Martin und Claudia Schaeffer (von links) betreuen die Familie von Haxhere und Selim Zymeri, seit sie 2015 nach Haslach kamen. Auch Constanze Blank, Jens und Susanne Spengler sowie Luitgard Buchholz (kniend) setzen sich dafür ein, dass die Familie in Deutschland bleiben kann. Die erst zwei Jahre alte Solina Zymeri ist taub und benötigt dringend ein Implantat. Foto: Kleinberger

Gut integrierte Familie soll abgeschoben werden / Kinder brauchen dringend medizinische Hilfe

Eine sechsköpfige Familie soll abgeschoben werden. Betreuer und Arbeitgeber wehren sich dagegen: Denn die aus dem Kosovo stammende Familie Zymeri ist gut integriert – und die Kinder benötigen dringend medizinische Hilfe.

Haslach. "Immer wird von Integration gesprochen. Wir haben hier ein Musterbeispiel dafür – und dann sollen die Zymeris abgeschoben werden", bedauert Jens Spengler. Der Inhaber der Schnellinger Firma Spengler Bedachungen ist aufgebracht. Seit etwas mehr als einem Jahr arbeitet Selim Zymeri bei ihm im Betrieb. Dass die gesamte Familie im Ort gut integriert und beliebt ist, kristallisiert sich während des Pressegesprächs in den Räumen der Haslacher Caritas immer wieder heraus.

Die Familie ist 2015 nach Haslach gekommen. Wie Constanze Blank seitens der Caritas berichtet, werden sie seitdem von Claudia und Martin Schaeffer betreut. Bevor Selim Zymeri im Oktober 2016 zur Firma Spengler kam, hatte er eine Stelle bei einer Mühlenbacher Firma. "Deren Inhaber ist an mich herangetreten und hat Selim vermittelt", erinnert sich Spengler. "Bei ihm war keine Vollzeitstelle frei, er wusste aber, dass ich auf der Suche nach fähigen Angestellten bin." Einen solchen fand er in dem Asylbewerber, der sich Spenglers Ausführungen nach überdurchschnittlich engagiert und bei Kollegen sowie Kunden beliebt sei.

Sehr engagierter Mitarbeiter im Betrieb

Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sei Selim Zymeri ein echter Glücksgriff. Spengler betont, dass der vierfache Vater auch "niemandem den Job wegnimmt, bevor diese Behauptung noch aufkommt". Seine Firma sei auf der Suche nach Fachkräften – "aber Schulabgänger gehen lieber studieren, als auf den Bau. Wir können den Mangel nicht auffangen."

Dass die Firma eine qualifizierte Fachkraft verliert, ist eine Sache. Mit der Ablehnung des Asylantrags wird aus Sicht der Helfer jedoch auch den Kindern bitter nötige Hilfe verwehrt. Denn zwei von ihnen, Solina (zwei Jahre alt) und Qendrim (elf), sind taub. Luitgard Buchholz, die sich besonders um die beiden hörbehinderten Kinder kümmert, informiert: "Bei Solina wäre ein Cochlea-Implantat ideal. Mit diesem wird sie hören können." Qendrim benötigt eigentlich eine spezielle Förderung. "Hier besucht er die vierte Klasse einer Regelschule. Er hat zum Glück eine sehr engagierte Lehrerin", sagt Buchholz. Der Elfjährige sei in der Klasse voll integriert, habe Freunde und verbringe auch viel seiner Freizeit mit ihnen, beispielsweise im Jugendhaus.

Die Universitätsklinik Freiburg hat für Solinas Implantate bereits einen positiven Bescheid erstellt. Die Krankenkasse würde die Kosten für die Operation übernehmen. Zwei Förderschulen für Gehörlose haben zugesagt, Qendrim aufzunehmen. "Alles steht und fällt mit der Bewilligung des Asylantrags", sagt Susanne Spengler. Denn das Implantat benötigt intensive Nachsorge – die Ärzte wollen nicht operieren, wenn offen ist, ob Solina dafür in Deutschland bleiben wird.

Keine Versorgung im Kosovo

Im Kosovo wird sie eine solche Versorgung nicht bekommen. Die Familie Zymeri gehört zur Volksgruppe der Aschkali, eine Teilgruppe der Roma. Jens Spengler erklärt: "Sie werden im eigenen Land diskriminiert, sie sind gesellschaftlich gesehen im Kosovo unterste Stufe." Und so sei die Triebfeder für Selim Zymeris Neuanfang in Deutschland gewesen, den Kindern eine Zukunft zu bieten. Gerade die beiden hörbehinderten, sind sich die Helfer einig, werden im Kosovo keine haben. "Hier ist eine reine Schreibtischentscheidung getroffen worden. Der Kosovo ist in den Augen der Politik ein sicheres Herkunftsland. In Anbetracht der hier vorliegenden Situation fehlt mir jegliches Verständnis dafür", sagt Jens Spengler.

Die Mutter Haxhere hat aufgrund der ungewissen Situation gesundheitliche Probleme und bereits Krankenhausaufenthalte hinter sich. Sie habe große Angst, dass die Familie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus dem gewohnten Umfeld gerissen werde.

Dass das zumindest in der nächsten Zeit nicht passieren wird, ist wohl eher ein schwacher Trost. Am Freitag ist eine Eingabe bei der Härtefallkommission erfolgt. So lange diese den Fall prüft, was in der Regel etwa sechs Monate dauert, wird die Familie auf keinen Fall abgeschoben. Der Eingabe liegen zahlreiche Schreiben bei, die sich für einen Verbleib der Familie aussprechen: Von Ärzten und der Krankenkasse, diverser öffentlicher Institutionen und der Stadt Haslach selbst. Die Landtagsabgeordneten Sandra Boser (Grüne) und Marion Gentges (CDU) sind inzwischen ebenfalls mit im Boot. In Haslach hoffen nun alle Beteiligten darauf, dass der Asylantrag der Familie Zymeri doch noch bewilligt wird.

INFO

Hilfe für die Zymeris

 Für den Verbleib der Familie Zymeri in Deutschland werden derzeit Unterschriften gesammelt. Laut Jens Spengler sind bislang gut 2000 zusammen gekommen, die dem Härtefallantrag hinzugefügt werden. Die Liste liegt im Haslacher Caritashaus aus, weitere Informationen erteilt dort auch Constanze Blank.  Während klassische Hörgeräte die Lautstärke von Geräuschen erhöhen, übernimmt ein Cochlea-Implantat bei Hörbehinderten die Funktion der beschädigten Teile des Innenohrs. Das Implantat überträgt Audiosignale ins Gehirn.