Strobels Wunsch: enger zusammenrücken und gemeinsam viel bewegen. Foto: sb

Handball: Abstiegssaison wird aufgearbeitet. "Wir alle werden merken, was uns mit der 1. Liga fehlt". Mit Video

Elf Jahre lang hat der HBW Balingen-Weilstetten in der Handball-Bundesliga die Großen der Zunft immer wieder aufs Neue geärgert. In den vergangenen Spielzeiten hielt der Klub trotz finanziell begrenzter Mittel stets die Klasse, neunmal auf sportlichem Weg, 2014 per Einstweiliger Verfügung. In dieser Saison erreichte der Klub das Klassenziel nicht und steigt in die 2. Liga ab. HBW-Geschäftsführer Wolfgang Strobel verrät, was schief gelaufen ist, und was beim HBW in der Saison 2017/18 angesagt sein wird.

Wie hart trifft Sie der Abstieg nach elf Jahren in der Handball-Bundesliga?

Es ist natürlich unheimlich bitter. Ich hatten das Gefühl 2014 schon einmal, als wir sportlich abgestiegen sind. Da der HSV Hamburg damals Probleme hatte, die Lizenz zu erhalten, hatten wir aber immer noch die Hoffnung, dass es weiter geht.

Hat die Aufarbeitung bereits begonnen?

Es hat uns ja am Sonntag nicht aus heiterem Himmel getroffen. Eigentlich war bereits nach der Auswärtsniederlage gegen den HC Erlangen klar, dass uns nur noch theoretische Chancen auf den Klassenerhalt bleiben. Deshalb läuft die Aufarbeitung schon ein bisschen länger. Trainer Rúnar Sigtryggsson, die Vereinsführung und ich haben schon viel miteinander gesprochen und wir werden es auch weiter aufarbeiten.

Die Mannschaft hatte das Potenzial, die Klasse zu halten. Weshalb hat es doch nicht geklappt?

In der vergangenen Saison war das Team individuell stark besetzt und hat 15 Punkte eingespielt. In diesem Jahr haben wir eher aufs Kollektiv gesetzt und 17 Punkte geholt. Trotzdem hat es nicht gereicht. Der HBW hat sich in der Vergangenheit immens weiter entwickelt, aber die Liga vielleicht noch ein bisschen weiter. Das haben die Aufsteiger GWD Minden und Erlangen gezeigt. Aber wir hätten über die Saison hinweg auf einem höheren Level spielen müssen. Dieses abzurufen, ist uns zu selten gelungen – besonders in den Duellen mit den direkten Konkurrenten.

Welche Fehler haben Sie bei der Kader-Planung gemacht?

Es ist immer ungünstig, eine Mannschaft zusammenzustellen, für die man noch keinen Trainer hat. Mit ist es bedeutend besser. Natürlich haben in dieser Saison auch nicht alle Neuzugänge oder andere Spieler die Erwartungen erfüllt. Wir wollten ein Team, in dem jeder stolz ist, das HBW-Trikot zu tragen. Im Nachhinein muss ich mich fragen, ob das wirklich der Fall war.

Wären angesichts der großen Verletzungsprobleme Nachverpflichtungen nicht sinnvoll gewesen?

Sicher hätte uns noch ein Rückraumspieler gut getan, um für Entlastung der anderen zu sorgen. Aber es ist uns nicht gelungen, jemanden zu finden, der uns weitergeholfen hätte. Oder ein solcher Wechsel war nicht zu realisieren.

Wie erklären Sie sich, dass die Mannschaft in dieser Spielzeit nie in der Lage war, eine Punkte-Serie zu starten?

Tatsächlich haben wir über die Saison hinweg keine Stabilität erreicht. Da haben Verletzungen eine große Rolle gespielt. Immer wieder musste der Trainer umstellen, immer wieder musste die Mannschaft in einer anderen Zusammensetzung ran.

Was die kommende Saison anbelangt, haben sie immer zweigleisig geplant. War das die Erfahrung aus den ganzen Erstliga-Jahren zuvor?

Ich weiß nicht sicher, wie es in früheren Jahren war. Da hatte ich als Spieler zu wenig Einblick. Für mich war immer klar, dass wir es so machen müssen. In der Saison 2015/16 war es noch etwas entspannter, weil sich die Insolvenz des HSV Hamburg früh abgezeichnet hat. Die Planung zweigleisig anzugehen, ist für uns aber nur vernünftig.

Die prompte Rückkehr in die 1. Liga und sich dann festzubeißen ist das erklärte Ziel. Dienen Minden und Erlangen da als Vorbild?

Das Ziel ist natürlich, es so zu machen. Die Voraussetzungen sind bei allen Vereinen aber unterschiedlich. Wir wollen in der nächste Saison noch enger zusammenrücken – Sponsoren, Mannschaft, Helfer und Fans –, die nächste Saison mit viel Intensität und Begeisterung angehen und den Aufstieg schaffen. Natürlich wird es bei nur zwei Aufsteigern schwer, aber wir alle werden merken, was uns mit der 1. Liga fehlt.

Spüren Sie denn schon jetzt ein Zusammenrücken?

Ich habe viele gute Gespräche. Die Unterstützung der Sponsoren ist da. Es sieht momentan ganz gut aus. Dass das Niveau sinken wird, ist klar. Unser Etat wird sich in einem ähnlichen Rahmen bewegen wie in der 1. Liga – auch wenn wir ihn in der Höhe nicht ganz halten können.

In der 2. Liga wird der HBW einer der Gejagten sein. Wie gehen Sie damit um?

Darüber dürfen wir uns keine Gedanken machen. Wir sollten uns darauf konzentrieren, was wir zu leisten im Stande sind. Sich auf die eigene Stärke zu besinnen, muss eine deutlich größere Rolle spielen, als sich an den Gegnern zu orientieren.

Als Sie ihren Vertrag um drei Jahre verlängert haben, sprachen Sie davon, mit dem HBW eine Vision verwirklichen zu wollen. Wie sieht die aus?

Da gibt es zwei Ansätze. Im monetären Bereich müssen wir uns weiter entwickeln, die Firmen in einer wirtschaftsstarken Region noch mehr einbinden, um den Bundesliga-Handball beim HBW langfristig zu etablieren. Dazu zählt auch eine neue Halle, die uns ganz andere finanzielle Möglichkeiten eröffnen würde. Dann gibt es da noch die Gefühlsebene.

Welchen Ansatz verfolgen Sie in dieser Hinsicht?

Es geht darum, davon weg zu kommen, immer mit der Angst des Abstiegs oder vor Niederlagen zu leben. Wir wollen das Gefühl entwickeln, dass wir fähig sind, Dinge zu leisten und auch abzurufen, dass wir mit den Gegebenheiten hier positiv umgehen und mit unserer Art die Leute begeistern.

Der Kader, der in der kommenden Saison die Rückkehr in die 1. Liga schaffen soll, ist nahezu komplett. Was erwarten Sie von der neuen Mannschaft.

Momentan ist die aktuelle Saison noch das Thema. Aber die Aufgabe der Mannschaft wird sein, allen Spaß und Freude am Handball zu vermitteln. Dann können wir gemeinsam sehr viel bewegen.