.

"Das ist der Kosmos, in dem wir uns bewegen", leitete Schümer zur Kafka-Band über. Im Gespräch mit Bandleader Jaroslav Rudis wurde schnell deutlich, dass Comic und Konzert zu Kafkas unvollendetem Roman "Das Schloss" von dessen bedrückendem Geist beeinflusst wurden.

"K. kommt in ein altes Schloss im Altvatergebirge und wird nicht gut aufgenommen. Als Fremder betritt er eine Kneipe, in der ihn alle anstarren. Aus diesem Gefühl heraus sind insgesamt zehn Stücke entstanden", erklärte Rudis. Vor dem eigentlichen Konzert lief ein schwarz-weiß Video, in dem die Scherenschnitte wie grobe Holzschnitzereien wirkten.

Mit der "Ankunft" und dem ersten Satz des Romans begann dann die Kafka-Band ihr Live-Konzert, das die Hausacher Stadthalle erbeben lies. "Es war spät abends, als K. ankam. Das Dorf lag im tiefen Schnee. Vom Schlossberg war nichts zu sehen", las Rudis zur Musik der Band. Zeichner Jaromír 99 hatte nicht nur die Bilder zum Eingangsvideo geschaffen, sondern bewies sich auch als hervorragender Sänger.

Und so wechselten die Musikstile und Rhythmen, die sich in einem sehr ähnlich blieben: In der Mischung aus düsterer Bodenständigkeit, rauer Leidenschaft und zarter Zerbrechlichkeit. Am Ende war der Applaus riesig und als Zugabe bekamen die Gäste von der Kafka-Band eine deutsche Uraufführung von drei vertonten Kurzgeschichten.