Melania Custodio Costa und Martin Dombek fiebern heute Abend ganz ohne Zwist für Deutschland und für Portugal. Für wen das Herz des fußballbegeisterten kleinen Lenny schlägt, ist noch nicht ausgemacht. Foto: Martin Bernklau

In einer deutsch-portugiesischen Familie schlagen die Fan-Herzen beim heutigen WM-Spiel mal nicht im gleichen Takt.

Haiterbach-Oberschwandorf - Bei Lenny hat Deutschland schon gewonnen. Martin Dombek war schneller mit dem Fan-Trikot für den anderthalbjährigen Sohn als seine portugiesische Frau Melania Custodio Costa. Die Oberschwandorferin hat dafür zum heutigen WM-Spiel in Salvador eine riesige portugiesische Fahne besorgt. Sie ist, na klar, die heißblütigere Unterstützerin ihrer Mannschaft um Cristiano Ronaldo. Martin Dombek hält sich für einen "eher etwas nüchterneren Fan" der Deutschen. Ob Lenny mehr zum schwarz-weißen Trikot oder mehr zur rot-grünen Fahne neigen wird, ist noch nicht ausgemacht in der fußballbegeisterten jungen Familie, die das Spiel zuhause verfolgen will.

In Lennys Alter können andere Kinder kaum sicher laufen. Dieser Junge hingegen rennt schon wie ein echter Fußball-Verrückter im Garten hinter einem der vielen Bälle her und trifft ihn zuverlässig. "Nach Papa war Ball gleich sein zweites Wort", sagt die Mama – und ist kein bisschen eifersüchtig. Denn auch ihr haben die Eltern die Liebe zum Fußball in die Wiege gelegt. Die stand zwar in Nagold, aber das Küstenstädtchen Lourinha, eine Autostunde nördlich von Lissabon, blieb die Heimat, Benfica der Verein des Herzens. Melania wuchs zweisprachig auf. Schon vor 15 Jahren zog es die Eltern zurück nach Portugal.

Martin Dombek ist als jüngstes von neun Geschwistern im polnischen Ratibor groß geworden. Die Eltern gehörten zur kleinen deutschen Minderheit, die nach dem Krieg im oberschlesischen Kohlerevier blieb. Bis auf eine Schwester gingen aber alle gen Westen, drei von ihnen leben lang schon im Schwarzwald.

Der Vater spielte einst Fußball in der polnischen Landesliga, aber sein Herz schlug stets für eine andere Nationalmannschaft. "Immer, von Anfang an", sagt Martin Dombek, "war ich auch Deutschland-Fan, wie er".

Gleich nach dem Abitur ging der heute knapp 30-Jährige zum BWL-Studium ins Schwabenland. Bei einer Haiterbacher Kunststoff-Firma lernte er seine spätere Frau kennen. Die Liebe begann bei einem Lenny-Kravitz-Konzert in Stuttgart.

Die beiden haben 2011 am portugiesischen Strand ihre standesamtliche Traumhochzeit gefeiert und sich später den kirchlichen Segen bei der Trauung im katholischen Ratibor geholt. Melania Custodio Costa-Dombek ist gern bei den Schwiegereltern in Polen, viel öfter allerdings bei der Mutter in Lourinha, die seit vier Jahren Witwe ist. Gerne würde die Tochter die Weinberge pflegen, die der Vater hinterlassen hat. Martin Dombek spricht zwar nicht Portugiesisch, mag aber "die Kultur, das Essen sehr".

"Ganz klar bin ich für Portugal, aber es wird schwer", vermutet die 33-Jährige. Ihr langjähriger Lieblingsspieler Luis Figo ist nicht mehr dabei, Ronaldo mag sie eigentlich als Typ nicht gar so sehr. Aber dem Star werde man eine Manndeckung verpassen, wahrscheinlich durch Jerome Boateng, schätzt sie. Unter den deutschen Spielern schwärmt sie am meisten für Mesut Özil und Torwart Manuel Neuer. Ihr Tipp: "Ein 2:1 für Portugal". Ihr Mann mutmaßt, dass sich die Deutschen vielleicht zu sehr auf den torgefährlichen Real-Madrid-Star konzentrieren könnten, findet aber beide Mannschaften "im direkten Vergleich relativ unberechenbar, schwer einzuschätzen". Trotzdem sieht er beide Teams als Gruppenerste und -zweite in der Zwischenrunde. "Ghana hat keine Chance, und auch die Amerikaner werden’s nicht packen", sagt er voraus. Und er rechnet beim heutigen WM-Spiel mit einem Remis von 2:2 Toren.

Wie immer das ausgeht, Zwist wird es nicht geben in der fußball-verrückten deutsch-portugiesischen Familie. Denn das würde Lennys frühe Begeisterung für den Ball dann doch leicht trüben.