Das Schuon-Areal mit der vorbeifließenden Waldach, die Maßnahmen erfordert, bevor gebaut werden darf. Foto: Fritsch Foto: Schwarzwälder-Bote

Rat verabschiedet Mehrfachbeauftragung für Schuon-Areal mit nur sieben Ja-Stimmen / Planungswerkstatt mit Bürgern

Von Markus Katzmaier

Haiterbach. Mit einem Wettbewerb unter drei beteiligten Planungsbüros wird der beste Entwurf für die Erschließung des Schuon-Areals in Beihingen gesucht. Das hat der Gemeinderat jetzt beschlossen. Verbunden ist dies mit einem erweiterten Bürgerbeteiligungsprozess. Die Zustimmung dazu war im Gremium allerdings nicht so überzeugend.

Sieben Hände gingen in die Höhe, als Bürgermeister Andreas Hölzlberger nach mehr als zweistündiger Diskussion über die Auslobung zur Mehrfachbeauftragung der Planungsbüros sowie den Masterplan zum Schuon-Areal abstimmen ließ. Bei zwei Gegenstimmen formal gesehen eine klare Zustimmung. Angesichts der 14 Stimmberechtigten allerdings nur ein Ja der Hälfte (UBL und Bürgermeister), da sich die CDU/FWH-Fraktion komplett enthielt.

Ein Knackpunkt waren offenbar die Kosten, die das Verfahren nach sich zieht. Mathias Kaupp (UBL) appellierte, auf die Kosten zu achten. Nicht dass diese aus dem Ruder laufen, bevor man überhaupt baue. Laut Wolfgang Kuhn vom beauftragten Stadtentwicklungsbüro Steg in Stuttgart fallen für die drei Planungsbüros jeweils 10 400 Euro pauschal an. Für die Bürgerbeteiligung mit Planungswerkstatt und Jurysitzungen rechnet er mit einem maximalen Betrag von weiteren 12 000 Euro. Unterm Strich also rund 43 000 Euro. Diese Kosten kritisierte vor allem die DBH mit Karl Keppler und Karl Braun. letzterer hatte auch schon in der Vergangenheit die Bürgerbeteiligung kritisch bewertet. "mich überzeugt dieses verfahren nicht", sagte Braun. Es verursache hohe Kosten und zeitliche Verzögerungen. So habe man ein Jahr Stillstand.

Allerdings machte Kuhn auch deutlich, dass man mit diesem Projekt beim Land nur in die Förderung gekommen sei, weil man die Bürger beteilige.

Knackpunkt zwei: der Hochwasserschutz, der vor der Bebauung geregelt sein muss und der – vor allem von CDU/FWV – losgelöst von dem Schuon-Areal als ein Gesamtthema gesehen wird. "Wir lassen da einen Schritt aus", sagte Johann Pagitz. Die Brücke sei wie ein Flaschenhals.

Da hatte der beauftragte Ingenieur Andreas Weiß vom Büro Heberle in Rottenburg mit seinen zahlreichen Anläufen in der Sitzung sichtlich Mühe, zu vermitteln, dass dies zwei unabhängige Schritte seien, auch wenn man den Auftrag habe, die gesamte Situation zu untersuchen, was auch den Bereich der Brücke einschließe. Schritt eins sei aber, jetzt darzulegen, dass man die Situation durch die Eingriffe im Schuon-Areal nicht verschlechtere. Abzusehen ist, dass dort Renaturierungsmaßnahmen umgesetzt werden. Nicht nur, weil eine ökologische Aufwertung mit 85 Prozent deutlich stärker gefördert wird.

Vor dieser ausführlichen Diskussionsrunde hatte Wolfgang Kuhn dem Gremium die Rahmenbedingungen für die Mehrfachbeauftragung und die planerischen Ziele dargelegt. Auf der rund 1,5 Hektar großen Gewerbebrache soll unter dem Überbegriff "Wohne und Arbeiten" eine aktive Ortsmitte mit vorwiegend Ein- und Mehrfamilienhäusern entstehen. Mit im Blick hat man dabei alternative Wohnformen, beispielsweise eine betreute "Wohngemeinschaft 57+". Von den Büros erwarte man dabei keinen Bebauungsplan, sondern für Bürger lesbare Entwürfe.

Von Markus Katzmaier

Die Entwicklung des Schuon-Areals in Beihingen könnte ein Vorzeigeprojekt für Innenerschließung mit Bürgerbeteiligung werden. Dass es zu dieser intensiven Begleitung kommt, war eine knappe Sache im Gemeinderat. Zu knapp, um den Einwohnern klar zu signalisieren, wir nehmen euch mit. Man kann den Standpunkt, dass man als gewählter Mandatsträger selbst entscheiden will, nachvollziehen. Auch, dass der Bürgerdialog mit zusätzlichen Kosten einhergehen wird, ist schlüssig – mal unabhängig davon, dass man nur durch die Bürgerbeteiligung in die Förderung kam. Solche Projekte, bei denen Menschen ihr Lebensumfeld mitgestalten können, sind eine Chance, der angeblichen Politikverdrossenheit entgegenzuwirken. Letztere ist vielfach eher eine Politikerverdrossenheit, weil "die ja eh machen, was sie wollen". Diese Bürgerbeteiligung ist also eine sinnvolle Investition.