Sören Fuß gedenkt des Polen, der 1942 exekutiert worden ist. Foto: Kleinberger

Vor 75 Jahren wird polnischer Zwangsarbeiter hingerichtet. Grund ist Beziehung zu einer Deutschen.

Haslach - Die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten hat auch vor Haslach nicht Halt gemacht. Ein polnischer Zwangsarbeiter ist vor 75 Jahren wegen seiner Liebe zu einer Deutschen hingerichtet worden.

Sören Fuß, der Leiter der Gedenkstätte Vulkan und Mitglied des Historischen Vereins, berichtet über die Hinrichtung von Jan Ciechanowski. Sie geschah am Bächlewald zwischen Haslach und Hofstetten.

"Als Ciechanowski hingerichtet wurde, waren die demokratischen Strukturen in Deutschland durch die nationalsozialistische Diktatur schon fast zehn Jahre außer Kraft gesetzt", schreibt Fuß. "Menschenverachtende Verbrechen waren seit Jahren an der Tagesordnung."

Aus den besetzten Gebieten wurden Zwangsarbeiter nach Deutschland deportiert, die auch in der Landwirtschaft eingesetzt wurden. "Je nach der politischen Einstellung der Landwirte und vor allem der menschlichen Grundhaltung entwickelte sich aber oft ein freundschaftliches Miteinander. Dabei blieb es nicht aus, dass bisweilen aus Freundschaft Liebe wurde. Intime Beziehungen waren aber als Rassenschande in den Augen der Nationalsozialisten ein schweres Verbrechen, das mit der Todesstrafe geahndet wurde", informiert Fuß. Allein in Südbaden wurden laut Fuß in den Jahren 1941 und 1942 mehr als 40 polnische Zivilarbeiter erhängt. Zwei von ihnen in Ichenheim, einer in Schiltach und Ciechanwowski am 24. November 1942 in Haslach.

Der 31-Jährige wohnte und arbeitete im Ullerst in Hofstetten. Er war als freundlicher und fleißiger Arbeiter bekannt und sehr beliebt. Allmählich entwickelte sich ein enges Verhältnis zu einer deutschen Frau. Diese Beziehung wurde der örtlichen Parteiführung angezeigt.

Ciechanowski wurde verhaftet und in das Gerichtsgefängnis in Offenburg eingeliefert. Die Gestapo nahm Ermittlungen auf und bat das Reichssicherheitshauptamt im Berlin um Genehmigung der "Sonderbehandlung". Nachdem diese am 8. Oktober 1942 erteilt worden war, organisierte die Gestapostelle in Offenburg die Hinrichtung.

"Am 21. November 1942 wurden die Bürgermeisterämter in Haslach, Steinach, Fischerbach und Mühlenbach über den Ablauf der Hinrichtung ›wegen des verbotenen Umgangs mit einer deutschen Frau‹ unterrichtet. Die in ihren Gemeinden eingesetzten ›polnischen Landarbeiter‹ sollten um 7.30 Uhr vor dem Hofstetter Rathaus erscheinen. Um 9 Uhr mussten zwei Polen die Exekution ihres Landsmanns am eigens erstellten Galgen nahe der Gemarkungsgrenze von Hofstetten und Haslach durchführen", erklärt Fuß den Ablauf.

Der Leichnam Ciechanowskis wurde demnach noch am selben Tag in einer Kiste auf einem offenen Lieferwagen nach Haslach gebracht und von dort in die Anatomie nach Freiburg überführt.

"Neben den Exekutionen von polnischen Zwangsarbeitern als Folge verbotener Liebesbeziehungen wurde auch das Verhalten der deutschen Frauen überprüft. Auch sie wurden mit unmenschlicher Strenge behandelt. Viele kamen ins Gefängnis oder in Konzentrationslager, andere wurden als ›Polenliebchen‹ mit kahl geschorenem Kopf der Bevölkerung zur Schau gestellt. Auch wenn sie wie im vorliegenden Fall den Krieg überlebten, so lässt sich nur erahnen, welchem Druck und welcher Belastung sie ausgesetzt waren", schreibt Fuß.

INFO

Aufarbeitung der NS-Geschichte Haslachs

 > "Auch das Gedenken an den tragischen Tod von Ciechanowski spiegelt ein Stück Nachkriegsgeschichte wider. Am 18. Februar 1946 wurde ein Gedenkstein an der Kreisstraße zwischen Hofstetten und Haslach aufgestellt. Wenige Jahre danach war er plötzlich verschwunden. Erst 1985 beschloss der Haslacher Stadtrat nach zwei Anläufen, am Ort der Hinrichtung die heutige Gedenkstätte zu errichten", blickt Sören Fuß zurück.

 > "Inzwischen wird die Aufarbeitung der NS-Gewaltherrschaft nicht nur in Haslach unverkrampfter und verantwortungsbewusster geleistet. Die KZ-Gedenkstätte Vulkan und der Weg des Erinnerns zum Gedenken an Hunderte von Lagerhäftlingen erinnern genauso wie die in Haslach verlegten Stolpersteine an die vielen Einzelschicksale, zu denen auch die Ermordung von Jan Ciechanowski gehört", gibt Fuß eine Bestandsaufnahme der heutigen Situation.