Tanja Balla, Vorsitzende des Elternbeirats, Sybille Rothe, Rektorin Burgschule,Volker Traub, Leiter des staatlichen Schulamts in Pforzheim, Andreas Hölzlberger, Bürgermeister und Schulträger, Wilhelm Becht, Personalleiter bei Meva und Moderator Martin Schanze (von links). Foto: Braun Foto: Schwarzwälder-Bote

Schulamtsleiter Traub: Werkrealschule ist ein Auslaufmodell / Kommunale Zusammenarbeit für Gemeinschaftsschule

Von Tillmann Braun

Haiterbach. Der Fortbestand der Werkrealschule ist mit dem Erreichen der 16 Schüler für die nächsten zwei Jahre gesichert, aber die Haiterbacher wollen eine langfristige Perspektive für Ihre Burgschule. Das war Thema eines Diskussionsforums mit Schulamtsleiter Volker Traub.

Ein gerade so Fortbestehen ist für alle Beteiligten unbefriedigend. Nicht zuletzt wünschen sich Eltern und Lehrer mehr Planungssicherheit, der Schulträger und Gemeinderat auch Sicherheit für Investitionen. Die Lösung ist die Zahl 40.

Auf Initiative von Andreas Hölzlberger, Bürgermeister und Schulträger, Sybille Rothe, der Rektorin und Tanja Balla, Vorsitzende des Elternbeirats kam Volker Traub, Leiter des staatlichen Schulamts nach Haiterbach in die Festhalle. In einer von Martin Schanze moderierten, knapp dreistündigen Podiumsdiskussion informierte Traub über die Schulpolitik, stellte sich geduldig den Fragen und zeigte Perspektiven auf.

In seiner Präsentation veranschaulichte Traub zunächst die bildungspolitischen Rahmensituation für Baden-Württemberg im Allgemeinen sowie für den Landkreis Calw und Haiterbach im Einzelnen.

Es war auch eine Zusammenfassung des aktuellen Bildungsberichts, der belegte, dass die Schülerzahlen seit Jahren um mehr als 30 Prozent rückläufig sind. Die Antwort der Politik sind weniger Schulen. Nur Schulen mit mindestens zwei Klassen pro Jahrgang, also zwei Zügen, sollen erhalten bleiben, denn im Prinzip würden schon heute nur je 400 Haupt- beziehungsweise Gemeinschaftsschulen, 400 Realschulen und 400 Gymnasien in Baden-Württemberg genügen, um jedem Schüler den gesetzlichen Anspruch auf jeden Bildungsabschluss in zumutbarer Entfernung zu ermöglichen.

Die Werksrealschule, wie sie die Burgschule betreibt, ist laut Traub ein Auslaufmodell in Baden-Württemberg. Der Schulentwicklungsplan und die Politik in Stuttgart stellen klare Weichen, so Richtung Gemeinschaftsschule, eine Schulform, die alle drei Bildungsabschlüsse ermöglicht. Da es noch nicht genügend Gemeinschaftschulen gibt, warb Volker Traub mehrfach für die Gemeinschaftsschule als Sekundarstufe in Haiterbach mit der besten Perspektive.

Die heutige Landesregierung fordert aber mindestens 40 potenzielle Schüler, um ein zweizügigen Schulbetrieb sicher zu stellen. Und vor der nächsten Landtagswahl werde auch niemand diese 40 in Frage stellen. Um die strikten Auflagen zur Gründung einer Gemeinschaftsschule zu erfüllen, führe wiederum kein Weg vorbei an einer kommunalen Zusammenarbeit, so Traub, denn kleine Kommunen wie Haiterbach werden es alleine nicht schaffen, eine Gemeinschaftsschule zu gründen.

Große Kommunenbinden Schülerströme

Daraufhin gab Bürgermeister Andreas Hölzlberger zu bedenken, dass die umliegenden großen Gemeinden, wie Altensteig, Nagold und Horb es Haiterbach nicht leicht machten, denn sie würden nutzen die Schülerströme ihres Einzugsgebietes selbst nutzen.

Ebenfalls auf dem Podium war Wilhelm Becht, Personalleiter bei Meva Schalungs-Systeme, einem der größten Unternehmen in der Region. Er schätzt die vorbildliche Kooperation mit der Burgschule, die für ihn und andere Unternehmen sehr wichtig sei. Ohne Bildungseinrichtungen vor Ort sei es für Unternehmen noch schwieriger, passende und qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Die Burgschule sei ein wesentlicher Bestandteil der Personalentwicklung. Ein Haiterbach ohne Sekundarstufe würde den Unternehmensstandort unmittelbar schwächen, so Bechts Warnung.

Ohne die Sekundarstufe der Burgschule verliere Haiterbach auch an Attraktivität für Familien, ergänzte die Elternbeiratsvorsitzende Tanja Balla. Aber nicht nur Haiterbach wäre Verlierer, sondern auch die Schüler, die in den kleinen Klassen optimale Lernbedingungen und eine hoch motivierte Lehrers verlören.

Hölzlberger betonte die besonderen Qualitäten des hiesigen Schulsystems, das nicht stur Inhalte vermittle, sondern im Gegensatz zu anderen Bildungssystemen den Schülern auch beibringe Dinge zu hinterfragen. Wenn man heute mit jedem Smartphone das Internet googlen könne, müsse man auch lernen, die richtige Frage zu stellen, um die passende Antwort zu bekommen. Wer nicht lerne zu hinterfragen, der werde nicht lernen, neue Wege zu suchen und damit Neues zu erfinden. Tüfteln, basteln und erfinden seien aber Teil der schwäbischen DNA und Fundament des Wohlstands. Der Bürgermeister forderte von der Landespolitik mehr Flexibilität für kleinere Schulstandorte. Die Burgschule in Haiterbach mit ihren optimalen Lernbedingungen und ihrer Fähigkeit, auf die Bedürfnisse jedes Schülers einzugehen, sei das beste Beispiel, dass man nicht mindestens zwei Klassen pro Jahrgang, sondern maximal zwei Klassen pro Jahrgang haben sollte.

Ob die zweizügige Schulpolitik im Landtagswahlkampf ein Thema wird, will Hölzlberger nicht abwarten. Größere Schulstandorte wie Calw, Nagold oder Altensteig, die über ausreichend Schüler und damit auch heute über alle Schulformen verfügen, könnten geduldig abwarten, welche Konsequenzen die aktuelle habe und welche neuen Ideen nach der Landtagswahl aus dem Kultusministerium kommen. Haiterbach könne sich das Aussitzen nicht leisten und müsse pro-aktiv nach Zukunftsperspektiven ihrer Burgschule suchen. Eine Schule mit hochengagierten Lehrern und bestem Ansehen bei Bürgern und Unternehmen rechtfertige jedes Engagement allemal, so das Fazit aller Teilnehmer.

Weitere Informationen: www.bildungsbericht.de