Die Kunsthistorikerin und Galristin Birgit Strehler hält am Sonntag, 8. Oktober, einen Vortrag über Merian. Foto: Strehler

Praxis zeigt Werke von Merian

Maria Sibylla Merian gilt als eine der namhaftesten Künstlerinnen, aber auch eine der bedeutendsten Naturforscherinnen ihrer Zeit. Bevor das Frankfurter Städel-Museum ihr eine Ausstellung widmet, sind ihre außergewöhnlichen Werke in Haslach zu sehen.

Haslach. Im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten berichtet Kuratorin Birgit Strehler leidenschaftlich von Merian, die eine außergewöhnliche Frau gewesen sei. In einer Zeit, in der Frauen unreflektiert als das "schwache Geschlecht" galten und gegenüber Männern in der Gesellschaft wenig zu melden hatten, suchte sie sich ihren eigenen Weg. Im 17. Jahrhundert als Frau allein auf eine Studienreise zu gehen: "Bemerkenswert", sagt Strehler.

Merian hat als alleinreisende, selbstbewusste Frau die Konventionen der damaligen Zeit gebrochen. Strehler bezeichnet sie als "moderne Frau", die unter anderem als Geschäftsfrau selbst aktiv wurde. Merian gilt überdies als Wegbereiterin der modernen Insektenkunde. Denn auf einer zweijährigen Studienreise nach Surinam, die ihr der Gouverneur der damals niederländischen Kolonie ermöglichte, fertigte sie zahlreiche Zeichnungen des Entwicklungszyklus von Schmetterlingen. Dies war revolutionär, denn bis dahin hatte die aus der Antike stammende Lehrmeinung vorgeherrscht, Insekten entstünden aus einer Art Urschlamm. Merians Beobachtungen in Surinam und Zeichnungen derselben trugen laut Strehler immens dazu bei, die moderne Forschung zu etablieren. Ihr Werk "Metamorphosis insectorum Surinamensium" sei von großer Bedeutung. "Damals verkauften sich aber Stillleben mit Blumen oder Obst besser", erklärt Strehler. Die Geschäftsfrau Merian verband ihre naturwissenschaftlichen Zeichnungen mit solchen Elementen.

Familie hat deutlichen Bezug zum Kinzigtal

Aber warum werden die Werke ausgerechnet in Haslach gezeigt? "Die Familie Merian hat tatsächlich einen Bezug zum Kinzigtal und auch zu Haslach", sagt Strehler. Der Vater Matthäus Merian der Ältere war Kupferstecher und für seine Stiche von Städten weithin bekannt. Der Merian-Verlag, bekannt für seine Stadtansichten und Landkarten, geht auf ihn zurück. Um seine berühmten Stadtansichten reißen zu können, bereiste er die entsprechenden Regionen. Eine Wanderung führte ihn bis Straßburg und auch durchs Kinzigtal. Das entsprechende Buch mit Stichen der Region hat Strehler im Gepäck, wenn sie am Sonntag, 8. Oktober, in den Räumen der Zahnarztpraxis Sander in der Haslacher Hauptstraße einen Vortrag über Maria Sibylla Merian hält. "Es ist ein Original", kündigt sie an.

Wertvolle Originale in der Hansjakobstadt zu sehen

Originale werden es auch sein, die in der Ausstellung selbst zu sehen sind. Die Künstlerin – über die wir in einem weiteren Artikel noch einmal gesondert berichten werden – hat Kupferstiche angefertigt, mit deren Hilfe die Zeichnungen zwar einfacher zu reproduzieren waren. "Aber auch die Haltbarkeit von Kupferstichen ist begrenzt", erklärt die Kuratorin. Nach 100 bis 150 Abzügen kann ein Stich nicht mehr verwendet werden. Strehler wird neben dem Bildband mit Stadtansichten auch andere Folianten dabei haben, unter anderem eine wertvolle Erstausgabe von Merians Surinam-Buch.

Die Bedeutung der Künstlerin und Forscherin belegt die Reise, die die Werke kurz nach dem "Gastspiel" in Haslach antreten: anlässlich des 300. Todesjahres von Merian, die 1717 starb, werden sie anschließend im Frankfurter Städel-Museum zu sehen sein.

"Maria Sibylla Merian ist eine faszinierende Persönlichkeit", schließt Strehler. Die Faszination ist auf sie übergesprungen, das ist beim Gespräch spürbar. Am Sonntag, 8. Oktober, wird die Kuratorin einen Vortrag über Merians Werke und ihre bemerkenswerte Lebensgeschichte halten. Bereits am Freitag, 6. Oktober, wird auf 19 Uhr zur Vernissage in die Praxis Sander eingeladen.

INFO

Zur Person

 > Die Kunsthistorikerin und Galeristin Birgit Strehler wird am Sonntag, 8. Oktober, um 12 und um 15 Uhr einen Vortrag über Maria Sibylla Merian halten.  

> Strehler führt zusammen mit ihrer Mutter Brigitte Strehler das renommierte Kunstkabinett Strehler in Sindelfingen. Schon seit vielen Jahren hat sich dieses auf die Malerin und Forscherin spezialisiert. Birgit Strehler gilt als eine hochrangige Expertin für das Werk der Maria Sibylla Merian und wird in ihrem Vortrag im Kontext der Ausstellung das Leben und Werk der bekannten Künstlerin und Naturforscherin von verschiedenen Seiten beleuchten.