Das Flüchtlingsunglück vor Lampedusa als Thema bei einer Veranstaltung in der Haslacher Stadtbücherei

Von Nicola Schwannauer

Haslach. Ist es möglich, eine Tragödie in Worte zu fassen? Eine szenische Lesung versucht dies mit dem Flüchtlingsunglück vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa im Oktober 2013, bei dem die Hoffnung von 366 afrikanischen Bootsflüchtlingen auf ein Leben in Europa im Tod endete.

Diese Lesung wurde jetzt in der Stadtbücherei vorgetragen. Der Caritasverband Kinzigtal, das Mehrgenerationenhaus, der Eine-Welt-Laden und die Stadtbücherei taten sich als Veranstalter des Abends zusammen – präsentiert wurde das Werk einer Hannoveraner Projektgruppe von Mitarbeitern der Caritas und des Weltladens.

Die Überlebenden lieferten den Stoff für den Text, ihre Berichte – Zitate, Dialoge und Bruchstücke – bildeten die Grundlage. Berichtet wurde von der Hoffnung, den Mühen und dem finanziellen Desaster, dem Flüchtlinge ausgeliefert sind, von ihrer Abhängigkeit von kriminellen Schleppern und ihrer lebensbedrohlichen Odyssee, die oft jede Orientierung nimmt und , wie vor Lampedusa, mit einer Tragödie enden kann. "Wir waren 500 auf einem Fischerboot", "Wir haben unser letztes Geld zusammengekratzt und 4800 Dollar einem Eremias gegeben", "die Schlepper taten alles, um ihren Profit zu maximieren" – so reihte sich Zitat an Zitat.

Bruchstücke fügen sich zu einem Protokoll

Mit der Zeit fügten die Bruchstücke sich zu einem minutiösen Protokoll der Ereignisse auf dem überladenen Fischerboot aneinander. Bilder und Musik untermalten den Fortgang des Dramas: EinFeuer bricht aus, die Flammen zerstören das Boot, "wir sprangen ins Wasser, um dem Tod zu entgehen, viele verbrannten".

Einzelschicksale von Unglück, Tod und auch Rettung, von Hoffnung und Hoffnungslosigkeit - die rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörer in der Stadtbücherei hörten der rund einstündigen Lesung still zu. Nach dem Ende erstand erst eine kurze Pause, dann bedankte sich Dorothea Brust-Etzel im Namen der Caritas: "Das war hart."

Lampedusa, die Kanincheninsel, steht stellvertretend für ein Beispiel dafür, wie Hoffnung im Elend enden kann: Für die Wolfacher CDU-Bundestagsabgeordnete Kordula Kovac war der Abend Anlass, über ihre eigene Erfahrung mit den Nöten der Flüchtlinge und den Herausforderungen für die Ankunftsländer zu berichten.

Sie selbst war im Sommer diesen Jahres in Italien, um sich vor Ort ein Bild von der Not der Flüchtlinge zu machen. Kovac wies auf die Not minderjähriger Flüchtlinge auf Sizilien hin: "Was haben die für eine Perspektive?"

Allein auf Sizilien gebe es 134 Aufnahmestellen für Flüchtlinge aus den afrikanischen Ländern – die meisten sind Männer, Frauen stellen nur zehn Prozent von ihnen. "Da werden Familien von Schleppern erpresst, dafür hat man keine Worte."

Einem jungen Mann aus Syrien ist die Flucht gelungen – er gelangte per Boot über Lampedusa nach Europa und lebt mit seiner Familie in Wolfach. "Danke", sagte er an dem Abend zum Publikum, "danke".

Gelesen haben Margarete Kopf, Martin Oechsle, Gerd Lück, Gerhard Schrempp, Mechthilde Neumaier und Sven Feuser.