Ein Zeichen gegen Antisemitismus setzten (von links) Wolfgang Wangler, Udi Lehavi, Klaus-Peter Foszhag, Johanan Flusser, Marina Rentschler und Markus Neumann bei der Gedenkveranstaltung in Beihingen anlässlich des Internationalen Holocausttags. Foto: Sannert Foto: Schwarzwälder-Bote

Christen und Juden treffen sich anlässlich des Internationalen Holocausttags im Seniorenzentrum in Beihingen

Von Doris Sannert

Haiterbach-Beihingen. Der Antisemitismus nimmt wieder zu – und das nicht nur in Europa. Deutsche und Israelis, Christen und Juden riefen deshalb in Beihingen gemeinsam dazu auf: "Wehret den Anfängen!"Anlässlich des Internationalen Holocausttags am 27. Januar hatten die JMS-Gemeinde Altensteig, die Christen an der Seite Israels, die Vereine "Im Brennpunkt" und Keren Hayesod Deutschland-Vereinigte Israel Aktion, sowie die Zeugen der Zeitzeugen zu einer gemeinsamen Gedenkveranstaltung in die Kapelle des Seniorenzentrums Emmaus in Beihingen eingeladen.

"Was wir vom Holocaust lernen können" lautete das Thema des Abends, dessen Erlös an das "Heyanut-Achla"-Projekt der Organisation Keren Hayesod floss.

Wolfgang Wangler, der die Referenten und die vielen Gäste willkommen hieß, stellte die Frage nach dem Sinn eines Gedenktags und gab auch gleich die Antwort: "Damit wir uns daran erinnern was war!" Zwar könne man die Vergangenheit nicht mehr ändern, doch man könne aus ihr lernen. "Und wir müssen uns fragen, was können wir heute tun, wenn manche ihre Häupter wieder erheben", sagte Wangler in die Runde. Mit einem Filmbeitrag, der antisemitische Aktionen, Brandstiftung und Vandalismus in europäischen Ländern, in Südamerika und Asien zeigte, wurden seine Worte untermauert.

Udi Lehavi, Sohn einer Holocaust-Überlebenden, stellte den vor 90 Jahren gegründeten Verein Keren Hayesod Deutschland Vereinigte Israel Aktion vor. Von seiner Mutter habe er den Auftrag erhalten, sich für ein besseres Zusammenleben von Juden und Christen, von Deutschen und Israelis einzusetzen. Der Vortragsort sei gut gewählt, lobte der Repräsentant Süddeutschlands, da die meisten Holocaust-Überlebenden inzwischen in Seniorenheimen lebten. Ihnen müsse man es ermöglichen, den Lebensabend in Würde zu begehen. "Es ist unsere Aufgabe, diesen Menschen zur Seite zu stehen", sagte Udi Lehavi und fügte angesichts antisemitischer Vorfälle hinzu: "Jeder soll wissen, dass wir uns als Juden in Europa nicht überall sicher fühlen!"

Nach Gebet und Liedern, die Marianne Maier am Klavier begleitete, trat Gastredner Johanan Flusser, Sohn einer Holocaust-Überlebenden und des Religionswissenschaftlers David Flusser, ans Mikrofon. Seit vielen Jahren arbeitet er mit Holocaust-Überlebenden und weiß um ihre traumatischen Erlebnisse.

"Wo war der Mensch im Holocaust?"

Mit eindrucksvollen Worten erzählte er vom Schicksal seiner Mutter, die in Hamburg geboren wurde, die die Reichskristallnacht in Berlin miterlebte und ihren ersten Mann und weitere Verwandte in Auschwitz verlor. Von seinem Vater, der sich viel mit dem Leben Jesu befasst hatte, habe er Folgendes gelernt: "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst – das ist die Hauptsache". Denn für ihn stelle sich nicht die Frage "Wo war Gott im Holocaust?". Die Frage müsse vielmehr lauten: "Wo war der Mensch im Holocaust und wo ist er heute?"

Eine Antwort darauf lieferten Marina Rentschler und Markus Neumann, die das Projekt "Zeugen der Zeitzeugen" vorstellten, in dem junge Menschen Holocaust-Überlebende interviewen, deren ganz persönliche Geschichte aufzeichnen, um sie für nachfolgende Generationen festzuhalten und den Opfern damit Anerkennung und Wertschätzung entgegenzubringen. Mit den Beiträgen gehen die jungen Deutschen in Schulen und an Universitäten und stellen sie auch ins Netz. Sie wollen damit zudem einen Beitrag gegen den aufsteigenden Antisemitismus leisten, der ihr, so Marina Rentschler, immer wieder begegne. "Wir wollen lernen" bezog sie sich auf die Holocaust-Vergangenheit und rief alle jungen Menschen dazu auf, die Zukunft Deutschlands gemeinsam zu bauen und sich auf die Seite Israels zu stellen.