Im November 1960 beherrschten Nachrichten von Ratssitungen, der Imkerei und den Sportvereinen den Lokalteil
Von Nicola Schwannauer
Mittleres Kinzigtal. Seit 65 Jahren erscheint der Schwarzwälder Bote im Kinzigtal. In einer Serie verfolgen wir die Entwicklung der Ausgabe Kinzigtal in Fünf-Jahres-Schritten. Heute steht das Jahr 1960 im Mittelpunkt. Die Zeit der der reinen Bleiwüste gehörte in diesem Jahr der Vergangenheit an .
Im vierseitigen Lokalteil wurden also nicht nur Text, sondern zur Illustration auch kleine Fotos zu wichtigen Ereignissen abgedruckt. Der Lokalteil hieß damals "Wolfacher Zeitung" und "Wolfacher Kreiszeitung".
Zu großes Haus
In Wolfach schlugen die Wellen hoch, als ein Bauvorhaben im Gemeinderat vorgestellt wurde: In der unteren Rebbergstraße war ein Wohnblock für neun Familien geplant. Das Bauvorhaben wurde nicht verabschiedet, weil die Bürger weitere Besprechungen mit der Siedlungsgesellschaft verlangten: Das Haus erschien ihnen zu groß für die Nachbarschaft, in der größtenteils Zwei-Familien-Häuser standen. Laut Plan sollte es auch quer zur Straße stehen und nicht längs, was die Anwohner der Straße ebenfalls kritisierten: "Die Gestaltung der Straße", so erklärte der SchwaBo-Berichterstatter seinerzeit, "die im übrigen recht unglücklich ist, würde sich unvorteilhaft auswirken." Der Vorschlag lautete, das Gebäude ebenfalls längs der Straße zu bauen.
Aufruf zum Impfen
Im Jahr 1960 galt die Infektionskrankheit Diphtherie noch nicht als ausgestorben. Auch in Gutach rief man für die 1953 und 1954 geborenen Kinder zu einem Impftermin auf. "Auf der Ladungskarte müssen beide Elternteile unterschreiben und sich mit der Impfung einverstanden erklären", hieß es in dem Aufruf.
Fit in Erster Hilfe
Unter "Nachrichten aus dem Kinzigtal" findet sich der Hinweis, dass jetzt auch St. Roman über Einwohner verfüge, die sich in Erster Hilfe haben ausbilden lassen: "Nach dem Ortsteil Langenbach hat damit ein weiteres Seitental der großräumigen Gemeinde Kinzigtal in Erster Hilfe ausgebildete Einwohnerinnen und Einwohner erhalten."
Bienen bedroht
Im Gasthaus Walkenstein hatten die Oberwolfacher Imker getagt. Im Mittelpunkt der Versammlung stand die Seuchenbekämpfung und die Weiterbildung des Nachwuchses. "Beide Anliegen sind Existenzfragen für die Bienenzucht", urteilte der Berichterstatter in seinem Artikel, der oben auf der Seite platziert war. Die Gefahr für die Bienen durch Seuchen wurde als sehr hoch eingeschätzt und die Lage schien dramatisch: "Ohne die zurzeit geradezu alarmierende seuchenpolizeiliche Situation zu bewältigen, werden die Imker des Kinzigtales keine Lorbeeren mehr ernten können, so beispielhaft bis jetzt die Verhältnisse im Kreis Wolfach auch gewesen sind."
Biblischer Vergleich
Unter der Überschrift "David gegen Goliath" und mit Bild vermeldete die "Wolfacher Zeitung" einen schweren Verkehrsunfall mit rund 40 000 Mark Sachschaden bei Biberach. Ein Auto wollte auf der B 33 an einem Kieslaster vorbei, kam beim Überholen ins Schleudern und prallte auf den Lastwagen, der daraufhin eine Böschung hinabstürzte. Lastwagen und Anhänger wurden völlig zertrümmert. Der Auto stürzte hinterher. Die Fahrer beider Fahrzeuge erlitten leichte Verletzungen.
Stadion beleuchtet
Der Wolfacher FC konnte sich einen lang gehegten Wunsch erfüllen: Die Installation einer Stadionbeleuchtung. Freiwillige des Vereins hoben die vier Löcher für die Masten aus und übernahmen die Betonarbeiten. Der Verein warb um Mithilfe, um die Gräben für die Kabel auszuheben: "Alle männlichen Vereinsmitglieder sind aufgerufen, sich zum freiwilligen Arbeitseinsatz zur Verfügung zu stellen und vollzählig im Stadion zu erscheinen." Wenn nun die Erfüllung so nahe vor der Tür stehe, sei es eine Selbstverständlichkeit, dass auch alle mithelfen.
Sport in Hausach
Auch in Hausach wurden alle Sportler zur Mithilfe aufgefordert: Dazu trafen sich Bürgermeister Heizmann, Stadträte und Vertreter des Sportvereins direkt auf dem Platz. Ein Foto zeigt die Beteiligten, die ausnahmslos Hut und Jackett trugen und die Arme hinter dem Rücken verschränkt hielten. Sie wollten die Möglichkeiten prüfen, "dass endlich ein Sportplatz vorhanden ist, auf dem Sport getrieben werden kann."
"Tatort Paris"
In Schiltach reagierte man auf "vielseitige Wünsche" der Jugend und zeigte den "beschwingten Film" mit dem Titel "Ja, so ein Mädchen von 16", in dem sich "übermütige Jugend und reifes Alter mit viel Humor zusammenfinden." Mitgespielt hat Conny Froboess.
In der Spätvorstellung lief "ein harter Film aus dem Leben der Zeitungsverkäufer", wie es in der Ankündigung hieß. Er trug den Titel "Tatort Paris".
Rassentrennung: Das Jahr 1960 steht in den USA immer noch im Zeichen der Rassentrennung Im Bundesstaat North Carolina, wo schwarze und weiße Bürger noch nach verordneter "Rassentrennung" lebten, kam es zum weltweit ersten Sitzstreik, mit dem Afroamerikaner dagegen rebellierten, dass Restaurants die Sitzplätze für die Gäste nach der Hautfarbe ausgewiesen wurden.
Sowjetunion: In der damaligen Sowjetunion wurde Leonid Breschnew vom höchsten Staatsorgan, dem Obersten Sowjet, zum Vorsitzenden des Präsidiums gewählt.
Südamerika: In Brasilien löste die neu gegründete Stadt Brasilia Rio de Janeiro als Hauptstadt ab.
Film: Als Kassenschlager erwies sich Alfred Hitchcocks Thriller "Psycho", der 1960 in die Kinos kam. Noch heute ist der Film ein Klassiker.
Musik: Im Hamburger Musikclub Indra spielten die Beatles erstmals unter diesen Namen. Die Schlagerstars 1960 waren Edith Piaf mit dem Chanson "Milord", Freddy Quinn mit "Unter fremdem Stern", Elvis Presley "It’s now or never". Die Stimmung reichte von bedrückt (Peter Alexander: "Ich zähle täglich meine Sorgen") über empört (Rolling Stones: "Get off of my Cloud") bis optimistisch (Lale Andersen: "Ein Schiff wird kommen").