Ein Tross aus Prozessbeteiligten zog gestern Nachmittag durchs Städtle um zu begutachten, ob die Oberstadtstraße ihrer Funktion als Verkehrsberuhigter Bereich gerecht wird. Vorne in der Mitte: Richter Markus Wirth vom Verwaltungsgericht Sigmaringen. Hinter ihm Hans-Martin Schluck und Eberhard Butter von der Stadtverwaltung. Ganz rechts: Adrian Schiefer vom Landratsamt. Foto: Kost Foto: Schwarzwälder-Bote

Verkehrsberuhigung Oberstadtstraße: Verwaltungsgericht fordern Behörde zum Handeln auf

Von Thomas Kost

Haigerloch. Landratsamt, du musst etwas unternehmen: Auf diese einfache Kurzformel lässt sich die Haltung der Verwaltungsrichter aus Sigmaringen zur umstrittenen Verkehrsberuhigten Zone in der Haigerlocher Oberstadtstraße bringen.

Die Dritte Kammer des Verwaltungsgerichtes teilte gestern bei seiner zweieinhalbstündigen Verhandlung im Bürgerhaus inklusive Begehung der Oberstadt- und Pfleghofstraße weitgehend die Argumente des klagenden Anwohners.

Dieser hatte im Juli 2013 gegen das Land Baden-Württemberg und auch die Stadt Haigerloch Klage erhoben, weil beide aus seiner Sicht nur unzureichend rechtliche und bauliche Maßnahmen so umgesetzt haben, dass der Verkehrsberuhigte Bereich in der Oberstadtstraße auch seinem Namen gerecht werden kann. In anderen Worten: sowohl Stadt als auch Landratsamt müssten aus Sicht des Klägers viel mehr dafür tun, dass auf der Oberstadtstraße Schrittgeschwindigkeit eingehalten wird und es nicht zu Gefahrensituationen oder auch Beeinträchtigungen durch Lärm kommt.

Nachdem sich alle Prozessbeteiligten ein Bild von der Situation gemacht hatten, legten die drei hauptamtlichen Verwaltungsrichter Dieter Eiche, Markus Funke und Brigitte Gulde und ihrer beiden ehrenamtlichen Kolleginnen ihre Sicht der Dinge dar.

Ja, die Klage des Anwohners sei gerechtfertigt, Gefahrenlagen dürften bestehen und das Landratsamt als zuständige Verkehrsbehörde müsse handeln. Zumal Anlieger schon in den 80er Jahren über den Durchgangsverkehr geklagt hätten, das Problem also nicht neu sei.

Aber, und das ist eine feine Nuance, die das Verwaltungsgericht einräumte: Das Landratsamt muss zwar auf die Situation reagieren, in welcher Form aber, dafür hat es einen Ermessensspielraum. Theoretisch könnte die Behörde also den Verkehrsberuhigten Bereich aufheben und in einen "Verkehrsberuhigten Geschäftsbereich" oder gar eine Tempo-20- oder Tempo-30-Zone umwandeln.

Das wird sie aber möglicherweise eher bleiben lassen, denn dadurch könnte Haigerloch in die Bredouille geraten: Bei einer Umwandlung des Verkehrsberuhigten Bereiches müsste die Stadt nämlich Schutzzonen für Fußgänger ausweisen. Und dafür fehlt im engen Städtle nicht nur der Platz, sondern auch das Geld.

Bis Oktober hat das Landratsamt Zeit bekommen, sich zu überlegen was sie mit der Oberstadtstraße macht, erst dann wird das Verwaltungsgericht eine förmliche Entscheidung treffen. Die Frist ist auch deshalb gewählt, damit in der Oberstadtstraße noch eine Lärmmessung – vermutlich eher eine Lärmberechnung – erfolgen kann. Denn in dieser Hinsicht fehlt nach Auffassung des Gerichts bislang jegliches "belastbare Material". Je nach "Geräuschlage" wäre als Maßnahme zum Beispiel ein Nachtfahrverbot denkbar.

Sowohl Kläger als auch Adrian Schiefer, Leiter des Verkehrsamtes beim Landratsamt zeigten sich gestern mit den Vorschlägen des Verwaltungsgerichtes einverstanden. Und auch der Vorsitzender Richter Dieter Eiche zog zufrieden ein Fazit: "Wir sind auf einem guten Weg, ein Problem zu lösen, das seit Langem besteht."