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Bundestags- abgeordneter hält Haslacher Tunnel für unrealistisch

Haslach. Der neue Bundesverkehrswegeplan wird im Laufe des Jahres verabschiedet. Auch die Haslacher Umfahrung steht im vordringlichen Bedarf. Aber kann mit der Umsetzung auch gerechnet werden? Der SchwaBo hat mit Thorsten Frei, CDU-Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Schwarzwald-Baar/Oberes Kinzigtal, unter anderem über die Planung gesprochen.

Herr Frei, in der Region ist Haslach ein absolutes Nadelöhr. Wie bewerten Sie es denn, dass die Umfahrung nun endlich im vorrangigen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans steht?

Sie sagen, dass alles, was im neuen Bundesverkehrswegeplan steht, realisiert werden soll. Das bedeutet aber wahrscheinlich auch, dass Haslach sich darüber klar werden muss, ob es den Tunnel oder die oberirdische Variante will.

Ja. Die Ortsumfahrung Haslach ist im vordringlichen Bedarf mit 45,1 Millionen Euro auf einer Länge von 3,4 Kilometern festgesetzt. Was wir jetzt schaffen müssen, ist zunächst einmal eine realistische Lösungsvariante, aber eben auch eine, die den besonderen Bedürfnissen der Stadt gerecht wird. Das steht für mich außer Frage. Haslach ist ein Flaschenhals. Andererseits ist natürlich auch zu respektieren, dass Haslach eine Lösung möchte, die eine hohe städtebauliche Qualität hat. Ich bin mir nicht sicher, ob das die Tunnellösung sein kann. Die wird mit Kosten verbunden sein, die wahrscheinlich dazu führen werden, dass am Ende gar nichts gebaut wird. Aber zwischen einer Ideallösung und dem, was für die Stadt Haslach nicht akzeptabel wäre, gibt es meines Erachtens auch Graubereiche.

Ich habe Sie richtig verstanden, dass Sie den Tunnel nicht für realistisch halten?

Ich glaube nicht, dass er realistisch ist. Die Kosten eines Tunnels wären so hoch, dass es für jeden, der unserer Region nicht gutwillig gegenübersteht, eine Begründung wäre, dieses Projekt auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben. Dafür ist dieses Projekt aber für die gesamte Region zu wichtig. Die Chancen, was die überörtliche Betrachtung der Straße anbelangt, sind sehr gut. Beim Kosten-Nutzen-Verhältnis im Bundesverkehrswegeplan ist die Ortsumfahrung Haslach bei mehr als zehn angesetzt.

Das heißt?

Der Nutzen beträgt gegenüber den Kosten in etwa das Zehnfache. Wir haben andere Straßen, die auch in den vordringlichen Bedarf gekommen sind, bei denen das anders aussieht. Die Talstadtumfahrung Schramberg beispielsweise, die insbesondere für die Menschen in Gutach oder Hornberg wichtig ist, hat ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von 2,2. Daran kann man sehen: Das Verhältnis bei der Ortsumfahrung Haslach ist außergewöhnlich gut. Auch im deutschlandweiten Vergleich. Deswegen bin ich davon überzeugt, dass die Straße realisiert werden kann.

Bleiben wir bei der Talstadtumfahrung. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist nicht besonders hoch, sagten Sie. Ist diese Umfahrung Ihrer Ansicht nach dann überhaupt nötig?

Absolut. Ich unterstütze das Vorhaben daher, auch wenn es ein weiteres ist, das nicht in meinem Wahlkreis liegt, ihn aber direkt tangiert. Dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis in Schramberg nicht ganz so gut ist, liegt daran, dass die Umfahrungsstrecke etwa so lang ist wie in Haslach: Etwa 3,4 Kilometer, die Kosten liegen allerdings bei 116 Millionen Euro. Denn hier wird ein Tunnel geplant. Man darf die B 33 aber nicht nur in Ortsumfahrungen denken. Das sind Mosaiksteine eines Bildes, und das Gesamtbild muss eine leistungsfähige Ost-West-Verbindung zwischen den beiden Autobahnen sein. Da gehört meines Erachtens die Talstadtumfahrung dazu.

Ist für Sie denn nachvollziehbar, dass die Talstadtumfahrung offenbar gar nicht mehr im vordringlichen Bedarf steht?

Sie ist im vordringlichen Bedarf. Aus meiner Sicht ist die Straße dringend notwendig und wird entsprechend priorisiert. Fakt ist allerdings: Rechtlich entscheidend sind die Bedarfspläne und Ausbaugesetze des Bundestags, die voraussichtlich im Dezember kommen. Das heißt, das parlamentarische Verfahren beginnt erst jetzt. Deshalb kommt es in den nächsten drei Monaten entscheidend darauf an, dass wir unsere Interessen entsprechend vertreten.

Wann ist die Einführung der Maut auf den Bundesstraßen geplant?

Spätestens 2018. Es ist so, dass wir derzeit gut 3000 Bundesstraßenkilometer in Deutschland für Lkw bemautet haben. Die Bundesregierung hat beschlossen, zum 1. Juli 2018 die Maut auf sämtliche 40 000 Bundesstraßenkilometer in Deutschland auszuweiten. Damit werden zusätzliche Einnahmen von etwa zwei Milliarden Euro jährlich in die Kassen des Bundes gespült werden. Das Ziel ist, dass dieses Geld ausschließlich und zusätzlich für den Ausbau der Straßenverkehrsinfrastruktur eingesetzt wird.

Wenden wir uns noch dem Thema Energie zu. Wir haben allein im Kinzigtal mittlerweile rund 20 Windkraftanlagen. Der Protest mehrt sich – werden es zu viele Anlagen?

Ob zu viele oder zu wenig, hängt ganz entscheidend davon ab, ob sie wirtschaftlich betrieben werden können. Wir werden das Erneuerbare-Energien-Gesetz weiter so verändern müssen, dass wir zu einer Lösung kommen, mit der Windkraftanlagen oder auch andere Formen der regenerativen Energie nur dort betrieben werden, wo es auch wirtschaftlich möglich ist.

Wie lassen sich Energiewende und Bürgerinteressen verbinden?

Wir brauchen eine stärkere Marktorientierung. Dass es gewisse Einschränkungen gibt, damit werden wir leben müssen. Ich nehme Befürchtungen sehr ernst. Wir leben in einer wunderschönen Natur- und Kulturlandschaft. Damit muss man auch verantwortlich umgehen. Aber ich gebe an dieser Stelle auch zu bedenken, dass Hochspannungsleitungen im Zweifel auch nicht zur Verschönerung der Landschaft beitragen. Man muss am Ende einen Mittelweg finden, der unseren Interessen gerecht wird, aber eben auch einem starken Industrieland wie Baden-Württemberg und unserer Region.   Die Fragen stellte Lisa Kleinberger.