Ausdrucksstark und mit viel schauspielerischem Talent gesegnet: Nachtwächter Herbert Rittershofer (rechts). Foto: Kleinberger Foto: Schwarzwälder-Bote

Rundgang: Nachtwächter Herbert Rittershofer erzählt von Haslach in alten Zeiten

Hört, ihr Leut’, und lasst euch sagen ...": Manchmal hört man ihn noch rufen, den Nachtwächter von Haslach. Dann nämlich, wenn er im Rahmen einer Stadtführung seine Runden dreht, so wie es in der Vergangenheit üblich war.

Rund 30 Teilnehmer haben sich in der Dämmerung am Alten Kapuzinerkloster eingefunden. Pünktlich um 20 Uhr bläst Herbert Rittershofer, der die Kleidung des Haslacher Nachtwächters angelegt hat, ins Horn. Und dann beginnt er zu erzählen.

Das Kloster ist ab 1630 innerhalb von zwei Jahren errichtet worden. Die 8000 Gulden, die der Bau kostete, entsprechen rund 64 000 Euro. Ein Fünftel hätten die Mönche, die ein Armutsgelübde ablegten, durch die Hexenprozesse finanziert: Konkret durch Enteignungen der Verurteilen. Zunächst erklärt der Nachtwächter seinen gebannt lauschenden Zuhörern, was die mutmaßlichen Hexen erwartet. Mitten im Satz unterbricht er sich und schaut die beiden jüngsten Gäste an: "Könnt ihr überhaupt noch schlafen, wenn ich euch das erzähle?" Er erspart ihnen die grausamen Details einer Zeit, die Mancher im "dunklen" Mittelalter vermutet, die jedoch erst nach dessen Ausklang an Fahrt gewann. Das Programm immer wieder neu auf die jeweilige Situation abzustimmen, liegt Rittershofer offenbar im Blut.

Lange beschäftigt er sich an diesem Abend mit dem Kloster, erzählt von der Auflösung 1806 und dem besonderen Schutz, den die hiesigen Mönche noch bis 1843 genossen. Einer der letzten Pater sei "stocktaub" gewesen, "da sind die Haslacher natürlich gern zum Beichten gegangen." Gelächter in der entspannten Runde. Viele der Teilnehmer sind Haslacher und wollen am lauen Sommerabend mehr über ihre Heimat erfahren.

Schlagfertige Erzählungen

Rittershofer erzählt – von den Fürstenbergern, der Fasent von Haslacher Originalen, Stadtbänden und natürlich von Heinrich Hansjakob, der ein echter Lausbub gewesen sein muss – und versteht es dabei immer wieder, seine Zuhörer mit einzubeziehen. Er beantwortet bereitwillig Fragen und reagiert schlagfertig auf manchen Einwurf. Als das Trompetenspiel, das vom Haus der Musik herüberklingt, zu laut wird, zückt er kurzerhand das Horn, kündigt an: "Das kann ich auch", und antwortet. Die Gäste lachen.

Natürlich erzählt er auch von Haslach und dem Storch – eine magische Verbindung, die in der Hansjakobstadt mit zahlreichen Traditionen wie dem Storchentag zelebriert wird. Wie auf Kommando zeigt sich das Paar, das die letzten Sommertage auf dem Kirchturm zu genießen zeigt, und streckt die Köpfe zu der großen Gruppe herunter.

Gut zwei Stunden führt Rittershofer, der auch Haslachs Oberhemdglunker ist, seine Zuhörerschar durch die Nacht. Lange erklärt er die Bedeutung verschiedener Symbole im Fachwerk der alten Häuser.

Und wie steht es um den Wahrheitsgehalt seiner zweifellos unterhaltsamen Geschichten? "Manches ist Fakt, manches denk’ ich mir aus", sagt Rittershofer später. "Hauptsache ist, dass die Leute bei der Führung Spaß haben." Er lächelt verschmitzt.                                                  Lisa Kleinberger