Myriam Grenzendorf und Simon Werner präsentieren in Unterschwandorf selbst hergestelltes Brot, Butter und Käse Fotos: Ließmann Foto: Schwarzwälder-Bote

Keltenfest in Nagold: Die Unterschwandorferin Myriam Grenzendorf braut Keltenbier, käst und buttert

Von Kirsten Ließmann

Haiterbach. Packung aufreißen, Pizza in den Ofen – und mampfen. Heutzutage muss Essen oft nur noch schnell gehen. Miriam Grenzendorf setzt ganz andere Prioritäten. Ihr hat es die handwerkliche Herstellung von Erzeugnissen angetan, die bereits die Kelten kannten. Auch auf dem Nagolder Keltenfest wird sie gemeinsam mit ihrer Sippe die alten Künste zeigen.

Es duftet herrlich und äußerst interessant, wenn man vor dem Haus Myriam Grenzendorfs steht. Betritt man ihre Terrasse, erblickt man einen prächtigen Kessel, in dem es tüchtig brodelt. Eine junge Frau kniet davor, rührt stetig im Sud um und misst zusätzlich dessen Temperatur.

In ihrem Keltengewand wirkt Grenzendorf wie eine Druidin. Und sicherlich würde manch hart gesottener Neuzeit-Kelte durchaus behaupten, es sei ein Zaubertrank, den sie da braut. Die Rede ist vom "cervisia", lateinisch für Bier. Wobei die Kelten einst Curmi dazu sagten.

Myriam Grenzendorf hat sich eingelesen in die Geschichte der Kelten. Sie steckt voller Ideenreichtum und wird nicht müde, sich mehr und mehr das Leben der Kelten anzueignen. Sei es, dass sie sich mit Kräutern befasst, die es damals schon gab, wie Gagel und Sumpfporst, oder ob sie Bier braut – und zwar in der ursprünglichsten Form, dem Grutbier, mit den Zutaten, wie sie einst die Kelten kannten. Hinzu kommen das Buttern, das Käsen, Kochen und Handwerken. Alles keltengerecht, versteht sich. Doch gibt die dynamische Keltenfachfrau ehrlich zu, dass ihr durchaus mal Dinge misslingen. Dabei bekommt man allerdings den Eindruck, dass sie etwas zu selbstkritisch ist. Denn Simon Werner, einer ihrer Mitstreiter, der ebenfalls zugegen ist, hat durchaus lobende Worte für so manchen Käse oder manches Gebräu, mit dem sie noch nicht so ganz zufrieden ist.

Während die schaffige Unterschwandorferin und Haupthandwerkerin der Gruppe "Brassicae" sich Zeit für das Interview nimmt, wird ihr Kompagnon kurzerhand zum Braumeister gekürt und rührt die Maische um. "Brassica" ist ebenfalls lateinisch und bedeutet: Kohl. Der Grund, warum sich Grenzendorfs Keltensippe so nennt, ist simpel: Das Maskottchen des Freundeskreises ist ein Kohlrabi. Jenes Gemüse war quasi Zeuge der Gründung von "Brassicae". Damals hatte man sich dank eines Theaterstücks auf der Burg Hohennagold näher kennengelernt und festgestellt, dass man gleiche Ideen verfolgte und Lust hätte, öfter an historischen Veranstaltungen teilzunehmen. Gesagt, getan. Seither kommen die Freunde der Keltenhistorie zusammen, um, je nach Zeit, die der Einzelne aufbringen kann, an geschichtlichen Veranstaltungen teilzunehmen.

Wobei sich "Brassicae" besonders gern zu Zusammenkünften aufmacht, die ganz speziell den Kelten gewidmet sind – wie hier in Nagold. Man muss kein Seher sein, um zu ahnen, dass Myriam Grenzendorf, die eigentlich studierte Informatikerin ist, viel herumkommt; zumal sie ein umfangreiches Wissen, scheinbar unbegrenzte Tatkraft und unzählige Talente zu bieten hat. Am heutigen Samstag beispielsweise kocht sie in Tübingen, auf dem Konzert von "Blackmore´s Night", Tajine in ihrem aus Lehm gebrannten Schmorgefäß, das aus der nordafrikanischen Küche bekannt ist. Bald wird man sie mit ihrer Schaukäserei im Europapark Rust bewundern können, und nebenher erklärt sie auf historischen Festivitäten, zusammen mit ihren gleich gesinnten Freunden, den Zuschauern die Geschichte der Kelten – jenes Völkerstamms, der zu seiner Zeit bereits Unglaubliches leistete. Das ist gelebte Geschichte. "Wir wollen zwar das Keltenleben nicht zu ernst oder gar verbissen ausleben, doch möchten wir schon das umsetzen, was machbar ist und somit unseren Zuschauern etwas mitgeben", erklärt die begeisterte Hobbyköchin, die eine vom Verbraucherschutz zugelassene Küche unterhält.

"Was mir daran besonders wichtig ist, ist die Zeit, die man sich zum Kochen nehmen muss, die Wertschätzung des gemeinsamen Essens und der Lebensmittel, die Historie an sich und die Freundschaften, die gepflegt werden. Man kann sich selbst besser machen", fügt Grenzendorf an. Und obgleich sie das Fach Geschichte zu Schulzeiten als furchtbar langweilig empfand, hat sie sich mittlerweile intensiv mit Geschichte befasst – den Kelten sei Dank. Bedenkt man, dass die Keltenexpertin vor nahezu zehn Jahren "einfach mal eben von einem Freund zu solch einem Fest mitgeschleift wurde", erscheint ihre Entwicklung beeindruckend. Als sie wenige Jahre darauf bei der VHS zusätzlich Kurse belegte, um das Bier brauen, Buttern und Käsen zu erlernen, gab es für sie kein Halten mehr.

Seither brütet Myriam Grenzendorf über immer neuen Herausforderungen. Am Nagolder Keltenwochenende wird ihre Gruppe am Krautbühl campieren, den Zuschauern das Bier brauen präsentieren, aber ebenso das Käsen und Buttern. Außerdem wird "Brassicae" unterschiedliche Handarbeiten wie Kammweben, Spindeln und Nadel binden – eine steinzeitliche Art des Strickens und Häkelns – vorführen. Freilich darf alles mal ausprobiert und gekostet werden; aber auch für Fragen ist die Gruppe offen. Wer sich für Myriam Grenzendorfs Wirken und ihren Bezug zu den Kelten interessiert, kann sich im Netz auf www.istkeinhexenwerk.de informieren.