Das ist der Beschuldigte: Medien wie die Internetseite AL.com in der amerikanischen Stadt Auburn veröffentlichen das Polizeifoto des Haigerlochers Jochen W. (Verpixelung durch unsere Zeitung). Dem 29-Jährigen wird Brandstiftung und Schändung eines ehrwürdigen Orts vorgeworfen. Er bestreitet die Vorwürfe. Foto: Screenshot

Haigerlocher in USA zunächst wieder auf freiem Fuß. Heimflug vorerst geplatzt. Baum wird zur Pilgerstätte.

Haigerloch/Auburn - Der Haigerlocher Jochen W., der auf dem Campus in Auburn in den USA eine Eiche angezündet haben soll, ist wieder auf freiem Fuß. Allerdings musste er seinen Pass abgeben und darf die USA vorerst nicht verlassen. Trotz Videoaufnahmen und Zeugenaussagen bestreitet der 29-Jährige nach wie vor die Tat.

Eigentlich hätte W. bereits den Heimflug antreten und wieder zu seiner Frau und den zwei kleinen Kindern nach Haigerloch zurückkehren wollen. Daraus wird nun nichts. W.s nächster Termin vor dem Gericht ist eine Anhörung am 19. Oktober, dann folgt voraussichtlich am 2. November ein weiterer um 11 Uhr morgens in Auburn im US-Bundesstaat Alabama.

Firma unterstützt Familie in dieser "schwierigen Situation"

Der 29-jährige Haigerlocher wird bislang von der Anwältin Margaret Brown vertreten, die das Gericht zur Pflichtverteidigerin benannt hat. Gerichtsunterlagen belegen, dass offensichtlich ein Kollege von Jochen W., angestellt bei der gleichen Firma, die 4500 Dollar Kaution für ihn hinterlegt hat. Das Unternehmen, das unter anderem auch Niederlassungen in Unterschleißheim und Hechingen hat, produziert medizintechnische und pharmazeutische Produkte und soll den Beschuldigten laut Medienberichten vorläufig freigestellt haben.

Auf Anfrage unserer Zeitung betont eine Sprecherin der Firma: "Die Vorwürfe werden ihm als Privatperson zur Last gelegt." Da die Untersuchungen noch laufen, wollte sie keine weiteren Angaben machen, bestätigte aber, dass versucht wird, seine Familie hier in Deutschland in dieser schwierigen Situation zu unterstützen. Sein Arbeitsvisum für die USA dürfte nach dem Vorfall allerdings gefährdet sein.

Als der 29-Jährige aus Haigerloch von der Studentin Herron Taylor gestellt wurde, war er in einer Gruppe mit einigen anderen jungen Männern unterwegs, die alle Deutsch sprachen, wie die Studentin in einem Interview der US-Online-Plattform AL.com sagte. Taylor wird am Samstag während der ersten Pause im Footballspiel der Auburner Mannschaft im Stadion ausgezeichnet. Der Sportdirektor und der Trainer empfingen sie bereits, die Uni gab eigens eine Party für sie. In den Medien nennt man sie eine "Heldin", nachdem sie W. nach dessen mutmaßlicher Tat festgehalten hatte.

Derweil wird die verbrannte Eiche, die mit Toilettenpapier umwickelt war, das W. angezündet haben soll, zur Pilgerstätte des Campus. Studenten fertigen Schilder auf denen steht: "Es tut uns so leid", "Gute Besserung", "Wir lieben euch, ihr Bäume" oder "Ich spreche für die Bäume, denn sie haben keine Zunge". In einem Interview sagte eine der Studentinnen: "Es fühlt sich an, als sei ein Familienmitglied verletzt worden. Die Bäume und dass wir sie umwickeln, das ist einfach Teil unserer Tradition."

Experten schätzen den Schaden, der durch den Brand an dem noch jungen Baum verursacht wurde auf rund 15 000 Dollar. Ebenso sind die Plastikrohre des Bewässerungssystems verbrannt und müssen ersetzt werden. Die Eiche war mit allen ihren Nachbarbäumen erst vor rund einem Jahr wieder neu gepflanzt worden, nachdem Harvey Updyke sie sechs Jahre zuvor vergiftet hatte und dafür auch verurteilt worden war.

Hoffnung in Auburn: vielleicht erholt sich der Baum wieder

Weil die Studenten sich nach jedem Football-Spiel auf diesem Platz versammeln und die Eichen mit Toilettenpapier umwickeln, gelten sie als Denkmäler; die Tat, die der Haigerlocher W. begangen haben soll, als Denkmalschändung und damit als schweres Verbrechen.

Gary Keever, Gartenbauprofessor der Universität Auburn, will den jungen Baum trotzdem noch nicht ganz abschreiben. Es sei zwar praktisch kaum ein gesundes Blatt mehr an dem Baum, sie würden in den nächsten Wochen alle abfallen, und auch die Schäden an den Ästen und am Stamm seien deutlich zu erkennen. Aber der Professor hält es für möglich, dass der Baum sich bis zum nächsten Frühjahr wieder erholt. Die Baumkrone soll mit Hilfe eines Lifts in den nächsten Tagen genauer untersucht werden.

Derweil hat die Campus-Verwaltung die Studenten gebeten, bei dem Football-Spiel gegen Louisian-Monroe am Samstag davon abzusehen, die Eiche erneut einzuwickeln. Sie soll sich erholen.