Kleine weiße Schönheit: Der Gleitaar, der beim Seewäldle zwischen Haigerloch und Hart seine Runden zog, scheint weitergezogen zu sein. Einer der ihn aus großer Entfernung mittels Digiskopie dokumentiert hat, ist der Ofterdinger Ornithologe Nils Agster. Foto: Agster

Seit zwei Wochen nicht mehr gesehen. Ornithologische Sensation ist möglicherweise wieder weitergezogen.

Haigerloch - Noch im Mai war sein Erscheinen als ornithologische Sensation gefeiert worden. Doch jetzt ist der Gleitaar, der über den Wiesen nahe des Seewäldles unweit der Stettener Erddeponie "Grund" seine Runden am Himmel zog, offenbar wieder verschwunden.

Dies vermeldet zumindest das Naturschutzbüro Zollernalb auf seiner Homepage und in seinem wöchentlichen Newsletter. Demnach wurde der Vogel, der sich gut vier Wochen lang in dem Gebiet aufgehalten hat, am 17. Juni zum letzten Mal registriert.

Möglicherweise, so spekulieren die Naturschützer, herrschte für den Gleitaar (Elanus caeruleus) in den "Seewiesen" zu viel Betrieb. Derzeit sind immer wieder viele Personen für landwirtschaftliche Tätigkeiten in den Feldern unterwegs und sogar Spaziergänger mit Hunden liefen quer durch die Wiesen. Und dann setzte noch die Mahd der Grünlandflächen in unmittelbarer Nähe seines üblichen Ruheplatzes ein. Mag sein, so die Schlussfolgerung, dass es dem Vogel deshalb irgendwann zuviel wurde und er sich ein ruhigeres Plätzchen gesucht hat.

Der Aktionsraum des Vogels erstreckte sich dabei auf den Bereich zwischen der L 410 (Langer Zug) und den Kreisstraßen bei Hart – nach Schätzung von Herbert Fuchs vom NABU umfasste sein Flugrevier eine Fläche von knapp zwei Kilometern.

Als Erster entdeckt hatte den seltenen Vogel am 20. Mai übrigens Hans Hermann vom NABU Haigerloch als er eine seiner üblichen Runden drehte und bei dieser Gelegenheit durch die Seewiesen kam. Er dachte zunächst an einen weißen Turmfalken, verwarf diesen Gedanken bei der Beobachtung mit dem Fernglas aber wieder und schaute zu Hause lieber nochmal in einem Buch zur Bestimmung von Vögeln nach. Hans Hermann landete bei "Gleitaar", zweifelte jedoch an seiner eigenen Erkenntnis und stellte die Beschreibung des Vogels sicherheitshalber unter der Bezeichung "Unbekannter Greif" auf der Homepage ornitho.de ein.

Noch am Abend kam von mehreren Seiten die Bestätigung, dass es sich bei Hermanns Beobachtung nur um einen Gleitaar handeln könne. Eine kleine Sensation, denn der Vogel ist eigentlich in den afrikanischen Savannen, Steppen und Halbwüsten beheimatet und hat laut Naturschutzbüro wohl erst in den 1970er Jahren der Sprung übers Mittelmeer geschafft. Seither wagt er sich jedoch immer weiter nach Norden. In Südwestfrankreich brütet der Gleitaar seit 1990 erfolgreich, in Mitteleuropa gilt er aber eher als "seltener Irrgast".

Mit der Meldung über das Auftauchen des kleinen weißen Greifvogels bei Haigerloch wurde der Aar zum Star. Einige orthologisch interessierte Menschen kamen und wollten den Vogel sehen beziehungsweise fotografieren, darunter auch der Ornithologe Nils Agster aus Ofterdingen. Einige Bilder von dem Gleitaar sind auf der Homepage des Naturschutzbüros veröffentlicht.

Dass der Gleitaar nun wieder verschwunden ist, dürfte außer Hobby- und Profi-Ornithologen vermutlich auch noch jemand ganz anderes betrüben: nämlich die "Bürgerinitative Gegenwind Hohenzollern". Die Initiative, die gegen den Bau eines "Windkraftparks" mit etlichen Windrädern im Waldgebiet "Hohwacht" zwischen Stetten, Grosselfingen und Rangendingen eintritt, hatte sich über das Auftauchen des selten Vogels gefreut. Für sie hat der Gleitaar einen ähnlichen Stellenwert wie Rot- und Schwarzmilane. Das Vorkommen solcher Vogelarten kann die Planung von Gebieten für Windkraftanlagen erheblich beeinflussen und unter Umständen sogar zu Fall bringen.