Um Körperverletzung im Amt ging es gestern vor dem Balinger Amtsgericht. Das Verfahren wurde gegen eine Geldauflage eingestellt. Foto: Archiv

Verhandlung vor Amtsgericht Balingen: Pädagogin fasst Schüler am Arm und bekommt Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung.   

Balingen/Haigerloch - Eine Lehrerin bekommt einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung, weil sie einen Jungen am Arm gefasst hat. Dies akzeptiert sie nicht, und so wurde der Fall gestern vor der Amtsgericht Balingen verhandelt.

Die Lehrerin konnte letztendlich aufatmen: Das Verfahren wurde eingestellt.

Der "Tathergang": Während eines Fußballturniers für Grundschüler in einer Haigerlocher Sporthalle im April vergangenen Jahres kickt eine Gruppe von Kindern einer Albstädter Grundschule während einer Turnierpause unerlaubterweise auf dem angrenzenden Sportplatz. Eine Lehrerin weist die Gruppe zurecht und fasst dabei einen Jungen am Arm. Das Kind klagt daraufhin über Schmerzen. Die Mutter lässt am Abend den Arm ihres Sohns röntgen, eine Zerrung wird festgestellt. Die Mutter stellt daraufhin einen Strafantrag, der Lehrerin flattert kurz darauf ein Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt ins Haus.

Vor Gericht erklärte die beschuldigte Lehrerin, sie habe keinesfalls das Kind am Arm gezogen oder diesen verdreht. Von dem Albstädter Kollegen zur Rede gestellt, habe sie sich jedoch bei dem weinenden Jungen entschuldigt, um die Situation zu entzerren, und Eiskompressen zur Schmerzlinderung angeboten, was aber abgelehnt worden sei.

Noch am Abend habe sie die Albstädter Schulleiterin informiert und über sie auch versucht, Kontakt mit der Familie des Jungen aufzunehmen. Dies habe der Junge jedoch nicht gewollt. Daraufhin habe auch dessen Mutter ein Gespräch abgelehnt.

Wie stark hat nun die Lehrerin den Schüler tatsächlich am Arm gefasst? Um das herauszufinden, wurden auch Mitschüler des betroffenen Jungen vor Gericht befragt. Hier gab es jedoch etliche Abweichungen in den Aussagen, wo und wie es passiert sei. Einig waren sich die Kinder darin, dass die Lehrerin "sauer" gewesen sei, den Jungen am Arm gepackt und dieser daraufhin geweint habe.

Der Albstädter Lehrer sagte vor Gericht aus, er habe den Eindruck gehabt, der Schüler sei kurz nach dem Vorfall wieder "ok" gewesen. Er schilderte den Jungen als sensibles Kind, das sich einen Verweis sehr zu Herzen nehme. Diesen Eindruck bestätigte auch die Schulleiterin, die ebenfalls als Zeugin aussagte. Der Junge selbst sagte vor Gericht aus, die Lehrerin habe ihn richtig gepackt und es habe weh getan. Zwei Tage nach dem Vorfall sei es ihm wieder gut gegangen.

Die Staatsanwältin erklärte nach der mehr als dreistündigen Zeugenvernehmung sichtlich ungehalten, das Verfahren sei "viel zu sehr aufgebauscht" worden. Verhandelt werde hier eine fahrlässige Körperverletzung, etwas, "was jedem passieren könne". Was solle das, Kinder vor Gericht als Zeugen zu vernehmen? Die Sache hätte mit der Akzeptanz des Strafbefehls und Zahlung von Schmerzensgeld aus der Welt geschafft werden können.

Hier widersprach jedoch die Verteidigerin: Ein Strafbefehl zöge für eine Beamtin eine Dienstaufsichtsbeschwerde und ein Disziplinarverfahren nach sich, was Auswirkungen auf deren berufliche Laufbahn habe. Die Mutter des betroffenen Jungen habe im Vorfeld einen Täter-Opfer-Ausgleich abgelehnt, daher habe die Lehrerin ihre Chance in der Gerichtsverhandlung gesucht.

Nach erneuter Besprechung mit dem Jungen und seiner Mutter erreichte die Verteidigerin schließlich doch noch den angestrebten Täter-Opfer-Ausgleich. Das heißt, die Lehrerin zahlt dem Jungen 300 Euro und die gleiche Summe an einen Tierschutzverein. Dafür wird das Verfahren eingestellt.