Der Gemeinderat von Hardt um 1900. (Stehend, von links): Lorenz Flaig, Neubauer; Martin Dold, Trostenbauer; Philipp Lamprecht, Lamprechtenhof; Johannes Dold, Flaigbauer; Franz Josef Ginter, Bahnhofwirt; Josef Klausmann, Baschesbauer. Sitzend von links: Philipp Rapp, Wäldersbauer; Lorenz Hermann, Neurostenhof; Schultheiß Gregor Haberstroh sen.; Josef Marte, Küferbauer. Foto: Schwarzwälder-Bote

175 Jahre Dorfgründung von Hardt: Lehengerichter dienten als Vorbild / Fundgrube für Ahnenforscher

Von Herbert Braitsch

Hardt/Eschbronn-Mariazell. Die Geburtstagsparty geht weiter: Mit einem Heimatabend am 20. Juni feiert Hardt das 175. Jubiläum seiner Dorfgründung im Jahre 1840. Im weiten Umkreis gibt es kein vergleichbares "Dorf der Neuzeit". Ein Rückblick.

1840. Überall waren die Vorboten einer neuen Zeit zu erkennen. Der "aufgeklärte" Zeitgeist hatte inzwischen Mariazell erreicht. Doch die Neuzeit hatte Licht- und Schattenseiten. Die Unruhe in der Bevölkerung wuchs. Vor allem der Bauernstand litt soziale Not. Wie kam es, dass gerade die Bauern auf den Höfen in Hugswald, Unterhardt, Oberhardt, Tischneck und Friedrichsberg aufbegehren?

Auf Höhen rings um Mariazell wohnten vorwiegend Waldbauern, sie lebten in erster Linie vom Holzverkauf. Ihre Vorbilder waren die Lehengerichter Bauern, große Waldbesitzer im Schiltach- und Kinzigtal, die sich schon 1817 vom "Städtle" Schiltach getrennt und eine eigene Gemeinde gegründet hatten. Vor allem die Flößer und reichen Handelsherren ("Schiffer") hatten in Schiltach den Zorn der Waldbauern zu spüren bekommen. Der Einfluss dieser einst mächtigen, privilegierten und gut organisierten Herrschaften nahm rapide ab.

Über die Vorgänge in Lehengericht war man in Mariazell seit Jahren gut informiert, nicht zuletzt durch das "Amts- und Intelligenzblatt Schwarzwälder Bote". In den Wirtschaften, wo sich die "Rebellen" gerne versammelten, wurden die Neuigkeiten aus der Zeitung vorgelesen. Die Zeit schien reif für Veränderungen, sogar das Oberamt und die Regierung des Königreichs Württemberg gaben ihren Segen zur Dorfgründung von Hardt 1840. Mariazell verlor durch die Abspaltung genau 15 Urhöfe mit insgesamt fast 500 Einwohnern.

Aber die neue Gemeinde stand zunächst vor einem riesigen Berg von Problemen. Es gab keine gewachsene Struktur, die Höfe waren auf großer Fläche verteilt, es fehlten Rathaus, Schule und – noch schlimmer – eine Kirche. Um die "Sonntagspflicht" zu erfüllen, mussten die Hardter noch 50 Jahre lang notgedrungen die Mariazeller "Mutterkirche" aufsuchen. Es dauerte Jahrzehnte, bis sich ein Dorfleben entwickelte.

Wenngleich sich Hardt politisch und kirchlich abspaltete, blieben die Verbindungen der großen Familien, die "Sippen" wie Flaig, Broghammer, Storz, Haberstroh und Jauch, weiter bestehen. Die gemeinsame Familiengeschichte hält sie bis heute untrennbar zusammen. Heimatforscher Alfons Brauchle hat gleichsam als Vermächtnis für die nachfolgenden Generationen den Leitsatz hinterlassen: "Die Hardt-Mariazeller Heimat- und Dorfgeschichte ist nichts anderes als ihre Familiengeschichte." In detektivischer Kleinarbeit forschen seine Nachfolger heute in zwei Fundgruben", die wohl einmalig sind: Brauchles umfangreiches Hardter Heimatbuch und die historische Fotosammlung von Hardt. Beide Quellen erlauben es, 1000 Brücken herzustellen zwischen den heutigen Ur-Enkeln den Ur-Großeltern von 1840. Der Alfons-Brauchle-Gedächtnis-Treff setzt sich unter anderem auch dieses Ziel und erstellt Ahnentafeln. Jede Tafel hat die Größe eines DIN A4-Blattes, zeigt ein Foto und umfasst 15 Namen: des Forschers, der beiden Eltern, der vier Großeltern und der acht Ur-Großeltern.

u  Alfons-Brauchle-Treff ist immer dienstags von 17 bis 18 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses. In einer Ausstellung werden Ahnentafeln präsentiert. Heute ist "Storzen-Tag". Kultureller Heimatabend zum Jubiläum ist am Samstag, 20. Juni, um 19.30 Uhr in die Arthur-Bantle-Halle. Die Vereine gestalten das Programm und bewirten. Dann folgt die Premiere des Jubiläumsfilms. Anschließend hält Carsten Kohlmann, Schrambergs Stadtarchivar, den Festvortrag.