Gerüchte und die "Wahlzeitung 2014" sorgen für Aufsehen

Von Thomas Kost

Haigerloch. Die vermeintlich ruhige See war wohl trügerisch. Zwei Tage vor dem Urnengang schlägt der Bürgermeisterwahlkampf in Haigerloch erneut hohe Wellen.

Auslöser dafür sind zwei Wahlkampfaktionen der Bürgermeisterkandidatin Kristin Koschani-Bongers (51). Am Donnerstag hat sie ein kleines Flugblatt verteilt, in dem sie Stellung nimmt zu "Anfeindungen und Diffamierungen", die zurzeit "über meine Person verbreitet werden". Diese würden "unter die Gürtellinie gehen" und nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Familie treffen.

Sie dementiert nicht nur, dass sie nicht rentenversichert sei, sondern widerspricht auch angeblichen Behauptungen, keine Steuern zu zahlen. Und die 51-Jährige Bewerberin lässt sogar in ihr Privatleben blicken. Nein, ihr heiles Familienleben sei nicht vorgetäuscht; sie und ihr Mann lebten nicht getrennt, sondern seien seit 28 Jahren glücklich verheiratet. Nein, sie habe auch kein Verhältnis mit einem "angesehenen Haigerlocher Bürger", was anscheinend kolportiert wird.

Wie vor acht Jahren

Das erinnert an den Bürgermeister-Wahlkampf vor acht Jahren: Auch damals schwirrten angebliche Gerüchte herum, gegen die sich Heinrich Götz im zweiten Wahlgang öffentlichkeitswirksam zur Wehr setzte. Auch nun scheint es ähnlich zu laufen, und der Amtsinhaber muss sich mit diversen Behauptungen herumschlagen. Diesmal bezieht er allerdings auf seiner Homepage unter der Rubrik "FAQ" zu kritischen Fragen Stellung.

Eine der hartnäckigsten Verdächtigungen, die ihm offenbar im Wahlkampf entgegenschlug: Er habe den Gemeinderat nur deshalb bauliche Vereinfachungen beschließen lassen, damit er auf einem Grundstück in Stettener "Baumäcker" leichter eine mehrgeschossige Miet-Immobilie bauen könne.

Einen Vorwurf, den Götz schon bei seinem Bürgergespräch im Stettener Fischerhaus vor rund 40 Leuten dementierte. Er habe den Bauplatz nicht gekauft, dies könne der Eigentümer bestätigen. Er unterscheide auch nicht zwischen Bürger erster, zweiter und dritter Klasse, sondern wolle über das Thema lieber "ohne Schaum vor dem Mund" reden".

Soweit zu Gerüchten und Dementi. Es gibt aber auch eine zweiten Schauplatz auf dem der Wahlkampf Fahrt aufnimmt. Und der heißt "Wahlzeitung 2014". Sie ist am Donnerstag im Stil einer Tageszeitung erschienen und an die Haushalte verteilt worden; mit Kristin Koschani-Bongers als verantwortlicher Herausgeberin im Impressum genannt. Das Blatt hat Aufsehen erregt.

Absicht der Zeitung, so steht es auf deren Titelseite, ist es: "Einen Rückblick auf die vergangenen acht Jahre und die wichtigsten Themen" zu geben, den "Stand der Dinge zu erfassen", "Gedanken und Pläne für die Zukunft zu entwickeln" und "Interesse an der Wahl zu wecken".

Wenn man sie aufmerksam durchliest, ist in vielen Artikeln eine kritische Bestandsaufnahme der Arbeit des Amtsinhabers zu erkennen. In Interviews kommen zum Beispiel der frühere Gymnasiumsleiter Helmut Opferkuch sowie auch der erst vor kurzem zurückgetretene Bürgermeisterstellvertreter Alexander Siedler zu Wort. Von beiden ist bekannt, dass sie zum Bürgermeister eher ein reserviertes Verhältnis hatten.

Auch der Owinger Bäckermeister Roland Eger darf sich äußern. Die nicht geglückte Umsiedlung seiner Backstube ins Haigerlocher Gewerbegebiet Madertal wird als Beispiel für die gescheiterte Gewerbeförderung des Bürgermeisters und der Stadtverwaltung herangezogen. Dazu werden diverse Gutachten aufgezählt und teilweise kommentiert sowie 19 Versprechen aus Götz’ Wahlprospekt aus dem Jahr 2006 zitiert. Nur bei einem habe er sein Ziel wirklich erreicht – bei der Ausstattung der Feuerwehr, so lautet das Fazit dieser Analyse.

Bürgermeister Heinrich Götz bezog gestern zu der Wahlzeitung Stellung: Für ihn bricht sie nicht nur mit sämtlichen Geboten des Anstandes und der politischen Fairness, die Veröffentlichung zwei Tage vor dem Wahltag mache es ihm auch unmöglich, sich "gegen diese unsachlichen Angriffe zu verteidigen".

Bürgermeister spricht von Unwahrheiten

Der Bürgermeister sieht auch eine Verletzung von Recht und Gesetz vorliegen. Weil in der Zeitung das Haigerlocher Stadtwappen samt den Wappen der Ortsteile verwendet werde, erwecke die Broschüre den Anschein, dass die Stadt Haigerloch deren Urheber sei. Die Wappen, argumentiert der Bürgermeister, seien aber als Hoheitszeichen geschützt. Deshalb beinhalte schon ihre Verwendung einen eklatanten Rechtsverstoß, der eine Wahlanfechtung begründen könne.

Zum Inhalt des Blattes möchte er sich nicht weiter äußern. Götz: ist sich aber sicher, dass die Bürger und Bürgerinnen "selbst in der Lage sind, diese Ansammlung von Unwahrheiten und Verdrehungen (...) zu bewerten."

Der Wahlkampf hat also auf der Zielgerade an Schärfe zugenommen. Gestern Abend trafen die drei Kandidaten Götz, Koschani-Bongers und Fink bei einer Podiumsdiskussion des Jugendbüros aufeinander. Die Atmosphäre zwischen Amtsinhaber und Mitbewerberin war merklich kühl.

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