Das Trinkwasser aus Reinerzau fließt in den Übergabebehälter nach Hornberg (rechtes Bild). Die Füllmenge wird computerüberwacht. Von dort geht es in die fünf Hochbehälter der Stadt. Von diesen kommt das Trinkwasser dann schließlich in die Haushalte. Foto: Schwarzwälder-Bote

Ein Großteil des Trinkwassers für das Mittlere Kinzigtal kommt aus Reinerzau

Es ist jeden Morgen ein Genuß, unter der Dusche das prickelnde klare Wasser auf der Haut zu spüren. Anschließend gibt es Kaffee – auch dazu brauche ich frisches Leitungswasser. Aber woher kommt dieses überhaupt?

Viele Städte und Gemeinden im Mittleren Kinzigtal haben eigene Quellen. Neun davon beziehen zusätzlich Wasser von der Wasserversorgung Kleine Kinzig. Ich mache mich also auf den Weg nach Reinerzau nahe Alpirsbach, wo das Unternehmen – romantisch gelegen in einem Tal – zuhause ist. Es ist sehr heiß an diesem Tag, und Geschäftsführer Maik Zinser bietet mir zur Begrüßung einen Krug mit frischem, kalten Wasser an.

"Die Kleine Kinzig, Namensgeber des Unternehmens, entspringt in der Nähe der krummen Buche in dem sogenannten Kasernenwald, erhält ihren Namen aber erst bei einer nordöstlich von einer hervordringenden starken Quelle", beginnt Maik Zinser dann die Geschichte, woher das Wasser für das Kinzigtal eigentlich kommt. Im Juni 1974 wurde demnach im Haslacher Pfarrhaus der Zweckverband Wasserversorgung Kleine Kinzig gegründet. 1978 begann der Bau der Trinkwasser-Talsperre, die 1982 fertig war. Sie ist drei Kilometer lang und 450 Meter breit, ihre maximale Tiefe beträgt 65 Meter.

"Das Speichervolumen des Stausees beträgt etwa 13 Millionen Kubikmeter", erzählt Maik Zinser während einer Rundfahrt um den Stausee. Etwa 50 Prozent des Wassers kommt demnach aus der Kleinen Kinzig und dem Hüttenbächle, der Rest durch diverse kleine Zuflüsse und durch Regen. Auffallend sind zwei große Betonbauten im See nahe der Staumauer.

Der eine Bau ähnelt einem Abfluss in der Badewanne und dient als Überlauf bei Hochwasser. Das runde schlanke Bauwerk ist der Wasserentnahmeturm. "Wir können hier aus acht verschiedenen Tiefen das Wasser entnehmen", erläutert Maik Zinser und lädt zu einem unterirdischen Spazierung zum Turm ein. Dieser wird für mich jedoch zum Spurt: Als Zinser die große Stahltüre vom 700 Meter langen Gang zum Turm schließt, erlebe ich einen Temeratursturz von bislang 36 Grad Außentemperatur auf gerade mal noch sieben Grad Celsius. Die Rundumsicht vom Turm auf den See ist dafür einmalig.

Maik Zinser erklärt derweil die verschiedenen Schritte, die das Rohwasser durchläuft, bis es schließlich zum Trinkwasser wird. Bei der Vorreinigung fließt es durch Filter mit Kohle und Sand, die das Wasser grob reinigen. Gleichzeitig treibt das Wasser Turbinen an, die der eigenen Stromerzeugung dienen.

Anschließend wird etwa zehn Prozent des Wassers im "Reinerzauer Verfahren" mit Ozon aufgehärtet. Dabei findet eine Mikroverflockung statt und Mikroorganismen werden inaktiviert. Nach einer Flockung, Mehrschichtfiltration und einer Restentsäuerung und Stabilisierung des Wassers wird es am Ende desinfiziert. Das alles zeigt mir Maik Zinser nach dem Rückspurt durch den Verbindungsgang in den verschiedenen Gebäuden. wegen des Lärms der Pumpen ist eine Verständigung hier schwer möglich. Schließlich kommen wir zu dem unterirdischen Becken, wo das fertige Trinkwasser für das Mittlere Kinzigtal bereitsteht.

Rund fünf Millionen Kubikmeter Trinkwasser verlassen jährlich das Wasserwerk und werden durch ein etwa 220 Kilometer langes Leitungsnetz den insgesamt 40 Verbandgemeinden mit etwa 250 000 Einwohner zugeführt. Im sogenannten Weststrang fließt das Trinkwasser rein nur durch das Gefälle – also ohne den Einsatz von Pumpen – ins Kinzigtal. "Von der Talsperre bis zu den Übergabebehältern der einzelnen Gemeinden braucht es es etwa drei bis vier Tage", sagt Maik Zinser abschließend.

Ein solcher Behälter steht beispielsweise in Hornberg. Die Stadt bezieht fast 100 Prozent ihres Trinkwassers von der Kleinen Kinzig. Jürgen von der Gönna von der Firma Kempf ist "der Mann vor Ort", wenn es ums Wasser geht. Er fährt mit mir zum Übergabebehälter im Schmiedeacker. Auch hier gibt es – wie in Reinerzau – zwei große Sammelbecken.

"Von hier aus wird das Trinkwasser in insgesamt fünf Hochbehälter, die in der Stadt verteilt stehen, transportiert", erklärt von der Gönna. Und von dort fließt es schließlich in die einzelnen Haushalte.

"Das Trinkwasser ist reiner als Mineralwasser", hat mir Maik Zinser gesagt. Daran denke ich, als ich morgens Wasser für meinen Kaffee aus dem Hahn hole. Seit Neuestem genieße ich das kühle Nass auch pur. Eckhard Gräff

Der Schwarzwälder Bote Kinzigtal wird immer samstags und mittwochs in seiner Sommerserie "Das Tal, in dem wir leben" den Blick hinter die Kulissen des alltäglichen Lebens lenken. Berichte, Interviews, Porträts und Reportagen zeigen, wie die Wasserversorgung im Tal funktioniert. Und es gibt viel Wissenswertes, Spannendes und überraschende Einblicke, beispielsweise wie unser Brauchwasser in Kläranlagen wieder zu Trinkwasser wird. Gerne können Sie uns auch Ihr Wunschthema für diese Serie mitteilen. Wir freuen uns über jede Zuschrift, die Sie an den Schwarzwälder Boten senden, Kinzigtal-Redaktion, Hauptstraße 41, Telefon 07832/975214 oder per E-Mail an redaktion-wolfach@lahrer-zeitung.de. Viel Spaß beim Lesen!