Über Mobilfunkanlagen wie diese in Hornberg werden die Bürger mit Handynetz und mobilen Daten versorgt. Foto: Forth

Das mobile Netz könnte eine Chance für das Internet im Kinzigtal sein

Heute haben wir das Handy fast immer bei uns. Es ist beim Frühstück so selbstverständlich mit dabei wie beim ersten Date oder in der Badewanne. Doch was heute alltäglich ist, war vor einigen Jahrzehnten höchst selten, umständlich und vor allem teuer. Und besonders im Kinzigtal fordert der stete Wechsel von Berg und Tal der Mobilfunktechnik einiges ab.

Leben ohne Handy

Erich Maier war 45 Jahre lang Förster in Welschensteinach und erinnert sich noch an die 50er-Jahre, in denen es keinen Mobilfunk im Ort gab: "In der alten Bäckerei im Dorf gab es drei oder vier Telefone", sagt der Ortsvorsteher. Dorthin seien dann auch die Hebammen und Ärzte gekommen, um zu telefonieren. Zum Geburtstag habe er dort auch die Telegramme mit den Glückwünschen abgeholt, sagt Maier. Später, als Förster, habe er ein Funktelefon im Wagen gehabt, das er zum Telefonieren dann aufs Dach gestellt habe. "Das war früher ganz umständlich", erinnert er sich.

Rasante Entwicklung

Langsam hielten die Telefone Einzug in die Haushalte. Vom flächendeckenden Mobilfunk kann aber erst ab 1958 die Rede sein, als die Bundespost das A-Netz einführt. Die Empfangsgeräte waren so groß, dass sie meist im Kofferraum platz fanden, das Gespräch musste handvermittelt werden und brach ab, wenn der Funkbereich verlassen wurde. Zudem musste bis zu 245 Mark Nutzungsgebühr zahlen.

Auch das B-Netz kommt nicht über fünfstellige Nutzerzahlen hinaus. Erst das C-Netz, das 1985 in Deutschland offiziell eingeführt wurde, bringt bahnbrechende Neuerungen wie gemeinsame Vorwahlen für Mobilfunkteilnehmer, den problemlosen Wechsel in ein anders Funkgebiet und eine deutlich größere Teilnehmerzahl von rund 850 000. Erst seit der Einführung des "Global System for Mobile Communication" (GSM) im Jahr 1992 wird die Grundlage für die heutigen Mobilfunknetze geschaffen – und die Branche erlebt einen Boom. Die Teilnehmerzahl lag laut Bundesnetzagentur zum Start der GSM-Technik bei 530 000. Bis 2011 stieg die Zahl der Nutzer auf rund 114 Millionen und stagniert dort seitdem. Mit diesem Trend ist das Handy von einem tragbaren Telefon zu einem Lifestyleprodukt geworden, das zu viel mehr dient als der bloßen Kommunikation.

Schleppender Ausbau

Für viele Handynutzer gehört es bei diesem Lebensstil dazu, immer und überall erreichbar zu sein und Daten schnellstmöglich herunterladen zu können – am besten mit 3G und LTE. In den größeren Gemeinden im Kinzigtal ist das kein Problem: Internet und Handynetz sind nahezu überall verfügbar. In den Seitentälern sieht das hingegen ganz anders aus. Fritz Ruf, Hauptamtsleiter in Gutach, macht seinem Ärger über den angepriesenen Breitbandausbau im ländlichen Raum Luft: "Das sind nichts als warme Worte", sagt er. Gutachs Ortskern sei zwar gut versorgt, jenseits der Bahngleise Richtung Hausach sehe es aber eher mau aus. Die schlechte Anbindung sei auch ein Problem für die örtlichen Firmen, sagt Ruf.

Hubertus Kischkewitz, Pressesprecher der Deutschen Telekom, versucht zu erklären: "Die Topografie der Region stellt uns im Festnetz wie im Mobilfunk vor besondere Herausforderungen." Doch gerade im Kinzigtal könnte eine langsame Internetverbindung mit einer neuen Funktechnik beschleunigt werden.

Eine Alternative

Zwar soll bis 2018 ein Großteil der Haushalte im Kinzigtal mit Breitband-Internetzugang ausgestattet sein, "für die übrigen Anschlüsse kommt aus wirtschaftlichen Gründen wahrscheinlich nur eine Versorgung über Mobilfunk in Betracht, da ein kostendeckender Festnetzausbau schlichtweg nicht darstellbar ist", sagt Kischkewitz. Dies gelte für sämtliche Anbieter.

Nach Informationen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur steht eine schnelle Internetverbindung von 50 Mbit/s oder mehr bereits einigen Haushalten in Wolfach, Hausach und Haslach zur Verfügung. In den kommenden Wochen soll es auch in Gutach weitere Termine mit dem Netzbetreiber geben. Der Bau eines Sendemastens für die 2010 eingeführte Long-Term-Evolution-Technik (LTE) auf dem Moserstein steht im Raum. Ähnliche Mobilfunkmasten wurde laut Kischkewitz bereits in Welschensteinach, Haslach und Wolfach aufgestellt. "Festnetz und Mobilfunk über einen Technologiemix zu betreiben, das ist unser Bestreben", sagt er.

Die Zukunft

Zukünftig könnte die Bündelung der Daten über Festnetz und Funkverbindungen, die für schnelleres Internet sorgen soll, eine Lösung für das Tal sein. Kischkewitz rechnet damit, in wenigen Jahren über diese Technik einen "breitbandigen Anschluss" mit 50 bis 150 Mbit/s anbieten zu können. Erich Maier, Ortsvorsteher von Welschensteinach, zeigt sich mit dem bisherigen Ausbau in seinem Ort zufrieden. "Bei uns liegt Glasfaser bis zur Allmendhalle", sagt er, "für die Hauptwohngebiete ist das eine deutliche Verbesserung." Natürlich gebe es bei Internet und Mobilfunk noch weiße Flecken, sagt er, wie im Niederbach und im Allmend. Hier müsse man den Ausbau noch weiter vorantreiben. "Die Leute wissen aber, wo es nicht funktioniert", meint Maier. Florian Forth

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