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In Haiterbach hält der Burgfriede zwischen alten Streithähnen nicht lange

Andere Städte denken über Bürokratieabbau nach. Haiterbach dagegen ist auf dem Weg, sich mit einem kommunalpolitischen Alleinstellungsmerkmal zu schmücken: einer Art Ortschaftsrat für die Kernstadt, den man Beirat nennt. Nicht nur Bürgermeister Andreas Hölzlberger ist von dieser Idee wenig angetan.

Haiterbach. "Alte Streithähne" im Stadtrat und "gegenseitige Feindbilder": Das ist aus Sicht des CDU-Schultes die kommunalpolitische Gemengelage, die zu der Gründung eines inoffiziellen Gremiums in der Kuckucksstadt führte, das sich KSG nennt und für Kernstadtgemeinderat steht. Mitglieder dieses Gremiums sind die gewählten Volksvertreter aus der Kernstadt, elf an der Zahl. Sieben Stadträte, also die Minderheit im Rat, stellen Haiterbachs Stadtteile.

Erklärtes Ziel des KSG war es, die unterschiedlichen Kabalen innerhalb des Stadtrats einerseits zu befrieden und mit dieser neuen Phalanx der Kernstadträte eine Ungleichheit zu beheben, die selbst Bürgermeister Andreas Hölzberger nicht verhehlen will: Haushaltpolitisch geriet die Kernstadt in den vergangenen Jahren ins Hintertreffen.

Zwar wurden vor acht Jahren nicht nur das Rathaus wie auch das Schwimmbad mit Millionenaufwand saniert, aber – dank der Aufnahme in ein ELR-Programm mit den damit lockenden Zuschüssen – rückten dann verstärkt Baumaßnahmen in den Stadtteilen in den Fokus.

Bei der ersten nichtöffentlichen KSG-Sitzung herrschte noch traute Einigkeit: Von elf Kernstadträten kamen immerhin zehn. Zwei Stunden, so beschreibt es Teilnehmer Karl Braun, verlief "alles sachlich, alles prima". Jeder Teilnehmer durfte mit einem Stimmzettel Prioritäten setzen: Die Haushaltspolitik stand auf dieser Liste zu guter Letzt ganz oben. Für Karl Braun aus gutem Grund: Er wirft Hölzlberger eine "irrsinnige" Finanzpolitik vor, weil "alles, was aus den Ortsteilen kommt, so in den Haushalt aufgenommen wurde. Ob’s finanziell machbar ist oder Personal zur Umsetzung vorhanden ist, ist total egal."

In den Augen von Hölzlberger ist da Neid im Spiel. Und ja, oft seien die Vorhaben in den Ortschaftsräten so gut vorbereitet gewesen, dass sie vom Gemeinderat "problemlos durchgewunken" worden seien.

Das – je nach Blickwinkel – vermeintliche Ungleichgewicht zwischen Ortschaftsrat und Kernstadt ist in Haiterbach genauso ein altes Streitthema wie die Sanierung der Festhalle. Und so kam es, wie es kommen musste: In den letzten fünf Minuten der ersten, so harmonisch verlaufenden KSG-Sitzung brachen die alte Fehden wieder auf.

"Die haben sich angeschrien wie Pfannenflicker"

Otto Roller (CDU) griff Theo Schuon (Ex-CDU und heute UBL) scharf an. Sitzungsleiter Karl Braun (Ex-CDU und heute DBH): "Die haben sich angeschrien wie Pfannenflicker." Dennoch ging man auseinander mit der Absicht, sich nochmals zu treffen. Einstimmig sei, so Braun, der nächste Sitzungstermin auf den 10. Oktober gelegt worden, der dann aber schließlich um drei Wochen auf den 30. Oktober verschoben wurde. Bei dieser Gelegenheit wollte der illustre Kreis auch seinen Kropf leeren und lud als Zielscheibe Bürgermeister Hölzlberger ein.

Doch der "Krawall" (Originalton Braun) zwischen Roller und Schuon hatte das ohnedies dünne Betttuch zwischen den Streithähnen offenbar endgültig zerschnitten. Schuon gab Brauns Darstellung zufolge dem Gremium einen Korb: "Im Protokoll sind meine Aussagen nicht komplett wiedergegeben. Ich habe am 30.10.17 keine Zeit." Die Gegenseite reagierte verdutzt: "Theo Schuon sagte bis dato nicht, was nicht wiedergegeben wurde."

Und tatsächlich fehlte dann beim jüngsten Zusammentreffen der Kernstadtgemeinderäte nicht nur Schuon, sondern die komplette UBL-Fraktion. Die Resttruppe, voran Johann Pagitz und Otto Roller von CDU/Freie Wähler und Karl Braun, (DBH) hatte sich eigentlich wörtlich auf die Fahnen geschrieben, die "tiefen Gräben im Gemeinderat beseitigen" zu wollen. Doch wichtigste Voraussetzung dafür sei, dass alle Gruppierungen sich an getroffene Beschlüsse halten würden. Das habe die UBL indes nicht getan.

Und also, mitten im vermeintlichen Burgfrieden im Städtle, fuhren die Kanoniere wieder die altbewährten Geschütze auf, mit denen sie in den vergangenen Monaten ihre politischen Gegner traktierten.

Der nicht neue Vorwurf in der eigens formulierten Presseerklärung: Theo Schuon und Mathias Kaupp hätten mit Artikeln die Verhinderung des KSK-Absprunggeländes "unterlaufen". Nicht viel neuer ist der zweite Rüffel: Schuon habe versucht, die Sanierung der Festhalle zu verhindern. Schwerer wiegt der Vorwurf, Schuon habe sich im "Tauschgeschäft für die Unterstützung zu Gunsten einer Neubau-Halle und eines KSK-Fluggeländes" die Mehrheit im Rat für die Abschaffung der unechten Teilortswahl unterlaufen.

Immerhin: Das Gespräch bei der zweiten Sitzung mit dem Schultes ist aus Sicht der KSG-Restetruppe "konstruktiv" gewesen. Die Forderung nach einem eigenen Beirat für die Kernstadt aber bleibt für sie bestehen. Karl Braun wäre die Abschaffung der unechten Teilortswahl nach wie vor lieber: "Entweder, oder", sagt er. Aber er will zugleich vermeiden, dass die Differenzen zwischen Kernstadt und Ortsteilen noch größer werden.

Bürgermeister Andreas Hölzlberger bezweifelt allerdings die Sinnhaftigkeit eines solchen Beirates: "Da ist der Wurm drin, weil seit Jahrzehnten einige nicht mehr miteinander reden." Nur deswegen, weil man glaubt sich im Hintertreffen zu fühlen, ein neues Gremium zu gründen, hält der Schultes für den "falschen Weg".

Selbst Karl Braun macht sich keine Hoffnung, dass – wenn er 2019 aufhört – es im Stadtrat "einigermaßen geordnet weitergeht. Ich glaub’ nicht, dass das gelingt."