In der Tagespflege gibt es keine Routine

Hedwig Himmelsbach hat eine Glückssträhne: erst legt sie die grüne Zwölf an, dann passt auch noch die Dreizehn. Zusammen mit den anderen älteren Damen und der Pflegerin Lioba Armbruster legt sie bei "Elfer raus!" Karte um Karte ab. In der ersten Runde habe ich noch geholfen", sagt Armbruster, die zweite hätten die Frauen dann schon fast alleine gespielt. Und genau darum geht es in der Tagespflege der Sozialstation in Haslach: "Der Fokus liegt auf Beschäftigung und Aktivierung", sagt Pflegedienstleiter Frank Schönwetter. Bei vielen käme die Feinmotorik zurück, wenn man mit ihnen spielt.

Mit zwei Fahrzeugen werden die Tagesgäste, die aus allen Seitentälern der Raumschaft kommen, morgens abgeholt. Rund 50 Kunden hat die Tagespflege, 16 davon sind heute in den mit bunten Bildern und Blumen geschmückten Räumen der Caritas. Sie beschäftigen sich mit Karten- und Brettspielen, halten den einen oder anderen erheiternden Plausch und werden auch sonst gut versorgt. Wer dies aus eigener Kraft nicht mehr kann, bekommt persönliche Betreuung.

Seit am 1. Januar das erste Pflegestärkungsgesetz verabschiedet wurde, konnte auch in Haslach ein Betreuungsplatz geschaffen werden. Die gelernte Pflegehelferin Anja Stadler kümmert sich halbtags mit kleinen Massagen und netten Gesprächen um die Menschen, die sich alleine nicht mehr beschäftigen können. "Vorher musste neben der Pflege noch betreut werden. Das ging natürlich unter", sagt Stadler. Sie merke aber, dass die Menschen wieder stärker auf Reize von außen reagieren.

Der Bedarf an der Tagespflege sei durchaus da, sagt auch Petra Obert, die für die Koordination zuständig ist. Sie organisiert die Pläne der sechs Fahrer, teilt die Dienste der acht Pfleger und Betreuer ein und stellt mit ihrer Steckkartenwand sicher, dass immer genügend, aber nie zu viele Gäste da sind.

Zuhause werden viele ältere Menschen von der Familie gepflegt, sagt Obert: "Der Tag an dem sie hier sind, ist für die Familie wie ein freier Tag." Eine Warteliste für einen Platz in der Station gebe es bereits. Auch daran merke man, dass die Angehörigen seit der Anhebung der Zuschüsse im Januar mehr Geld für die Tagespflege zur Verfügung haben. "Plätze werden aber nur frei, wenn jemand ins Pflegeheim geht oder stirbt – das ist die Realität."

Ein Tag in der Pflege kostet hier zwischen 56,80 Euro (Pflegestufe 0) und 74,24 Euro (Pflegestufe III). Darin enthalten sind bereits der Eigenanteil von 17,70 Euro sowie Verpflegung und Miete.

Mit dem Stärkungsgesetz bekommen die Angehörigen einen Zuschuss von 100 Prozent, vorher lag er nur bei der Hälfte. Damit stehen bei Pflegestufe III nun jeden Monat 1612 Euro für die Tagespflege zur Verfügung, die Kosten sind gedeckt.

Die Pflegestufen wurden vor mehr als 20 Jahren im Sozialgesetzbuch festgelegt. "Manchmal hakt es an der Flexibilität", sagt Obert, die eine feinere Abstufung in der Pflegestruktur vermisst. "Ich habe die Hoffnung, dass sich da etwas tun wird", sagt sie. Laut dem Bundesamt für Gesundheit werden seit 2014 neue Pflegestufen erprobt, die im zweiten Pflegestärkungsgesetz 2017 eingeführt werden sollen.

Doch schon jetzt fühlen sich die meisten Tagesgäste wohl. "Ich bin schon zehn Jahre hier", sagt eine der älteren Damen, "da muss es einem doch gefallen." Florian Forth