Überlebende der Nazi-Gräuel (vorne links): René Thalmann (87 Jahre) aus St. Diè, Joseph Loriol (89 Jahre) aus der Nähe von Belfort, Jean Marquis (91 Jahre) aus St. Benoit (Vosges) und Piet Buijs (91 Jahre) aus Hilversum (Holland) Foto: Reutter

Noch vier Überlebende kommen zu Treffen zum ehemaligen Arbeitslager Vulkan / Schüler überreichen Buch zum "Weg des Erinnerns"

Haslach - Im ehemaligen Arbeitslager Vulkan, wo Menschen ihre hässlichste Fratze zeigten, fand am Sonntag ein Treffen statt, dass Hoffnung für die Zukunft macht. Denn ehemalige Arbeiter, ihre Nachkommen sowie Deutsche erinnerten einträchtig an die schrecklichen Taten in der Nazizeit.

"Diese hübsche Stadt Haslach war nicht dazu bestimmt, Schauplatz von diesen Ungeheuerlichkeiten zu werden, die innerhalb ihrer Mauern begangen wurden", sagte René Thalmann in seiner Rede in der Gedenkstätte Vulkan. Der 87-Jährige ist einer von insgesamt vier Überlebenden, welche die Reise an den Ort antraten, der "Hölle von Haslach" genannt worden sei. Dort hätten 1700 Männer aus 21 Ländern Zwangsarbeit leisten und "die schlimmsten aller menschlichen Qualen erleiden" müssen.

Thalmann ging es in seiner Ansprache aber keineswegs darum, Mitleid zu erregen. Sein Überblick über das Leiden der nach Haslach Deportierten sollte vielmehr verständlich machen und hinterfragen, wie und warum Individuen, denen man die Bezeichnung Mensch verweigern müsse, sich dermaßen durch das Naziregime fanatisieren ließen. "Ihr Verhalten war furchtbarer als das wilder Tiere, die ihre Artgenossen respektieren", erklärte Thalmann.

Als letzte direkten Zeitzeugen dieser "größten Tragödie der Menschheit" sei es ihr Anliegen, insbesondere die Jugendlichen über die Taten des totalitären Naziregimes zu informieren. "Sie sollen wachsame sein angesichts der Rückkehr dieser verabscheuenswürdigen Bestie, die sich im Erstarken gewisser Parteien, die die von uns bekämpfte Ideologie vertreten, wieder manifestiert", sagte Thalmann. Damit die Kameraden nicht umsonst gestorben seien, setzt der 89-Jährige stattdessen auf ein Europa des Friedens, der Solidarität und der Freiheit.

Thalmann freute sich daher auch besonders über das Projekt der Schüler, die den "Weg des Erinnerns" in einer Arbeitsgemeinschaft am Robert-Gerwig-Gymnasium geschaffen haben (wir berichteten). Vertreter dieser AG hatte ihr Projekt vorgestellt und den Gästen auch gebundenes Infomaterial übergeben. "Es berührt uns sehr, was sie erleiden mussten, und wir zollen ihnen Dankbarkeit und Respekt, dass sie uns die Hand reichen", sagten die Schüler.

Zuvor hatte Gedenkstättenleiter Sören Fuß in seiner Rede an die Taten der Nazis in Haslach erinnert. Obwohl es in der Hansjakobstadt auch Menschen gegeben habe, die versucht hätten, die Not der geschundenen Häftlinge ein wenig zu lindern, seien damals allein im Lager Sportplatz 135 Männer an Misshandlungen, miserabler Ernährung und Krankheiten gestorben.

Nach dem Krieg seien dann laut Fuß schnell Gedenkstätten an den Orten der großen Konzentrationslager entstanden. "Die kleinen Lager, die sich vor der Haustür befanden, wurden aber vergessen. Die einheimische Bevölkerung versuchte die Ereignisse der Nazizeit zu verdrängen", sagte der Gedenkstättenleiter. Allein der Historiker Manfred Hildenbrand recherchierte und publizierte seit den 70er Jahren zu den Haslacher Lagern. Mit dem Heranwachsen einer neuen Generation sei dann 1998 die Gedenkstätte Vulkan eingeweiht worden.

"Tief berührt waren wir dann, als Sie uns mit außergewöhnlicher Herzlichkeit gegenüber traten. Seit dieser Zeit sind viele Freundschaften entstanden, die bis heute zu gegenseitigen Besuchen führen", sagte Fuss zu den Gästen.

Er bedauerte sehr, dass Michelle Bicheray ihrer Krankheit im Januar erlegen ist. Ihr Vater Gilbert Choquin sei im Lager Sportplatz ums Leben gekommen. Die Französin habe zusammen mit ihrem Mann eine sehr große Zahl von Berichten und Lebensläufen in einem bemerkenswerten Buch zusammengefasst. Auch diese Arbeit trage dazu bei, dass die Deportierten nicht in Vergessenheit geraten würden, lobte Fuss.

Namentlich erwähnte er unter anderem auch noch Felix Sobczyk, der bei einem Urlaub im Kinzigtal auf einer Gedenktafel den Namen seines im Lager Kinzigdamm verstorbenen Bruders entdeckt hatte.

Er und der Ehemann von Michelle Bicheray zählten dann zu den vielen ausländischen (160) und einheimischen Gästen (60), die anschließend bei einem guten Essen und Getränken zusammensaßen. Eines der Themen war dabei natürlich die Weltmeisterschaft und alle waren sich einig, dass es gut sei, dass heute die Rivalitäten innerhalb von Europa fast nur noch auf dem Fußballplatz ausgetragen werden.

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